
- „Wir brauchen eine Beyond-China-Strategie“
Während der Coronakrise wächst die Angst vor feindlichen Übernahmen, insbesondere aus China. Muss sich Deutschland vor einem Ausverkauf seiner Firmen wappnen? Im „Cicero“-Interview spricht FDP-Politiker Johannes Vogel über die Probleme und Chancen der Globalisierung.
Johannes Vogel ist Mitglied des Deutschen Bundestags und stellvertretender Vorsitzender der Deutsch-Chinesischen Parlamentariergruppe. Seit 2007 ist er Mitglied des FDP-Bundesvorstandes und seit 2014 Generalsekretär der Freien Demokraten NRW.
Herr Vogel, die Aktienkurse vieler deutscher Großunternehmen sind im Keller. Daimler, BMW oder VW dürften derzeit infolge der Coronakrise extrem unterbewertet sein. Die Angst vor Übernahmen, insbesondere auch durch China, wächst. Sehen Sie diese Gefahr auch?
Es gibt in der aktuellen Situation in der Tat Menschen, die diese Sorge äußern. Wir sehen diesbezüglich aber keine deutlichen Aktivitäten. Wir haben in der vergangenen Zeit ja sogar eher einen Rückgang chinesischer Direktinvestitionen gesehen.
Weil hier staatlich inzwischen interveniert wird.
Nicht nur, aber auch. Nach Lage der Dinge ist es also bisher vor allem eine Sorge. Aber klar, wir müssen beobachten, ob aus diesem Geraune eine echte Gefahr für Schlüsselindustrien oder -kompetenzen erwächst. Ganz generell gilt: Im grundlegenden Systemwettbewerb, in dem wir uns mit China ganz unabhängig von der derzeitigen Krise befinden, sind permanente Aufmerksamkeit und Reflexion entscheidend. Aber auch China muss sich derzeit erst einmal wirtschaftlich erholen, immerhin kann auch so eine Epidemie wiederkommen. Ich bezweifle, dass die chinesische Regierung aktuell in erster Linie globale Übernahmepläne verfolgt.
Das heißt, wir müssen uns keine Sorgen machen?
Wir müssen jetzt erst einmal sehen, dass wir es bei der Corona-Pandemie mit einer globalen Menschheitsaufgabe zu tun haben. Deren Ausbruch wurde zu Beginn zwar von China auch zu vertuschen versucht, das dürfen wir nicht vergessen. Aber zunächst einmal müssen wir hier jetzt weltweit zusammenarbeiten, etwa bei der Suche nach einem Impfstoff. Generell sollten wir die mittlerweile bestehenden gesetzlichen Instrumente selbstbewusst nutzen, die es der Regierung erlauben, ausländische Übernahmen zu prüfen, wenn es um Beteiligungen von mehr als zehn Prozent geht. Zudem sollten wir prüfen, ob der neue EU-Überprüfungsrahmen von November vorgezogen werden sollte, denn es ist eine europäische Herausforderung, keine deutsche. Wir müssen wachsam sein, ohne in Panik zu verfallen.