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() Jörg Asmussen
Die Wirtschaftsbosse

Sie stehen im Mittelpunkt und sind doch unsichtbar. Mit der Wirtschaftskrise sind sie zu den Schlüsselfiguren der Regierungspolitik geworden: Die Staatssekretäre Jörg Asmussen und Jens Weidmann. Wer sind die beiden wichtigsten Männer hinter Merkel und Steinbrück?

Wenn Angela Merkel und Peer Steinbrück vor die Kameras treten und neue Rettungs- und Konjunkturpakete verkünden, dann haben zwei Männer massiv vorgearbeitet. Der eine, Jörg Asmussen, ist Staatssekretär im Bundesfinanzministerium. Der andere, Jens Weidmann, leitet die wirtschaftspolitische Abteilung im Kanzleramt. Die beiden Volkswirte, die sich schon aus gemeinsamen Studientagen in Bonn kennen – hier war der heutige Bundesbankpräsident Axel Weber ihr Professor –, sind mit der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise zu Schlüsselfiguren des Regierungsbetriebes geworden. Zwei jungenhaft wirkende Typen, die jenseits aller fachlichen Qualifikationen eine Grundvoraussetzung zur Bewältigung der immensen Aufgabe mitbringen: Bei ihnen stimmt die Chemie. 14- bis 16-Stunden-Tage mit Krisensitzungen, nationalen und internationalen Abstimmungen, Ad-hoc-Hilfsmaßnahmen – die beiden wissen jeweils, wie der andere tickt. Da muss sich keiner lange mit Klimapflege aufhalten oder an die Befindlichkeit des anderen herantasten. Beiden ist eine gewisse Zurückhaltung eigen. Sie drängen nicht in die erste Reihe. Wer dort stehen wolle, müsse Politiker werden, meint Asmussen. Und Weidmann sieht seine Aufgabe in erster Linie darin, die Fakten so aufzuarbeiten, dass die Kanzlerin über eine Entscheidungsgrundlage verfügt. Welches Gewicht der Stimme der beiden zukommt, ist ohnehin klar, überflüssig also, das öffentlich zu dokumentieren. Doch bei allen Gemeinsamkeiten gibt es auch grundlegende Unterschiede. Asmussen, Jahrgang 1966, ist der Politischere von beiden. Er gehört der SPD an, während Weidmann, 1968 geboren, großen Wert auf seine parteipolitische Unabhängigkeit legt. Asmussen startete seine Laufbahn im Ministerium 1996 als Referent noch unter Minister Theo Waigel. Mit der Übernahme des Hauses durch Oskar Lafontaine wurde er persönlicher Referent des damaligen Staatssekretärs Flassbeck, Hans Eichel machte ihn zum Leiter des Ministerbüros. Mit 37 Jahren stieg der Vater zweier Töchter zum jüngsten politischen Beamten der Bundesregierung auf, als er die Abteilung für nationale und internationale Finanzmarktpolitik übernahm. Weidmann machte nicht im Zentrum der Politik Karriere. Er arbeitete beim Internationalen Währungsfonds, danach vier Jahre lang als Generalsekretär des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. 2003 schließlich wurde er Abteilungsleiter für Geldpolitik bei der Bundesbank. Von dort holte Merkel ihn – nicht zuletzt aufgrund der Empfehlung des über die Finanzwelt bestens informierten Bundespräsidenten – nach Berlin. Viele waren damals über die Entscheidung verwundert, weil Weidmann in der Welt der Politik nicht vernetzt war, ganz anders als sein Sparringspartner Asmussen, der beispielsweise den neuen US-Finanzminister Geithner bereits aus der Zeit kennt, als beide in ihren Häusern noch weitgehend unbekannt waren. Doch Kanzleramtsminister Thomas de Maizière kommentierte die Berufung Weidmanns seinerzeit, ein heller Kopf könne die Kompromissfindung eher lernen als ein politischer Taktierer das klare Denken. Die Sozialisation der beiden Ökonomen lässt sich allerdings nach wie vor nicht verleugnen. Parlamentarier aller Fraktionen wissen an Asmussen zu schätzen, dass er sie regelmäßig und unkompliziert über anstehende Entscheidungen informiert – eine Geste, die sie aus dem Kanzleramt bisweilen vermissen. Derweil gerät der Mann aus dem Finanzministerium auch immer wieder in die Kritik. Etwa durch seine Rolle im Aufsichtsrat der IKB, jener Mittelstandsbank, die sich auf dem US-Hypothekenmarkt besonders kräftig verspekulierte und Milliarden Euro von der staatseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau benötigte. Oder aktuell durch seinen Sitz im Postbank-Aufsichtsrat, der dem Vorstand millionenschwere Sonderboni gewährte. Obwohl es ihn ärgert, nimmt Asmussen Anwürfe demonstrativ gelassen: Es gehöre nun einmal zu seinem Job, als Prellbock zu dienen. In den eigenen Reihen wurde Asmussen zeitweilig argwöhnisch beäugt, weil er als liberaler Ökonom galt. Weidmann stand unter besonderer Beobachtung, ob er denn versuche, in der Politik die reine ökonomische Lehre umzusetzen. Während der Erste aufgrund der Rückendeckung von ganz oben unangreifbar wurde, lieferte der Zweite sein Gesellenstück ab, als Daimler im vergangenen Jahr seine Beteiligung am europäischen Rüstungskonzern EADS abgeben wollte. Aus der Politik kam damals die nachdrückliche Forderung, der Staat müsse Anteile kaufen, um eine Übermacht Frankreichs zu verhindern. Weidmann behagte das nicht. Doch statt auf das freie Spiel der Kräfte zu setzen, organisierte er kurzfristig, dass ein Bankenkonsortium einsprang. Beide sitzen auf dem „Schleudersitz“ der politischen Beamten. Beide stört das nicht. Die Kommilitonen von einst und Krisenmanager von heute wissen genau, dass sie in der freien Wirtschaft schnell eine lukrative Position finden könnten, falls sich die Machtverhältnisse nach der Bundestagswahl ändern. Ihr Können ist so geschätzt, wie ihre nationalen und internationalen Kontakte in die Politik begehrt sind.

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