
- Sanktion ist Kapitulation
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Hartz-4-Sanktionen entbrennt politischer Streit um die richtigen Schlüsse. Die einen wollen Sanktionen ganz abschaffen, die anderen sehen sie als wichtiges Mittel. Beide Seiten liegen falsch. Denn wir können es uns nicht mehr leisten zu scheitern
Es mag ein wenig gedauert haben, bis gestern verstanden worden war, was das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe da zu den Sanktionen für Hartz-4-Bezieher geurteilt hatte. So twitterte die Kandidatin um den SPD-Vorsitz, Saskia Esken: „Heute macht das Urteil des #BVerfG nochmal deutlich, dass die Leistungen nicht sanktioniert werden dürfen!“ Es mag am schnellen Medium gelegen haben oder einem später auch eingeräumtem Missverständnis. Aber Fakt ist: Die Richter in Karlsruhe haben vor allem geurteilt: Der Gesetzgeber „kann erwerbsfähigen Bezieherinnen und Beziehern von Arbeitslosengeld II auch zumutbare Mitwirkungspflichten zur Überwindung der eigenen Bedürftigkeit auferlegen, und er darf die Verletzung solcher Pflichten sanktionieren, indem er vorübergehend staatliche Leistungen entzieht.“
Nur für einen sehr kleinen Teil der Betroffenen ändert sich also etwas. Jene knapp mehr als 10 Prozent der Bezieher dürfen künftig nicht mehr mit Kürzungen der Leistungen von mehr als 30 Prozent belegt werden. Dies erklärten die Richter „für mit dem Grundgesetz unvereinbar“. Auch müsse es den Betroffenen möglich sein, die Leistung nach einer Minderung wieder zu erhalten. Für den überwiegenden Teil der Bezieher von ALG II aber bleibt alles beim Alten. Insbesondere bei den unter 25-Jährigen, für die ohnehin ein noch strengeres Sanktionsregime gilt. Hierzu urteilten die Richter ausdrücklich nicht.