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() Hans-Werner Sinn
Alles hat seinen Preis

Wer sind die wichtigsten Ökonomen in Deutschland? Wer berät die Politik in wirtschaftlichen Fragen? Cicero stellt die Elite der Wirtschaftsdenker vor.

Lesen Sie auch: Nils aus dem Moore: Die Schwarzmaler Ein Publizist, ein Politikberater und ein Politiker führen das Cicero-Ranking 2008 im Bereich Ökonomie an. Aus diesen biografischen Nebenrollen heraus prägen Hans-Werner Sinn, Bert Rürup und Karl Lauterbach den öffentlichen Diskurs zur Wirtschaftspolitik. Die gemeinsame Basis ist eine schnelle Karriere in der Wissenschaft: Sinn wurde 1984 zum Professor für Nationalökonomie in München berufen und führt seit 1999 auch das Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung. Rürup arbeitete zunächst im Planungsstab des Bundeskanzleramtes, bevor er 1975 in Essen seinen ersten Lehrstuhl für Finanzwissenschaft übernahm. Mit 35 Jahren wurde der in Harvard promovierte Gesundheitsökonom Karl Lauterbach 1998 zum Institutsdirektor an der Universität Köln ernannt. Aber nicht akademische Verdienste haben das Trio an die Spitze des Rankings geführt, sondern deren erfolgreiche Nutzung als Legitimationsbasis für den Auftritt in der öffentlichen Debatte, die Beratung der Politik oder ihre aktive Mitgestaltung. Die größte publizistische Schlagkraft hat sich Hans-Werner Sinn erarbeitet. Seit seiner Kritik an den wirtschaftspolitischen Weichenstellungen der Wiedervereinigung in „Kaltstart“ (1991) prägt er den ökonomischen Diskurs in Interviews und Talkshows, durch Kolumnen und Bücher, zuletzt mit den Bestsellern „Ist Deutschland noch zu retten?“ (2003) und „Die Basar-Ökonomie“ (2005). Auch als Politikberater hat Sinn großen Einfluss – so reklamierte er einmal, dass die Hartz-Gesetze eigentlich Ifo-Gesetze heißen müssten. Bert Rürup hat seit 1992 in unzähligen Gremien seine Expertise eingebracht; seit März 2005 leitet er den Sachverständigenrat der Wirtschaftsweisen. Karl Lauterbach wagte sich vom akademischen Feldherrenhügel hinab in die Scharmützel der Parteipolitik: Seit 2005 kämpft er als SPD-Abgeordneter im Bundestag gegen die von ihm auch in seinem populären Sachbuch angeprangerte Entwicklung zum „Zweiklassenstaat“ (2006). Auch die Platzierungen hinter dem Spitzentrio erklären sich wesentlich durch die Verknüpfung der wissenschaftlichen Tätigkeit mit Politikberatung und publizistischen Aktivitäten. Ein zweiter Faktor kommt hinzu, die Kraft der Institution. Wer es als Volkswirt in einem Institut, einer Bank oder einem Beratungsgremium an die Spitze geschafft hat, der profitiert auch von den Ergebnissen seiner Kollegen. Denn im personalisierenden Medienbetrieb gilt oft das Prinzip „the winner takes it all“. Dieser Logik können sich nur jene Ökonomen entziehen, die wie Peter Bofinger (6), Heiner Flassbeck (18) und Rudolf Hickel (20) konsequent Positionen jenseits des Mainstreams vertreten. In ihrer Rolle als ökonomische Rebellen profitieren sie wiederum von der medialen Sehnsucht nach Konflikt und Konfrontation. Auf ihre wissenschaftliche Exzellenz konzentrierte Volkswirte bilden nur eine kleine Minderheit im Ranking: Reinhard Selten (13), der einzige deutsche Wirtschaftsnobelpreisträger, führt diese Gruppe an, zu der auch Bruno Frey (27) und Kai Konrad (30) zählen. In Forschungsrankings belegen Selten, Frey und Konrad hingegen Spitzenplätze. Auch für die Präsenz im öffentlichen Diskurs gilt offenbar ein Grundprinzip der Ökonomie: Alles hat seinen Preis – oder, wie es Milton Friedman immer wieder warnend formuliert hat: „There’s no such thing as a free lunch!“

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