Katherina Reiche
Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) wollte mit dem Bau von Gaskraftwerken die Grundlastfähigkeit wiederherstellen - weil die nach der Abschaltung der Atomkraftwerke eben fehlt / picture alliance/dpa | Elisa Schu

Brüssel zeigt die „Gelbe Karte“ für weitere Subventionen für Gaskraftwerke - Klatsche für die deutsche Energiewende

Die schwarz-rote Koalition will die grüne Energiewende mit dem Bau von Gaskraftwerken retten. Doch die EU-Kommission hat dem nun einen Riegel vorgeschoben und erlaubt nur ein Drittel der geplanten Kapazitäten. Zeit zu erkennen, dass sich die Energiewende nicht retten lässt.

Autoreninfo

Ulrich Gräber hat als Maschinenbauingenieur und Betriebswirt seit 1974 in der Kernkraftbranche gearbeitet. Er war unteren anderem Technikvorstand der EnBW Kraftwerke AG und Deutschlandchef des französischen Nukleartechnikkonzerns Areva.

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Mit der Energiewende wurden alle energiewirtschaftlichen Grundlagen auf den Kopf gestellt. Man verabschiedete sich davon, dass Grund-, Mittel- und Spitzenlast durch verschiedene Arten von geeigneten Kraftwerken bedient werden. Erzeugungsanlagen, die abhängig von den Launen des Wetters Strom erzeugen, sollten jetzt sukzessive die Grundlastversorgung übernehmen. Dass dieses Experiment schiefgehen musste, sollte eigentlich jedem Energiewirtschaftler klar gewesen sein. Trotzdem gab es viele, insbesondere bei den Energieversorgungsunternehmen, die dem Primat der Politik in den Irrweg Energiewende folgten. Beiden, der Politik und den Energieversorgern, zeigte Brüssel nun die „Gelbe Karte“: Bis hierher und nicht weiter.

Was ist geschehen? Die Koalition bewegt sich nach wie vor auf Habecks Spuren und will die Energiewende mit dem Neubau von 20, manche sprechen sogar von 40, neuen Gaskraftwerken und einem „Kapazitätsmarkt“ heilen. Das Wort allein ist ein Widerspruch in sich. Ausreichende Kapazität war vor der Energiewende die Grundvoraussetzung, um überhaupt am Strommarkt teilnehmen zu können. Mit der Energiewende durfte nun aber jeder, solange er regenerativ Strom erzeugt, ins Netz einspeisen, und das noch mit Vorrang und zu festgeschrieben Erlösen. Das garantierte und garantiert bis heute das Erneuerbare Energiegesetz (EEG). 

Für die Stabilität der Versorgung mussten die „Regenerativen Einspeiser“ allerdings keinerlei Verantwortung übernehmen. Dafür müssen die Betreiber von zuverlässigen konventionellen oder noch bis 2023 nuklearen Kraftwerken sorgen. Da man erst die Kernkraftwerke stillgelegt hat und bis 2035 auch noch die Kohlekraftwerke abschalten will, stellt sich die Frage, wie das System, insbesondere bei Dunkelflauten, dann noch stabil gehalten werden kann. Der gleichzeitig geplante weitere Ausbau der Regenerativen Erzeugung kann keinen Beitrag zur Systemstabilität des Netzes leisten. Im Gegenteil, der Absturz in Dunkelflauten wird dadurch immer dramatischer.

Wer will schon Gaskraftwerke bauen, von denen niemand weiß, wann sie zum Einsatz kommen?

Geht man mit Schmerzen zum Arzt, gibt es zwei Möglichkeiten der Behandlung. Erstens, der Arzt verschreibt ein Schmerzmittel. Das lindert zwar die Schmerzen, beseitigt aber nicht die Ursache. Zweitens, der Arzt untersucht den Patienten gründlich, um die Ursachen der Schmerzen zu ermitteln, was dazu führen kann, dass der Patient seinen Lebensstil aktiv verändern sollte.

Die Protagonisten der Energiewende haben sich der Behandlung durch Schmerzmittel verschrieben. Das Schmerzmittel heißt „Gaskraftwerk“. Diese sollen nun zuverlässig Strom produzieren, wenn Sonne und Wind ihren Dienst versagen. Da niemand zuverlässig prognostizieren kann, wann und in welcher Kapazität deren Strom gebraucht wird, ergibt sich daraus kein Geschäftsmodell. Wer will schon Gaskraftwerke bauen, von denen niemand weiß, wann und wie oft diese zum Einsatz kommen und was man damit verdienen kann? Wie soll ein Gasvertrag für diese Kraftwerke aussehen? Welche Jahresmengen werden gefordert? Wie ist der minimale oder maximale Einsatz? Der Gaslieferant hat bei den Verhandlungen alle Asse in der Hand und wird am Ende einen teuren „Take or Pay“-Vertrag anbieten, was bedeutet, dass die Vorhaltung für ein ganzes Jahr zu bezahlen ist, unabhängig von der tatsächlichen Abnahme. Mit dem weiteren Ausbau der Regenerativen und neuen Gaskraftwerke steuert das Energiesystem Deutschland schnurstracks auf das DDR-Modell VEB Energie zu. Wohin das DDR Modell führte, ist bekannt.

Brüssel hat das dankenswerterweise erkannt und der Subventionierung des nächsten deutschen Milliardengrabes erstmal die „Gelbe Karte“ gezeigt. Statt den von der Bundesnetzagentur geforderten 36 Gigawatt Gaskraftwerken wurden aus „beihilferechtlichen Bedenken“ nur 12 Gigawatt genehmigt.

Es wäre an der Zeit, dass der Patient endlich mal daran geht, die Ursachen seiner Schmerzen zu verändern. Die Energiewende ist und bleibt ein Irrweg und ist die Ursache aller Schmerzen. Die Symptome sind hohe Energiepreise und eine zunehmend erodierende Systemstabilität.

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IngoFrank | Mi., 22. Oktober 2025 - 13:37

einen Rigel vorzuschieben…. sonst steht die AfD Ende 2026 bei 40% ….. das mit Recht, wer soll’s den noch bezahlen diesen grün rot eingerührten Irrsinn mit Merlels Unterstützung?
Jeder Vertrag kann gekündigt werden ! Zumal Deutschland N O C H ein Schwergewicht ist.
Mit besten Gruß a d Erfurter Pepublik

Hans Jürgen Wienroth | Mi., 22. Oktober 2025 - 14:10

„Trotzdem gab es viele, insbesondere bei den Energieversorgungsunternehmen, die dem Primat der Politik in den Irrweg Energiewende folgten.“ Hätten (grüne) Politik und Medien denn Kritik zugelassen? Wer zweifelte galt doch sofort als Klimaleugner und Gestriger. Nicht einmal die Frage nach der Klimaneutralität von Wind- und Solarfarmen durfte diskutiert werden. „Die Wissenschaft sagt …“ musste reichen. Da spielte nicht einmal der „Energieerhaltungssatz“ und die Physik eine Rolle, denn wer „regeneriert“ die gewandelte Energie?

Wer jetzt, nach der berichteten „gelben Karte“ der EU, glaubt, dass hinsichtlich der Stromerzeugung umgedacht wird, der irrt. Das Gesetz der „angebotsorientierten Stromversorgung“ wurde nach meinem Kenntnisstand bereits von der Ampel verabschiedet. Da die Sonne am wenigsten liefert, wenn wir am meisten benötigen, werden wir wohl fürs Klima frieren müssen. Dafür heizen die Solarparks im Sommer kräftig und sorgen besonders im Süden für neue Rekorde.

Ernst-Günther Konrad | Mi., 22. Oktober 2025 - 14:49

Habe soeben bei Nius mir das mal ganz plastisch nachvollziehbar und verständlich auch für Laien von Julius Böhm erklären lassen. Eine spanische Politikerin, die selbst für den größten Stromausfall im eigenen Land verantwortlich ist will uns verbieten, den größten Energiefehler dieses Landes wenigstens mit eigenen Steuermitteln etwas zu korrigieren? Herrlich. Bessere Schützenhilfe für die AFD geht nicht. Hatte Friedrich nicht erst kürzlich gesagt, er wolle mit UvdL und der EU-Bürokratie mal Tacheles reden? Staat 40 *nur* 24 Gaskraftwerke, die ohnehin nur auf Bedarf produzieren, wenn Sonne und Wind in Urlaub sind, aber dennoch entsprechend subventioniert werden müssen. Dann kann man den Rest vielleicht doch mit AKW's auffüllen. Jetzt hätte man doch einen Grund diese ganze Energiepolitik wieder vom Kopf auf die Füße zu stellen. Ach was träume ich denn. Nicht mit dem heimlich SPD-Star Friedrich Merz. Und was bedeutet das für uns? Weiter steigende Kosten und mehr Stimmen für die AFD.

Die SPD hat entschieden, keine KKW neu zu bauen, und die bestehenden zu schleifen, damit sie nie wieder in Betrieb gehen können. Merz ist vor Klingbeil auf die Knie gefallen und macht gute Miene zum bösen Spiel. Da hätten wir auch Habeck behalten können, das Land wird sterben, aber klimaneutral.

Brigitte Miller | Mi., 22. Oktober 2025 - 14:58

tönt besser als "erneuerbar", aber stimmt es auch?

Maria Arenz | Mi., 22. Oktober 2025 - 16:40

Mehr möche ich dazu eigentlich nicht mehr schreiben, weil da nur eine Anreihung von "....(die Red.)"stünde,wenn ich meinem Herzen Luft machen dürfte. All diese Einwände sind seit Verabschiedung des EEG bekannt. Wer sie vorbrachte, wurde entweder gecancelt oder als Klimaleugner, Staatsdelegitimierer, fossiles Brennstoffe-Fossil und was noch beschimpft. Nun haben wir den Salat und die Hauptverantwortlichen sind alle gut versorgt woanders untergekommen oder im Ruhestand. Jedem Verständigen war von Anfang an klar, daß die für den Betrieb eines Indutrielandes unverzichtbare Doppel-Kapa so unwirtschaftlich ist, daß wir sie uns nicht leisten können. Mit dem erst im letzten Jahr der Ampel aufkommenden Raunen von"angebotsorientierter Nachfragesteuerung" wurde auch den stumpferen Messern im Block dann klar, daß es den Haupttreibern beim EEG garnicht um die -unmögliche-Rettung des Weltlimas durch Deutschland geht, sondern um die gute alte Planwirtschaft. Trittin, KPDML & Co lassen grüßen.

Stefan | Mi., 22. Oktober 2025 - 17:04

"Wenn du merkst, dass du ein totes Pferd reitest, steig ab!" Es bedeutet, dass man eine aussichtslose oder gescheiterte Angelegenheit aufgeben sollte, anstatt weiterhin vergeblich Zeit und Energie zu investieren.

G. Fischer | Mi., 22. Oktober 2025 - 20:13

Ganz verstehe ich den Artikel nicht. Der Autor beschreibt die Unsicherheiten der Stromversorgung aus alternativen Energien, die wetterabhängig, aber nicht bedarfsgerecht Strom produzieren und einspeisen. Um eine Grundlast und Frequenzstabilität des Netzes abzusichern, braucht es aber herkömmliche Energieerzeuger, die z.B. bei Dunkelflauten die zwingend notwendige Strom- und Wärmebedarf bereit stellen. Die CO2-Emissionsfaktoren für Erdgas sind mit ca. 62 t/TJ deutlich geringer als bei sonstigen fossilen Brennstoffen, insofern emittiert ein Erdgaskraftwerk weniger CO2 als Kohle- oder Ölkraftwerke und hat auch nichts mit der DDR zu tun, die zu ca. 70% auf Braunkohle gesetzt hat. Wenn der Autor die EU-Entscheidung zur Reduzierung der Kapazitäten aus Erdgas begrüßt, was soll dann kommen? Atomkraft, die ja als grüne Energie gelabelt wurde?

Gabrielle Schachler-Bukies | Mi., 22. Oktober 2025 - 22:30

Wieso kann uns diese EU vorschreiben, wie viele und welche Kraftwerke wir in Deutschland bauen?!? Sind wir überhaupt noch ein souveräner Staat??

Achim Koester | Mi., 22. Oktober 2025 - 22:54

Man merkt die Absicht, und man ist verstimmt (Torquato Tasso).
Die sogenannte Energiewende war von Merkel als Vernichtungsschlag gegen die deutsche Industrie geplant, wurde von Habeck in ihrem Sinne perfektioniert, und wird jetzt von Merz unter Kanzler Klingbeil vollendet. Dass das politische Handeln gegen jede physikalische Gesetzmäßigkeit verstößt, ist mit Sicherheit allen klar, das macht das Ganze so verwerflic h.

Achim Koester | Do., 23. Oktober 2025 - 09:45

Kein Mensch, nicht einmal ein Politiker, kann so dumm sein, die Tatsache zu ignorieren, dass man ein Industrieland nicht mit volatilen Energieerzeugern versorgen kann, zumal hochkarätige Experten wie Prof. Dr. Werner Sinn und Prof. Fritz Vahrenholt eindringlich davor gewarnt haben, die grundlastfähigen Kraftwerke (Kern und Kohle) abzuschalten, ohne einen adäquaten Ersatz dafür zu haben.
Das lässt nur den einen Schluss zu, dass es sich bei Merkel, Habeck und Klingbeil um eine absichtliche Sabotage des Industriestandorts Deutschland gehandelt hat, wobei das vorgeschobene Klimaziel nicht als Ausrede dienen darf, denn KKW stoßen kein CO2 aus, und Reaktoren der 4. und 5. Generation, insbesondere der im Versuchsstadium befindliche Dual-Fluid Reaktor sind inhärent sicher.