
- Feuerwerkhersteller: „Unsere Branche muss als Sündenbock herhalten“
Politiker fordern ein Böllerverbot, weil sie die eigentlichen Ursachen der Probleme nicht angehen möchten, sagt der Chef des Feuerwerkherstellers Weco, Thomas Schreiber. Und er freut sich über gute Geschäfte: Die Deutschen hätten dieses Silvester mehr Knallkörper und Raketen gekauft als vor der Pandemie.
Thomas Schreiber ist geschäftsführender Gesellschafter des Feuerwerkherstellers Weco aus Eitorf in Nordrhein-Westfalen.
Herr Schreiber, für Ihr Unternehmen waren die Feuerwerkverkaufsverbote während der Corona-Pandemie existenzbedrohend. Kaum laufen die Geschäfte an Silvester wieder, diskutiert Deutschland nun über ein generelles Böllerverbot. Wie geht es Ihnen?
Als ich die Bilder aus der Silvesternacht gesehen habe, von den Ausschreitungen in Berlin und anderen Großstädten, war ich darauf vorbereitet, dass es zu einer solchen Diskussion kommen wird. Inzwischen bin ich etwas erleichtert. Denn es setzt sich immer mehr die Erkenntnis durch, dass das Problem nicht beim Feuerwerk liegt.
Haben Sie auf den Videos denn Ihre Produkte erkannt? Es wurden Silvesterraketen gezielt auf Polizisten und Feuerwehrleute abgefeuert, angezündete Böller auf sie geschmissen.
Welche Produkte das im Einzelnen waren, sieht man bei diesen Aufnahmen nicht. Da kam einiges zum Einsatz, auch illegales Feuerwerk aus dem Ausland. Da wir Marktführer sind und alle großen Einzelhändler in Deutschland beliefern, ist davon auszugehen, dass auch unsere Produkte mit dabei waren. Aber darum geht es doch nicht. Sehen Sie: Es wurden auch Molotowcocktails und Pflastersteine geworfen. Kommt deshalb irgendjemand auf die Idee, Pflastersteine oder Glasflaschen zu verbieten?
Wenn ein Produkt missbräuchlich verwendet wird, kann doch der Produzent nichts dafür. Jeder unserer Packungen liegt ein Zettel mit eindeutigen Sicherheitshinweisen und Warnungen bei, wie die Feuerwerkskörper zu verwenden sind. Wir können doch nicht dafür verantwortlich gemacht werden, dass sich ein sehr keiner Teil unserer Kundschaft nicht daran hält.
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Was ist dann Ihre Erklärung? Warum fordern manche Politiker das Böllerverbot?
Weil es so schön einfach ist. Unsere Branche dient als Bauernopfer. Das hat man schon bei Corona gesehen. Zweimal hintereinander, im Dezember 2020 und im Dezember 2021, hat die Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern kurzfristig ein Verkaufsverbot für Feuerwerkskörper beschlossen. Die Begründung, man wolle eine Überlastung der Intensivstationen verhindern, war an den Haaren herbeigezogen. Der Politik ging es einfach nur darum, ein Zeichen zu setzen. Sie wollte den Bürgern vermitteln: Wir tun was.
Wie sehr haben diese Verbote Ihr Unternehmen getroffen?

Es war ein schwerer Schlag. Wir machen 90 Prozent unseres Umsatzes in den drei Tagen vor dem Jahreswechsel, an denen Feuerwerk normalerweise verkauft werden darf. Als im ersten Corona-Jahr das Verbot beschlossen wurde, hatten wir alles fertig produziert und importiert, einen Großteil auch schon an den Einzelhandel ausgeliefert. Sämtliche Kosten waren also schon entstanden, aber die Einnahmen fielen dann aus.
Im Jahr darauf wiederholte sich das. Die Ware, die jetzt vor Silvester verkauft wurde, stammt aus 2020. Unsere Logistikmitarbeiter haben sie jetzt zum dritten Mal im Lager gepackt und versandfertig gemacht. Zum Glück hat es diesmal geklappt, dass wir sie verkaufen konnten.
Wie war denn der Umsatz im Vergleich zu der Zeit vor Corona?
Genaue Zahlen haben wir noch nicht. Aber er lag auf jeden Fall darüber. Man hat an diesem Silvester gemerkt, wie viel Lust die Leute am Feuerwerk haben. Es gab einen Nachhol- oder Trotzeffekt. Das haben uns auch einige Kunden geschrieben. Nach zwei Jahren Verkaufsverbot dachten sie sich: Jetzt erst recht.
Welchen wirtschaftlichen Schaden haben die Verkaufsverbote in Ihrem Unternehmen angerichtet?
Wir mussten Überbrückungskredite in Anspruch nehmen, um zahlungsfähig zu bleiben, und haben unsere Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt. Insgesamt beziffern wir den finanziellen Schaden auf etwa 30 Millionen Euro. Diese Summe fordern wir als Schadensersatz von der Bundesregierung. Unsere Klage läuft noch.
Über ein generelles Feuerwerksverbot wird immer wieder mal diskutiert. Mit wechselnden Begründungen.
Ja, das ist schon erstaunlich. Unsere Branche ist an drei Tagen im Jahr präsent, unsere Produkte werden an einem Tag verwendet. Aber wir sollen an nahezu allen Umweltproblemen und Naturkatastrophen Schuld sein: von Feinstaub bis Klimawandel oder dafür, dass Haustiere Asthma bekommen. Man will es sich einfach machen. Unsere Branche muss als Sündenbock herhalten, um die eigentlichen Ursachen der Probleme nicht angehen zu müssen.
Wobei Sie ja durchaus versuchen, die Umweltprobleme zu minimieren.
Selbstverständlich. Ein Ziel ist die Vermeidung von Kunststoffmüll. Alle Feuerwerkskörper, die wir selbst herstellen, sind zu 100 Prozent plastikfrei. Raketen hatten früher eine Spitze aus Kunststoff, dafür nutzen wir nun Pappe. Auch die Schutzhülse über der Zündschnur ist inzwischen aus Pappe. Und bei den Verpackungen stellen wir von PVC-Beuteln auf Kartons um. Wir beschäftigen uns mit diesen Themen und haben die vergangenen zwei Jahre nicht ungenutzt verstreichen lassen, sondern in die Weiterentwicklung unserer Produkte investiert.
Das Gespräch führte Daniel Gräber.