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Mexikanischer Entwickler von Flugrobotern - Der Drohnenbaron

Aus Langeweile entwickelte er einen Bausatz für fliegende Roboter. Heute widerlegt der Mexikaner Jordi Muñoz als größter Drohnenbauer der USA Klischees über Einwanderer 

Autoreninfo

Christine Mattauch ist freie Wirtschaftskorrespondentin. Sie lebt und arbeitet seit 2007 in New York.

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Es brauchte wenig, um aus Jordi Muñoz Bardales den Drohnenbaron von Amerika zu machen: eine Spielkonsole von Nintendo. Das GPS-System eines Handys. Einen Spielzeughelikopter. Und – Zeit.

Die hatte der Mexikaner, weil er auf seine Greencard wartete. Im kalifornischen Riverside nahe Los Angeles hatte er 2007 seine Jugendliebe geheiratet, eine Amerikanerin, die in der mexikanischen Grenzstadt Tijuana aufgewachsen war. 20 Jahre jung und zur Untätigkeit verdammt – kein Arbeitgeber durfte ihn einstellen, kein College ihn aufnehmen, bis das Dokument eintraf. Das dauerte Monate. „Mir war unglaublich langweilig“, erinnert er sich.

Andere junge Männer wären an den Strand gefahren oder hätten den ganzen Tag ferngesehen. Nicht so Muñoz. Der 1,85 Meter große Schlacks gehört zu den Typen, die mit Vorliebe schrauben, löten und programmieren. Ein Technik­enthusiast, der sich schon vor seinem Umzug nach San Diego an einer technischen Hochschule in Tijuana eingeschrieben hatte und wohl Ingenieur geworden wäre, wenn ihn die Liebe nicht über die Grenze gelockt hätte.

Keine Terroristentöter


So war es keine große Überraschung, dass er nach ein paar Wochen seinen Spielzeughelikopter in einen ferngesteuerten, fliegenden Roboter verwandelt hatte – eine Drohne eben. Der Beginn einer dieser atemberaubenden Unternehmerkarrieren, die Amerika immer noch schreibt: Der junge Mann, der als Kind Pilot werden wollte, baute die größte Drohnenfabrik der USA auf.

Es sind keine militärischen Drohnen, die Terroristen töten und manchmal auch Zivilisten, darauf weist Muñoz bei jeder Gelegenheit hin: „Verbannen Sie diese Bilder bitte aus Ihrem Kopf.“

Seine mit Kameras ausgestatteten Flugroboter – Spannbreite zwischen einem halben und einem Meter – sind Spaßobjekte, mit denen Väter aus der Ferne das Basketballspiel des Sohnes verfolgen. Oder Werkzeuge, die Feuerwehrleuten bei der Kontrolle von Waldbränden helfen und Winzer bequem die Reife der Trauben kontrollieren lassen. So weit zumindest die Theorie. Eigentlich ist der kommerzielle Einsatz von Drohnen in den USA derzeit verboten. Im nächsten Jahr, wenn der Kongress die Richtlinien überprüft, könnte sich das ändern.

schon jetzt sind nach Schätzungen von Fachleuten eine halbe Million Drohnen in den USA unterwegs, weil sich kaum jemand an das Verbot hält. Muñoz ist davon überzeugt, dass die Fluggeräte in wenigen Jahren so selbstverständlich zum Haushalt gehören werden wie heute Handy oder Laptop: „Jeder wird eine Drohne haben.“

Unproblematisch wird das nicht. Schließlich eröffnet die Technik auch Kriminellen ein ganzes Arsenal neuer Möglichkeiten, von Spionage bis zum ferngesteuerten Banküberfall. Ganz zu schweigen von Sicherheitsproblemen: Im vergangenen Jahr verfehlte eine Drohne in New York nur knapp einen Passanten. Ende Januar dieses Jahres sorgte ein ähnlicher Vorfall in Washington für Aufregung, als mitten in der Nacht eine Drohne über dem Rasen des Weißen Hauses abstürzte. Später stellte sich heraus, dass ausgerechnet ein Regierungsbeamter die Kontrolle über sein privates Fluggerät verloren hatte, als er leicht angetrunken eine Frau mit seinen Flugkünsten beeindrucken wollte.

Drohnen sind ein Wachstumsmarkt


Auch Muñoz sieht die Risiken – doch in den Augen des Technikfreaks sind sie beherrschbar: „Ich stelle mir eine Zukunft vor, in der es Nummernschilder für Drohnen gibt und eine Drohnenbehörde, und wer so ein Ding fliegen will, muss einen Führerschein haben und ihn jedes Jahr erneuern.“

Ob es je so weit kommt? Klar ist: Drohnen sind ein Wachstumsmarkt, und das ist gut für 3D Robotics. So heißt die Firma, die Muñoz 2009 zusammen mit Chris Anderson gegründet hat, einem Veteranen der Techszene, der sich vor allem als Chefredakteur des Magazins Wired einen Namen gemacht hat.

Anderson entdeckte im Internet ein Video, das der Mexikaner von seiner ersten selbst gebastelten Drohne gedreht hatte, und schickte ihm einen Scheck über 500 Dollar. Muñoz investierte das Startkapital in die Produktion von 40 Drohnen-Bausätzen, die er mit einem umgebauten Tischgrill lötete. Binnen eines Tages waren sie verkauft. Und so ging es weiter. Muñoz’ Kreationen wurden immer ausgereifter – dank des Internets. „Ich konnte mich über meine Arbeit mit Experten aus aller Welt austauschen, und es war vollkommen egal, dass ich so jung war, schlecht Englisch sprach und das College abgebrochen hatte“, sagt Muñoz.

Inzwischen hat 3D Robotics mehr als 200 Angestellte und will dieses Jahr 40 Millionen Dollar umsetzen. Produziert wird in San Diego und in Tijuana. Darauf ist der heute 28-Jährige stolz, denn auch in den USA fürchten viele, dass ihnen Einwanderer die Jobs wegnehmen. „Ich bin stolz darauf, sagen zu können: Ich bin Jordi aus Mexiko, und ich schaffe Arbeitsplätze in den USA.“

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