
- Die Wehrhaftigkeit der Sprache
Die Schriftstellerin Antje Rávik Strubel wird für ihren Roman „Blaue Frau“ mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet. Die Verleihung bildet den Auftakt für die Frankfurter Buchmesse, die morgen eröffnet.
Wir befänden uns in einem „Krieg um Benennungen und Bezeichnungen“, sagte Antje Rávik Strubel in ihrer ambitionierten Dankesrede zur Verleihung des Deutschen Buchpreises. Was sie damit meint, wird unmissverständlich deutlich: den vor allem auf dem Schlachtfeld der sozialen Medien ausgetragenen Kampf um Gender und politische Korrektheit. Während die meisten daran Beteiligten sich in der Anonymität des Netzes wähnen, zeigt die 1974 in Potsdam geborene Autorin mit ihrer feministischen Position Gesicht und Haltung. Nicht nur in ihrer Rede, sondern gleichsam in dem prämierten Buch. Geschildert wird in dem Roman „Blaue Frau“ eine Vergewaltigung, die die Hauptfigur Adina verarbeiten muss.
Dass es bei dem mit unterschiedlichen Zeitebenen und wechselnden Erzählperspektiven konstruierten Text vor allem um das „Wie“ der Darstellung geht, war offenbar auch für die Jury von besonderem Interesse. Denn gegen das Prinzip der Verdrängung oder Relativierung des Übergriffs setzt Strubel die Suche nach einer adäquaten Sprache. Letztere bedeutet Ermächtigung, Ankämpfen gegen das Schweigen und die Wortlosigkeit des Opferseins. Das Buch geht in seiner politischen Ambition und differenzierten Ästhetik somit weit über eine bloße #metoo-Story hinaus und steht im Übrigen in einem lang gewachsenen Werkzusammenhang. Denn im akademischen Milieu einer Silvia Bovenschen sozialisiert, steht Strubels Schreiben seit ihren frühen Romanen wie „Offene Blende“ oder „Fremd Gehen. Ein Nachtstück“ im Zeichen einer inwendigen Auseinandersetzung mit dem Postfeminismus sowie den Trans- und Queer-Studies.