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Dope-Rausch - Konjunkturmotor Marihuana

Seit Anfang Januar kann man in Colorado legal Cannabis kaufen, US-Präsident Barack Obama findet kiffen nicht gefährlicher als Alkohol und am Ende profitieren vielleicht sogar Steuerzahler und Investoren

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Til Knipper leitet das Cicero-Ressort Kapital. Vorher arbeitete er als Finanzredakteur beim Handelsblatt.

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Über die Legalisierung von weichen Drogen wird diskutiert, seitdem es sie gibt. Den Gegnern einer Freigabe scheinen aber langsam die Argumente auszugehen, wenn sogar der amerikanische Präsident sich inzwischen mehr oder weniger direkt dafür ausgesprochen hat. In 20 US-Bundesstaaten ist bereits der medizinische Gebrauch und der dazu gehörende Handel und Anbau erlaubt. Seit Anfang Januar können Colorados Kiffer ihr Haschisch oder ihr Gras auch ohne medizinische Indikation bei zugelassenen Händlern erwerben. Voraussichtlich noch in diesem Jahr will der Bundesstaat Washington nachziehen.

Aus ökonomischer Sicht ist es erfrischend, zu sehen, wie pragmatisch die Amerikaner mit diesem neu entstehenden Geschäftsfeld umgehen. Laut Medienberichten gibt es bereits Venture Capital-Firmen, die sich auf die Finanzierung von Unternehmen rund um das Produkt Marihuana spezialisieren: Nach einem Bericht der Financial Times will Privateer Holdings bis Ende des Jahres 50 Millionen Dollar bei Investoren eingesammelt haben. Brendan Kennedy, Gründer von Privateer Holdings und vorher als Analyst für Techcompanies aus dem Silicon Valley aktiv, vergleicht die Marihuana-Branche mit der frühen Entwicklungsphase von Social Media oder Elektroautos. Das Cannabis-Geschäft habe das Potenzial hochprofitabel zu werden und im Mainstream anzukommen, sagt er im schönsten Bankerjargon. Bisher hat er in einen kanadischen Anbauer für medizinisches Cannabis investiert, sich in eine Online-Rating-Plattform für Marihuana-Läden eingekauft und Geld in einen Warenhausvermieter in Washington State gesteckt, in dessen Hallen man in größerem Stil die Pflanzen anbauen kann.

In Colorado selbst hat sich neben zugelassenen Händlern bereits ein ganzes Heer von Dienstleistern versammelt. Makler bieten Bungalows unter dem Betreff „Need Room to Grow?“ an, Steuerberater bieten ihre Dienste bei Inventur und Buchhaltung an, spezialisierte Unternehmensberater helfen bei der Gründung der eigenen Verkaufsstelle, Testlabore wollen die Reinheit der Droge überprüfen, Sicherheitsfirmen die Plantagen bewachen, selbst alteingesessene Firmen in Denver, die schon den Goldgräbern Schürfpfannen und Schaufeln verkauft haben, wollen jetzt vom Dope-Rausch profitieren und haben dazu Verpackungsmaterial oder biologisch abbaubare Pflanzenbehälter in ihr Sortiment aufgenommen.

Auch volkswirtschaftlich könnte sich die Legalisierung zu einem guten Geschäft entwickeln. Nach einer Studie des Cato Institute würde eine landesweite Legalisierung knapp 9 Milliarden US-Dollar an Steuereinnahmen einbringen, wenn man die Abgaben vergleichbar zu Alkohol- und Tabaksteuern gestaltet. Weitere 9 Milliarden US-Dollar sparte der Staat dadurch, dass Strafverfolgung, Gerichtsverfahren und Gefängnisaufenthalte im Zusammenhang mit Verkauf, Konsum und Besitz der Droge entfielen.

In Colorado sind die Abgaben für Cannabishändler aber im Moment noch wesentlich höher als die Steuern für Zigaretten und Schnaps. Ein weiteres rechtliches Risiko besteht darin, dass die Legalisierung bisher nur auf Ebene der Bundesstaaten stattgefunden hat. Landesweit ist der Handel noch immer verboten, so dass die Bundespolizei FBI theoretisch in Colorado den Drogenhandel unterbinden könnte. Die hohen Abgaben und das juristische Restrisiko sorgen deswegen für höhere Preise bei den legalen Verkaufsstellen. Dies könnte die Kiffer zurück in die Arme der Dealer ihres Vertrauens treiben. Politisch ist es aber höchst unwahrscheinlich, dass die bisher praktizierte Tolerierungspolitik gestoppt wird, da sich inzwischen mehr als die Hälfte der Amerikaner in Umfragen für eine Freigabe von Marihuana aussprechen.

Wer auf ganz sichere Art und Weise als Anleger vom Cannabis-Boom der kommenden Jahre profitieren will, dem empfiehlt Matthew Yglesias, Kolumnist des Onlinemagazins Slate, die Aktien von Chips- und Softdrinkherstellern, Produkte die bei Kiffern nach dem Drogenkonsum besonders beliebt sind.

 

 

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