Protest gegen die nun verabschiedete EEG-Novelle. / picture alliance

Veranstaltungsreihe Nachhaltig und gut? - „Die EEG-Novelle ist ein Desaster“

Bei der Nachhaltigkeits-Veranstaltungsreihe von Cicero und RWE wurde deutliche Kritik an der geplanten Reform der Ökoenergie geäußert. Unter den Gästen war auch Grünen-Politiker Jürgen Trittin, der erklärte, wer von der Energiewende profitiere

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Petra Sorge ist freie Journalistin in Berlin. Von 2011 bis 2016 war sie Redakteurin bei Cicero. Sie studierte Politikwissenschaft und Journalistik in Leipzig und Toulouse.

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Ex-Bundesumweltminister Jürgen Trittin hat Kurskorrekturen bei der Energiewende angemahnt. „Beim Ausbau der Windenergie muss es eine gleichmäßigere Auslastung an Land geben“, sagte er bei einer Nachhaltigkeits-Veranstaltung des Magazins Cicero und der RWE Stiftung.

Auf die Frage von Cicero-Chefredakteur Christoph Schwennicke, wie es ihm gehe, wenn er durch den Norden Deutschlands fahre und immer mehr Windräder sehe, antwortete Trittin: „Nördlich von Hannover kriegen Sie die Bürgerinitiative, wenn die Windkraft nicht kommt. Südlich von Hannover kriegen Sie sie, wenn sie eine Vorrangprüfung machen.“

Die Wirtschaft profitiert


Das Magazin Cicero befasst sich in seiner Juni-Ausgabe mit dem Aufstand gegen die Windkraft. Das war auch Thema beim Podium „Nachhaltigkeit und Energie“ auf dem EUREF-Campus in Berlin-Schönefeld.

Die Frage „Wer profitiert von der Energiewende?“, zugleich Titel der Veranstaltung, beantwortete Jürgen Trittin wie folgt: „Wir haben 151 Millionen Tonnen Treibhausgase eingespart. Wir sparen massiv Importe an Energie.“ Außerdem habe die Wirtschaft „gewaltig profitiert“. Während der Energiemarkt jahrelang von vier Unternehmen dominiert wurde, gebe es nun mehr Marktteilnehmer: Stadtwerke, Landwirte, einen breiteren Mittelstand.

Trittin räumte aber auch einen „Irrtum“ ein. 2001 plante die rot-grüne Bundesregierung mit 20 Prozent erneuerbarem Strom bis 2020. „Das haben wir 2012 erreicht. Dieses Jahr haben wir 33 Prozent. Da muss ich sagen: Ich habe mich geirrt.“

Eine Novelle auf Druck aus Brüssel


In dieser Woche hat sich die Bundesregierung mit den Länder-Ministerpräsidenten auf Druck aus Brüssel auf eine Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) geeinigt. Darin soll der Zubau der Erneuerbaren gedeckelt werden. Weil es bisher kein ausreichendes Übertragungsnetz gibt, um etwa Windstrom von der Küste nach Süddeutschland zu transportieren, sollen nur noch 60 Prozent der bisherigen Windkraftanlagen pro Jahr neu errichtet werden.

Zudem soll es nach dem Gesetzentwurf keine Flächenförderung der Erneuerbaren mehr geben, sondern Ausschreibungen. Ab 2019 sollen dann nur noch jene Investoren einen Zuschlag erhalten, die die geringsten Subventionen verlangen.

Die Energieökonomin Claudia Kemfert kritisierte das und bezeichnete die EEG-Novelle als „Desaster“. Ausschreibungen seien zu teuer, außerdem stelle sich die Frage, „was ist, wenn jemand den Zuschlag kriegt und dann nicht baut?“ Die Vertragsstrafen, die dann fällig würden, seien schon zu Beginn in die Ausschreibungen eingepreist.

Kemfert bedauerte, dass die Erneuerbaren Energien nun der „Sündenbock“ seien.

 

 

 

 

 

 

Echte Subventionsritter?


Christoph Schwennicke fragte, ob die Erneuerbaren aber nicht echte „Subventionsritter“ seien. Bislang bezahlen die Stromkunden über ihre Rechnungen rund 25 Milliarden Euro jährlich für die Ökostrom-Förderung. Der Strom kostet in Deutschland rund ein Drittel mehr als im EU-Durchschnitt.

Kemfert betonte, dass im Moment auch Kohlekraftwerke Subventionen erhielten. „Da sind viele, die hier rittern.“ Von den Erneuerbaren profitiere aber die deutsche Volkswirtschaft. „Wir haben Arbeitsplätze geschaffen und die Energieeffizienz gesteigert. Preise sind nicht alles.“

Eine Frage der Fairness


Der Potsdamer Soziologe und Nachhaltigkeitsforscher Ortwin Renn indes warnte vor einer Polarisierung in der Debatte: „Wir müssen den Verlierern der Energiewende solidarisch beistehen.“ Es sei eine Frage der Fairness, denjenigen zu helfen, die etwa unter den hohen Strompreisen leiden.

Allerdings werde es die Energiewende nicht umsonst geben. „Wir müssen durch gewisse Härten durch.“ Es werde sowohl Preissteigerungen geben als auch einen Streit um die Flächen. „Wenn wir aber den Eindruck vermitteln, die Energiewende ist die eierlegende Wollmilchsau, dann stehen mir die Haare zu Berge.“

 

Renn erklärte in einem Referat zu Beginn des Abends, dass es in der Energiewende vier große Szenarien gebe. Diese seien die Verbesserung der Technologie, die Digitalisierung, die „Shared Economy“, also das Teilen von Autos und anderen Besitztümern, sowie Suffizienz, also stärkerer individueller Verzicht. Renn zufolge werde keine dieser Strategien allein zum Erfolg führen, sondern nur „eine intelligente Mischung aller“.

Carsharing reicht nicht


Wichtig sei, „auch unser Anspruchsdenken zu reduzieren“. Denn eine Verbesserung von Technologien allein reiche nicht. Renn nannte ein Beispiel: Bei den Haushaltgeräten habe es zwischen 1980 und 2011 einen Effizienzgewinn von 38 Prozent gegeben. In derselben Zeit stieg der Stromverbrauch aller Haushalten trotzdem um 18 Prozent. „Ohne Suffizienz geht es nicht!“

Hildegard Müller, RWE-Vorstand für Erneuerbare Energien,  zeigte sich da vorsichtiger. „Wir Deutschen sind schnell bei Verboten.“ Beim 100. Katholikentag in Leipzig, bei dem sie auch auftrat, sei der Tenor gewesen, „dass die Welt ein besserer Ort wird, wenn wir Verzicht üben“. Das sehe sie nicht so. „In der Eifel wird es nur mit Carsharing nicht gehen.“

Ein Streitpunkt in der Debatte war auch das Thema Netzausbau. Bislang fehlt es an Übertragungsleitungen, um den Strom aus Windenergie an der Küste in die Industriezentren des Südens zu transportieren. RWE-Vorstand Hildegard Müller sagte, ihr Energiekonzern kämpfe inzwischen „bei jedem Meter Netzausbau um die Notwendigkeit“. Bei den Bürgern komme es sogar zum Konflikt zwischen Klima- und Umweltschützern. „Da passt nichts zusammen.“ Stattdessen brauche es mehr Effizienz und mehr Miteinander.

 

 

 

Zu viele Mythen


Claudia Kemfert, Abteilungsleiterin am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung Berlin, beklagte, beim Thema Netzausbau gebe es viele Mythen. Zu sagen, der Zubau an Leitungen sei das Wichtigste, sei „dasselbe wie zu sagen, wir müssen so viele Straßen bauen, bis wir keinen Stau mehr haben“. Wichtiger sei eine optimale Auslastung  der Netze. Sie sprach sich für dezentrale Lösungen aus.

Die Überkapazität an Strom aus konventionellen Kraftwerken wie Kohle führe zu einer „Netzverstopfung“, zu einem Preisverfall und sogar zu negativen Preisen, wie sie zunehmend an der Strombörse erzielt werden.

Dem widersprach Müller: Es brauche Kohle- und Gaskraftwerke, um die Grundlast zu sichern, „weil Wind und Sonne volatil sind“.

Jürgen Trittin hob auch hervor, dass in der Energiewende nicht alles logisch sei. Er sprach sich für eine Einführung von Obergrenzen für den schweren LKW-Verkehr auf den Straßen aus. Außerdem brauche es „ambitionierte Verbrauchsobergrenzen“ pro Fahrzeug. Trittin verstehe auch nicht, warum schwere SUV übers Dienstwagenprinzip subventioniert würden. Dies seien „alles Dinge, vor denen sich die Regierung drückt", sagte der Grüne.

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Johannes Igel | Sa., 18. Juni 2016 - 18:56

Frau Kemfert ist nur dadurch aufgefallen, dass sie sich mit fremden Federn schmückt. So wurde sie dabei erwischt, wie sie Artikel von Wikipedia gestohlen hat. Außerdem fällt bei ihr besonders, dass sie nie eine wissenschaftliche Arbeit über das Thema EEG veröffentlicht hat. Vielmehr wurde ihr mehr als einmal unseriöse Praktiken vorgeworfen.

Nicolas Wolf | Mi., 22. Juni 2016 - 12:38

Wir sparen 150Millionen Tonnen Treibhausgase ein, na toll, in Europa gibt dummerweise den Zertifikathandel für CO2 Emissionen, dann können andere Länder eben mehr emittieren, das betrifft dann aber denen ihr Klima, oder wie? Die Dominanz der 4 Energieversorger ist gebrochen und die Strompreise steigen, vielleicht gibt es da ja einen Zusammenhang, vielleicht nicht direkt aber die Vorfahrt für den teuren 'Ökostrom' kostet eben Geld und macht die großen Energieversorger kaputt. Und da ist Herr Trittins Einsicht sich geirrt zu haben natürlich besonders interessant, wie war das mit den Mehrkosten im Wert von einer Kugel Eis pro Monat durch die Energiewende? Was kostet denn die Kugel heute so 10€, 20€ mehr? Und wer hat dann noch mal profitiert, die Wirtschaft? Energieversorger kaputt, Strompreise sind hochgegangen und das Stromnetz muss auch noch mal überarbeitet werden, was ohne geeignet Speicher auch nicht reicht, da profitieren die noch, na das ist ja ein toller Trick.

Paul Reuter | Mi., 6. Juli 2016 - 09:48

bedeutet schlicht Armut.
Die Energiewende wird scheitern, aber vorher wird sie enormen wirtschaftlichen Schaden anrichten. Unfassbar dass es Menschen gibt die aus ideologischen Gründen einen solchen Unsinn unterstützen. Sollte das Primärziel der Politik nicht Wohlstandvermehrung sein? Fürs Seelenheil (gutes Gewissen / Spiritualität) gibt es andere Berufsgruppen.