
- Bibliotheken sind Orte der Bildung, nicht der Zensur
Die Stadtbibliothek Münster markiert bestimmte Bücher als „umstritten“. Bibliotheken sollten aber nicht als Zensoren light auftreten. Und was heute „umstritten“ ist, kann morgen schon anerkanntes Wissen sein.
Voller Gottvertrauen ging die katholische Kirche lange Zeit davon aus, mit ihrem Index beziehungsweise dem „Verzeichnis der verbotenen Bücher“ den Buchmarkt bändigen zu können. Seit der Erfindung des modernen Buchdrucks hatte sich die Zahl der Publikationen rasant erhöht, weswegen immer mehr Werke auf dieser Liste der verbotenen Werke landeten. Am Ende jedoch musste die Kirche vor der schieren Masse an Neuerscheinungen kapitulieren und gab 1966 einen Kampf auf, den sie 1559 begonnen hatte. Zu den interessantesten Erfahrungen zählte in diesen knapp 400 Jahren, dass sich gerade die von der Zensur markierten Werke besonderer Beliebtheit erfreuten. In Österreich kursierte 1765 eine kirchliche Liste verbotener Bücher, die es den Bibliotheken und Buchhandlungen erleichtern sollte, diese Werke auszusortieren. Doch unter der Hand verwandelte sie sich selbst in eine Empfehlungsliste für besonders interessante Lektüre, was zur Folge hatte, dass diese Liste selbst am Ende auch auf dem Index landete.
Was verboten ist, wird genau dadurch interessant. Das war schon immer so. Was es auch schon immer gab, war der Versuch, Bücher in gute und schlechte zu teilen. Autoritäre und totalitäre Gesellschaften sehen ohnehin eine totale Kontrolle über den Buchmarkt vor, aber auch in freien Gesellschaften besteht immer die Gefahr einer Übergriffigkeit. Wo endet die hilfreiche Einordnung und wo beginnt die Bevormundung? Das ist ein schmaler Grat, wie ein aktueller Fall aus Münster zeigt.
Cicero Plus weiterlesen
-
Ohne Abo lesenMit tiun erhalten Sie uneingeschränkten Zugriff auf alle Cicero Plus Inhalte. Dabei zahlen Sie nur so lange Sie lesen – ganz ohne Abo.
-
Monatsabo0,00 €Das Abo kann jederzeit mit einer Frist von 7 Tagen zum Ende des Bezugzeitraums gekündigt werden. Der erste Monat ist gratis, danach 9,80€/Monat. Service und FAQsAlle Artikel und das E-Paper lesen
- 4 Wochen gratis
- danach 9,80 €
- E-Paper, App
- alle Plus-Inhalte
- mtl. kündbar
Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.
vielleicht kommen wir ja noch so weit, daß
"umstrittene" Bücher wieder einmal verbrannt
werden.
Nur eben andersherum.
Unter den Päpsten, Kaisern, Königen, Führern (natürlich auch unter den Arbeiterführern!) gab es doch schon immer "Giftschränke", an die ein gewöhnlicher Mensch nicht herangelassen wurde.
Nun, unter unserem grün-woken Himmel und unter der schwarz-roten Ampel versuchen auch unsere Bibliotheken, diese uralte Tradition wieder mit Leben zu erfüllen.
Das stärkt die Moral und Zusammenhalt, denn "Der Staat, das sind wir alle."
Ein Staat, eine Gesellschaft, ein Führer, eine Gesinnung - dann geht es voran!
(PS: Natürlich kein Verdachtsfall für den Verfassungsschutz !)
Da braucht es keinen Scheiterhaufen, keine dunklen Nächte, in denen ein Berg Bücher lichterloh brennt und braune Spießgesellen wie das Rumpelstilzchen drum herum tanzen. Es reicht doch in der heutigen Zeit völlig aus, wenn Dinge, wenn Bücher eben umstritten sind. Wer sie ausleiht ist gebrandmarkt, man führt ja Ausleihlisten. Überhaupt, wer geht denn heute im digitalen Zeitalter noch in die Bibliothek? Die wenigsten werden diese Zensur überhaupt wahrnehmen. Und das in der Regel kommunal geführte Bibliotheken von städtischen Mitarbeitern geführt Zensur betreiben muss auch dem letzten aufzeigen, wie weit die politische Einflussnahme inzwischen geht. Wenn man es sehen will.