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Zinsmanipulation - Die Deutsche Bank hat die Rekordstrafe verdient

Seit ihrem Amtsantritt 2012 predigen Anshu Jain und Jürgen Fitschen etwas von einem Kulturwandel bei der Deutschen Bank. Der muss nun endlich kommen, sonst sollten die beiden gehen. Das zeigt das Verhalten der Bank bei der Aufklärung des Libor-Skandals besonders drastisch

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Til Knipper leitet das Cicero-Ressort Kapital. Vorher arbeitete er als Finanzredakteur beim Handelsblatt.

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Das ist die Summe der Geldbuße, die die amerikanischen und die britischen Aufsichtsbehörden am Donnerstag gegen die Deutsche Bank verhängt haben wegen der Verwicklung der Bank in die Manipulationen des internationalen Zinssatzes Libor.

Noch mal: 2,5 Milliarden Dollar. Das ist ein Rekord. Noch nie wurde eine derart hohe Strafe gegen eine Bank verhängt. Nur zur Einordnung: Für diesen Betrag könnte man sich mehr als 23.500 neue S-Klassen von Mercedes Benz kaufen.

Die Öffentlichkeit verschaukelt


Dass die britische und die amerikanische Aufsichtsbehörde gegen die Bank eine Strafe für ihre Verwicklung in den Libor-Skandal verhängen würden, stand seit langem fest. Die Aufsichtsbehörden weltweit ermitteln in dem Fall seit fünf Jahren gegen mehrere Großbanken. Es geht um Manipulationen zwischen 2003 und 2011. In diesem Zeitraum war Anshu Jain, heute Co-Chef der Deutschen Bank, Chef des Investmentbankings – dem Bereich, in dem die Manipulationen stattfanden. Die EU-Kommission hatte bereits Ende 2013 ein Bußgeld von 1,5 Milliarden Euro gegen mehrere Institute festgesetzt, von dem allein 725 Millionen Euro auf die Deutsche Bank entfielen.

Der Libor ist der Zinssatz, zu dem sich die Banken untereinander Geld leihen. Er ist deswegen besonders wichtig, weil Finanzprodukte von mehreren Hundert Billionen Euro an ihn gekoppelt sind. Wer den Zinssatz im Voraus kennt oder selbst manipuliert, kann seine Handelsstrategie mit diesen Finanzprodukten entsprechend ausrichten. Er ließ sich besonders leicht manipulieren, weil er durch eine tägliche Umfrage bei nur 16 Großbanken ermittelt wurde, die dem britischen Bankenverband mitteilten, zu welchem Zins sie sich Geld von anderen Banken leihen konnten.

Während der Finanzkrise 2008 hatten die Banker ein zusätzliches Interesse, niedrigere Zinssätze zu melden, als sie tatsächlich zahlen mussten. Damit konnten sie der Öffentlichkeit vorgaukeln, dass das eigene Haus stabil und vertrauenswürdig ist.

Arbeit der Ermittler massiv behindert


Diese Manipulationen, an denen Mitarbeiter der Deutschen Bank über Jahre federführend beteiligt waren, sind für sich genommen schon skandalös genug. Bisher hat die Bank aber immer darauf verwiesen, dass die verantwortlichen Händler entlassen wurden, keine aktuellen oder ehemaligen Vorstände Kenntnis von den Vorgängen hatten, und die Bank alles getan habe, die Behörden bei der Aufklärung des Falls zu unterstützen. Zudem handele es sich um Vorgänge in der Vergangenheit, die längst abgestellt worden seien.

Diese Linie lässt sich spätestens seit gestern nicht mehr durchhalten. Die Aufseher haben die Höhe der Strafe nämlich damit begründet, dass die Bank auch nach dem Bekanntwerden des Skandals die Ermittler bei ihrer Arbeit massiv behindert hat. Es ist von der Vernichtung von Telefonaufzeichnungen die Rede. Immer wieder habe die Bank taktiert und verzögert oder die Ermittler bewusst falsch informiert. So habe es zwei Jahre gedauert, bis die Bank Tonbänder herausgegeben habe. Sie habe zudem behauptet, neue, wirksame Kontrollsysteme für das Libor-Team eingeführt zu haben – zu einem Zeitpunkt, als diese in der Bank noch gar nicht existierten.

Anshu Jain wegen Kirch-Streit erneut vor Gericht


Dass die Deutsche Bank auch während der Ermittlungen gegen sie noch auf Zeit gespielt hat, ist für das aktuelle Management des Geldhauses, namentlich für Anshu Jain und Jürgen Fitschen, der noch größere Skandal als die Manipulationen selbst. Es zeigt nämlich, dass einKulturwandel in der Bank nicht stattfindet. Gleichzeitig stellt sich die Frage, ob insbesondere Jain, der jahrelang für das Investmentbanking verantwortlich war, überhaupt in der Lage ist, diesen notwendigen Wandel der Werte überhaupt glaubwürdig voranzutreiben.

Da hilft es natürlich auch nicht, dass sich Fitschen ab Dienstag wegen versuchten Prozessbetrugs in dem uralten Streit zwischen der Kirch-Gruppe und der Bank in München vor Gericht verantworten muss.

Aufsichtsratschef Paul Achleitner muss schnell entscheiden, ob er die geplante strategische Neuausrichtung der Deutschen Bank tatsächlich noch mit dem Duo Fitschen und Jain umsetzen will und kann. Fitschen wäre bei einer Verurteilung ohnehin nicht mehr zu halten. Auf Jain wird Achleitner wohl nicht verzichten können, weil das Investmentbanking für die Deutsche Bank immer noch für einen Großteil der Gewinne sorgt. Achleitner muss aber auf jeden Fall darauf drängen, dass Fitschen und Jain nicht immer nur von neuen Werten reden, sondern diese endlich auch in der ganzen Bank umsetzen. Sonst wird der Aufsichtsratschef selbst unglaubwürdig.

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