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() Chinas Regierung verbietet zahllose Internetseiten
Das Internet stirbt ohne Meinungsfreiheit

Einerseits macht das Internet Menschenrechtsverletzungen schnell bekannt, andererseits kann es deren Quelle sein. Menschenrechtsorganisationen versuchen daher, Missbrauch im Internet zu unterbinden und die Meinungsfreiheit zu verteidigen. Das dient auch dem Überleben des Netzes.

Die Globalisierung wäre ohne das Internet mit seinen Möglichkeiten zur günstigen Live-Kommunikation und zum weltweiten Datentransfer undenkbar. Deswegen hat im Oktober die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch mit der Podiumsdiskussion „Human Rights in a Globalized World“ an der Hertie School of Governance in Berlin ihr Augenmerk ganz dem Internet gewidmet. Susan Pointer, Public Policy-Direktorin bei Google und Arvind Ganesan, Direktor der Abteilung Unternehmen und Menschenrechte bei Human Rights Watch, nahmen an der Diskussion zum Schutz der Menschenrechte im Internet teil. Einig waren sie sich in der Einschätzung, dass das Internet sehr hilfreich dabei ist, Menschenrechtsverletzungen publik zu machen. Ganesan erinnerte daran, wie mühsam es noch in den 70er Jahren war, als Menschenrechtsreporter handgeschriebene Briefe über Grenzen schmuggeln mussten, um den Rest der Welt über geschehenes Unrecht informieren zu können. Das Internet macht es nun jedem möglich, seine Beobachtungen und Meinungen mit der Welt zu teilen. Die kubanische Bloggerin Yoani Sanchez zum Beispiel hat mit ihrem Bericht über ihr Leben unter dem Castro-Regime einen Einblick in die repressive Natur ihrer Regierung geben können. Obwohl ihre Website in Kuba gesperrt worden war, wo die meisten Menschen die hohen Kosten eines Internet-Zugangs ohnehin nicht bezahlen können, konnte sie dennoch dem Rest der Welt ihre Erfahrungen mitteilen, indem sie ihren Blog auf einem Server außerhalb Kubas anmeldete. Sanchez’ Blog ist damit ein Beispiel, wie das Internet selbst Gegenstand von Unrecht sein kann, das von repressiven Regierungen ausgeübt wird. Gerade weil das Internet ein „von Natur aus globales, offenes und dezentrales Medium ohne Wächter“ ist, wie Susan Pointer es ausdrückt, fürchten Regierungen, wie leicht sie dadurch öffentlich kritisiert werden können. So wie in den Printmedien setzen sie alles daran, auch das Internet zu zensieren. Einige Regierungen haben bereits versucht, negative Kommentare im Internet generell zu verbieten, sei es zu politischen oder zu unpolitischen Themen. In der Türkei war die Videoplattform YouTube die letzten zwei Jahre lang gesperrt, weil sich das Unternehmen weigerte, weltweit alle Videos zu sperren, die sich kritisch mit dem Staatsgründer Kemal Atatürk auseinandersetzen. Letzte Woche hob die Türkei die Sperrung auf, weil ein Drittanbieter die strittigen Videos entfernt hatte. Dennoch bleibt die Internet-Zensur in der Türkei eine der rigidesten der Welt. Andere Regierungen machen die Server-Betreiber für die Inhalte verantwortlich, die auf den Webseiten ihrer Nutzer platziert wurden. Das ermöglicht zwar einerseits eine leichtere Überwachung von Gewalt und Hasspredigten, aber eben andererseits eine stärkere Zensur der freien Meinungsäußerung. So können in Indien und Indonesien Server-Betreiber für Kommentare auf Facebook verantwortlich gemacht und strafrechtlich verfolgt werden. Neben der Zensur spielt auch der Schutz der Privatsphäre eine große Rolle bei dem Recht zur freien Meinungsäußerung im Internet. Anonymität ist eine Möglichkeit, von diesem Recht Gebrauch zu machen. Doch in China beispielsweise gibt es eine starke Initiative, die Internet-Nutzer dazu nötigt, ihre richtigen Namen anzugeben. Ob Autokratien oder Demokratien – die meisten Regierungen wären dafür, da sie so am leichtesten Informationen über ihre Bürger sammeln können. Da das Internet von der freien Kommunikation lebt, ist ihre Beschränkung eine Beschränkung des Internets selbst. Die Global Network Initiative (GNI), die sich aus Privatunternehmen, Menschenrechts-NGOs und Wissenschaftlern zusammensetzt, ist aus dieser Erkenntnis heraus ins Leben gerufen worden. Ihr Ziel ist es, „freie Meinungsäußerung und Datenschutz in den Informations- und Kommunikationsmedien zu bewahren und auszubauen“. Arvind Ganesan war einer der Gründer der GNI. „Da die technische Entwicklung so schnell voranschreitet, müssen sich Regeln und Restriktionen an dem Gebrauch der Technologie orientieren, nicht an der Technologie selbst. Regierungen, die sich dem Schutz der Meinungsfreiheit verschrieben haben, sollten ein freies Internet fordern und dafür diplomatischen Druck ausüben“, sagte er am Rande der Podiumsdiskussion. Ein anderer Weg, Widerstand gegen repressive Regime auszuüben, ist es, führende Internet-Unternehmen dazu zu bringen, sich aus solchen Ländern zurückzuziehen. Google China ist ein Beispiel dafür. Als im Auftrag der chinesischen Regierung letzten Winter einige Googlemail-Accounts chinesischer Menschenrechtsakitivisten gehackt wurden und Peking die Zensur der Google-Suchmaschinenergebnisse forderte, widersetzte sich Google dem und leitet seitdem seine chinesischen Nutzer zu seiner Suchmaschine in Hong Kong um. Die Bewahrung der Menschenrechte im Internet erfordert einen ständigen Kampf, gerade weil sich das Netz so schnell entwickelt. Ohne diese Anstrengungen könnte das Internet seine Position als führendes Medium für Meinungsäußerung und Kommunikation verlieren. Und dann wäre das Internet quasi tot.

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