
- Völker, stört die Signale!
Im Schatten der Corona-Pandemie schwelt ein weltweiter geopolitischer Konflikt um 5 G und chinesische Anbieter wie Huawei. Nicht weniger als unsere Sicherheit steht dabei auf dem Spiel, aber auch die wirtschaftliche Macht des Westens.
Japanische Radios waren ihr Anschlagsziel, als einige Kongressmitglieder sich am 1. Juli 1987 auf dem Capitol Hill in Washington, D. C. eingefunden hatten. Eiserne Vorschlaghammer hielten die Politiker in ihren Händen und schlugen auf einen neuen RT-6016, einen schicken Kassettenrekorder der Marke Toshiba, ein. Die Reste der zerschmetterten Elektronik kippten sie in eine bereitgestellte Mülltonne aus Metall.
Was war der Grund für die zur Schau gestellte Zerstörungswut auf Toshiba? Mitten im Kalten Krieg wollten viele US-Politiker den japanischen Technologiekonzern mit einem umfassenden Importstopp belegen. Toshiba hatte ab 1981 technische Komponenten an den Klassenfeind, die Sowjetunion, verkauft, darunter spezielle Propeller, welche die U-Boote der UdSSR leiser fahren ließen und somit für die Amerikaner schwerer aufspürbar machten. Auch das norwegische Unternehmen Kongsberg war damals in den sogenannten Toshiba-Kongsberg-Fall verwickelt.
Die geopolitischen Spannungen zwischen den Verbündeten waren so schwerwiegend, dass Japans damaliger Premierminister Yasuhiro Nakasone den Toshiba-Konzern öffentlich des Landesverrats bezichtigte und eilig bessere Exportkontrollen versprach. Der CEO von Toshiba, Sugiichiro Watari, und weitere Führungskräfte mussten zurücktreten. Das Image eines der damals weltweit führenden Speicherchip-Hersteller und Laptop-Anbieter litt empfindlich, besonders im Westen.
„Neuer Kalter Krieg“

schon lange skeptisch / dpa
Fotos aus diesen Tagen zeigen, dass unter den Radiozerstörern auf dem Capitol Hill auch David Keene war. Er war damals Vorsitzender der American Conservative Union, einer politischen US-Lobbyorganisation. Später wurde er Präsident der National Rifle Association (NRA). Heute schwingt Keene keinen Hammer mehr, sondern die Feder. Als regelmäßiger Kolumnist für die Washington Times, einer 1982 gegründeten konservativen Alternative zur Washington Post, warnte Keene zuletzt vor dem „neuen Kalten Krieg“ mit China und dessen drohender Dominanz als militärische und wirtschaftliche Supermacht. Seinem Sujet ist er treu geblieben: der Angst vor dem Klassenfeind.
Geschichte wiederholt sich nicht. Aber rund 40 Jahre später haben die USA mit China einen neuen erbitterten Systemgegner. Und wieder gehen sie auch gegen Technologiekonzerne vor und üben Druck auf ihre Verbündeten aus. Die Maßnahmen sind härter als ein Vorschlaghammer. Sie treffen chinesische Firmen wie ZTE und ganz besonders Huawei, den heute weltweit führenden Anbieter von Komponenten und Patenten des künftigen neuen Mobilfunkstandards 5 G. Und anders als in den achtziger Jahren sind die damit einhergehenden geopolitischen, sicherheitspolitischen und wirtschaftspolitischen Konflikte in einer durchglobalisierten Welt unübersichtlicher und heikler als je zuvor.
Mittendrin steckt Deutschland und mit ihm die bislang nicht einheitlich agierenden Staaten der Europäischen Union – gefangen zwischen ihrem strategischen Nato-Bündnispartner USA und dem unverzichtbaren Wirtschaftspartner China. Es geht heute nicht mehr um die Gefahren leiserer U-Boote. Es geht um mögliche unsichtbare Datenabflüsse, um digitale Technologie, deren Verfügbarkeit überlebenswichtig wird, die aber durch eine zu starke Abhängigkeit von China zugleich bedroht sein könnte. Es geht um Angst vor Spionage und Sabotage – und um nicht weniger als um die Vorherrschaft der westlichen Wirtschaft sowie um die Zukunft des westlichen Gesellschaftsmodells.
Trumps Sanktionen
Von diesem immer härter geführten politischen Kampf und den daraus entstehenden Schwierigkeiten will man sich bei Huawei zumindest vordergründig nichts anmerken lassen. Und dennoch: Als der Huawei-Gründer und amtierende CEO, Ren Zhengfei, Anfang Februar zum ersten Mal seit einem Jahr überhaupt wieder ein offizielles Pressegespräch zuließ, konnte man kaum überhören, wie hart der Konzern getroffen sein muss von den weitreichenden US-Sanktionen und -Restriktionen, die Donald Trump per Executive Order 2019 erlassen hatte und die bis heute andauern. Ren beantwortete Fragen von internationalen Journalisten im Rahmen der Eröffnung eines Innovationszentrums für Bergwerke in der chinesischen Stadt Taiyuan.