Dieses Bild ist leider nicht mehr verfügbar
picture alliance

Thanksgiving und Black Friday - Wachstum durch fettige Feiertage

Was haben Truthahnbraten, Klempner und Wirtschaftswachstum sowie Thanksgiving, Weihnachten und Chanukka miteinander zu tun. Nichts, meinen Sie? Unser Kolumnist Til Knipper ist da ganz anderer Meinung.

Autoreninfo

Til Knipper leitet das Cicero-Ressort Kapital. Vorher arbeitete er als Finanzredakteur beim Handelsblatt.

So erreichen Sie Til Knipper:

Wachstum, Wachstum, Wachstum, das wollen ja zurzeit alle, wahrscheinlich sogar die SPD-Basis, nur der Papst hat es noch nicht begriffen. Und wie immer, wenn wir nicht wissen, woher das Wachstum kommen soll, schauen wir gen Westen, über den Atlantik, in die Vereinigten Staaten von Amerika.

Dort startete am Donnerstag mit Thanksgiving und dem traditionellen Truthahnessen die Holidayseason. Das fördert nicht nur den Absatz der Geflügel- und Spirituosenindustrie, nein der Einzelhandel insgesamt profitiert, weil an dem auf Thanksgiving folgenden Freitag die Konsumenten in Scharen in Läden, Kaufhäuser und Einkaufszentren drängen, da am sogenannten Black Friday die Geschäfte mit hohen Rabatten jedes Jahr wieder einen Konsumrausch auslösen. Das können auch nur die Amerikaner: Einen Tag, nachdem sie sich dankbar gezeigt haben (sollen), für das, was sie bereits besitzen, prügeln sie sich gegenseitig um die besten Sonderangebote.

Was ich bisher nicht wusste, ist, dass Thanksgiving und Black Friday auch für Amerikas Klempner die umsatzstärksten Tage des Jahres sind, wie die Washington Post berichtet. Bei den Klempner-Hotlines stehen die Telefone ab Donnerstagabend nicht still, um 50 Prozent steigen die Aufträge am verlängerten Feiertagswochenende, größere Betriebe verhängen Urlaubssperren. Schuld daran ist das fettige Truthahnmahl. An keinem anderen Tag des Jahres tropft in den USA so viel Fett in die Abflüsse wie an Thanksgiving. Das heiße Fett kühlt in den Wasserleitungen ab, wird fest und verstopft die Rohre, eine Art Herzinfarkt für die Leitungen. Die Klempner freuen sich, da sie hohe Feiertagszuschläge kassieren, die jeder ohne größeres Murren bezahlt, wenn die Familie zu Besuch ist, das Klo überläuft und die Spülmaschine nicht mehr läuft.

So bekommt der Ausdruck Trickle-Down-Ökonomie, womit wir wieder beim Papst wären, eine völlig neue Bedeutung, zumindest für die Klempner, auf die der Reichtum von oben herabtropft. Vielleicht wäre die Einführung von Thanksgiving in Deutschland somit auch eine vernünftige Alternative zur Einführung des Mindestlohns.

In den USA war es Abraham Lincoln, der im Jahr 1863 während des amerikanischen Bürgerkriegs festgelegt hat, dass das Erntedankfest ein nationaler Feiertag ist, der jedes Jahr am vierten Donnerstag im November gefeiert wird. „Es war mitten im Bürgerkrieg, in dem Bruder gegen Bruder, Schwester gegen Schwester und Cousin gegen Cousin 2. Grades kämpften, ein Krieg der Familien auseinanderriss, also eine Aufgabe, die Thanksgiving seit seiner Einführung bis heute zuverlässig erfüllt hat“, fügt Bob Mankoff, der Chef-Cartoonist des New Yorker, ein weiteres Argument für einen Export des wichtigsten amerikanischen Familienfestes des Jahres hinzu. Zögerliche Deutsche werden wahrscheinlich einwenden, dass hierzulande bereits das Weihnachtsfest ebenfalls in Zusammenhang mit viel Alkohol, viel Essen und viel Konsum dafür zuständig ist, den so genannten Familienfrieden zu gefährden. Sie vergessen aber, dass nicht mal Klempner zwischen den Jahren arbeiten wollen und auch Scheidungsanwälte oder Experten für Familienrecht im Allgemeinen gegen eine zusätzliche Konjunkturspritze nichts einzuwenden hätten. Eine solche, die, anders als die Maßnahmen im so genannten Koalitionsvertrag, auch nichts kostet.

Allerdings hat gerade Thanksgiving 2013 gezeigt, dass dieser eher christlich angehauchte Feiertag durchaus auch zur Verständigung zwischen den Menschen beitragen kann. Denn erstmals seit 1888 fielen Thanksgiving und der Beginn des jüdischen Lichterfests Chanukka auf denselben Tag. Zur Feier dieses extrem seltenen Ereignisses, das den schönen Namen Thanksgivukkah bekommen hat, soll eine New Yorker Bäckerei ihre Sufganiots, die traditionellen Chanukka-Krapfen mit Marmeladenfüllung, dieses Jahr auch in einer pikanten Truthahnvariante angeboten haben.

Warum diese beiden Feste erst in mehr 70000 Jahren wieder auf denselben Tag fallen, kann ich Ihnen nicht erklären. Ich kann Ihnen dagegen erklären, aus welchem Grund Chanukka gefeiert wird – aus demselben Grund, wie jeder andere jüdische Feiertag auch: „They tried to kill us, they failed, let’s eat!”

Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.