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() Der Autor und Sozialforscher Meinhard Miegel

Meinhard Miegel im Interview - "Der Weiße wird verdrängt"

Wie dramatisch ist es, wenn die Bevölkerung schrumpft? An sich ist der zahlenmäßige Rückgang einer Bevölkerung kein Drama. Lebten in Deutschland statt der 83 Millionen nur 50 Millionen Menschen, wäre es noch immer so dicht besiedelt wie Frankreich oder Polen. Das Problem ist, dass wir auf eine solche Schrumpfung nicht eingestellt sind. Jahrhundertelang konnten wir uns darauf verlassen, dass die jeweils nachfolgende Generation breitere Schultern haben würde als die vorangegangene. Sie war nicht nur zahlreicher, sondern sie verfügte auch über einen größeren Wissens- und Kapitalstock. Da konnten Lasten, die in der Gegenwart als zu drückend empfunden wurden, getrost in die Zukunft verschoben werden. In schrumpfenden Gesellschaften kann sich die Gegenwart hingegen nicht mehr auf Kosten der Zukunft entlasten.

Die Politik hofft aber doch, die Bevölkerungsentwicklung beeinflussen zu können. Versuche, an den Geburtenzahlen etwas zu ändern, sind in vielen Ländern unternommen worden. Sie waren jedoch nur mäßig erfolgreich. Das bedeutet keine Absage an aktive Familienpolitik. Nur ist zu bedenken, dass schon jetzt die Zahl der Frauen, die Mütter werden könnten, in Deutschland klein geworden ist. Abgesehen davon gibt es keine Anhaltspunkte, dass die Menschen hierzulande zu einer bestandserhaltenden Geburtenrate zurückkehren wollen. Der Kinderwunsch nimmt weiter ab. Die Menschen wollen ganz einfach nicht mehr so viele Kinder wie früher.

Wieso? Früher war es selbstverständlich, Kinder zu haben. Sie gaben dem Leben Sinn. Heute gibt es neben der Elternschaft auch andere Lebensentwürfe, die für viele attraktiv sind. Das sollte hingenommen werden. Denn, wie gesagt, der damit einhergehende Rückgang der Bevölkerungen in Europa ist nicht das Problem, vorausgesetzt, er wird bewusst angenommen und gestaltet.

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