Corona
Weggeworfene OP-Maske / picture alliance / Harald Dostal / picturedesk.com | Harald Dostal

Buchauszug „Angstpolitik“ - Eine Versöhnung der Post-Corona-Gesellschaft ist schwierig, aber möglich

Auch wenn viele in Politik und Medien gerade versuchen, dies zu verdrängen und schönzureden: Wir sind seit Corona eine tief gespaltene Gesellschaft. Das ist gefährlich für die Demokratie.

Volker Boehme-Neßler

Autoreninfo

Volker Boehme-Neßler ist Professor für Öffentliches Recht, Medien- und Telekommunikations- recht an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Davor war er Rechtsanwalt und Professor für Europarecht, öffentliches Wirtschaftsrecht und Medienrecht an der Hochschule für Wirtschaft und Technik (HTW) in Berlin.

So erreichen Sie Volker Boehme-Neßler:

Immer wieder wird – zu Recht – eine Verrohung der Gesellschaft diagnostiziert. Sie äußert sich in unterschiedlichen Formen. Ganz offen zeigt sie sich, wenn etwa Rettungskräfte oder Kommunalpolitiker angegriffen werden. Auch offene Bedrohungen von Journalisten oder Redaktionen ist ein Indiz dafür. Sie durchdringt die alltäglichen Beziehungen: Überall wird der Ton ruppiger und das Verhalten (latent) aggressiver. Das renommierte Rheingold-Institut hat in einer aktuellen Studie ermittelt: 89 Prozent aller Bürger in Deutschland machen die Erfahrung, dass die Aggressivität im Alltag zunimmt. Und nur eine kleine Minderheit glaubt, dass sich das in naher Zukunft bessert.

Corona und die Folgen

Die Ursachen sind vielfältig. Aber die Erfahrungen, Verletzungen, Traumata aus der Coronazeit spielen eine wichtige Rolle. Sie verursachen Verbitterung, emotionale Schäden und Vertrauensverluste in großen Teilen der Bevölkerung. Das wollen viele nicht wahrhaben. Das gängige Narrativ lautet: Die schwere Zeit ist vorbei. Deutschland ist gut durch die Pandemie gekommen. Jetzt müssen wir nach vorne schauen. 

Cicero Plus

Ohne Abo Lesen

Mit tiun erhalten Sie uneingeschränkten Zugriff auf alle Cicero Plus Inhalte. Dabei zahlen Sie nur so lange Sie lesen – ganz ohne Abo.

Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.

Hans Jürgen Wienroth | Fr., 17. Oktober 2025 - 19:34

Die Spaltung der Gesellschaft hat mit PEGIDA begonnen, als Protestierer als Alu-Hüte und Verschwörer von Politik und Medien verunglimpft wurden. Auch das nicht hinterfragbare Thema Klima spaltete die Gesellschaft weiter. Bei Corona verstärkte sich die Spaltung, auch indem Protestler nicht nur diffamiert, sondern auch Demos verhindert oder mit Wasserwerfern auseinandergetrieben wurden.

Zitat: „Wir haben deshalb … eine unfriedliche, aggressiv-ängstliche Gesellschaft, in der sich zahlreiche Menschen tief enttäuscht und verletzt von der Demokratie und dem Staat abwenden.“
Nein, die Menschen sind nicht von der Demokratie enttäuscht, sondern von der Art, wie Medien und Politik, primär unter Merkel, mit ihnen umgingen.

Das BVerfG. hat den historischen Fehler begangen, nach Veröffentlichung der RKI-Files und der Frage des Münsteraner Gerichtes das eigene Corona-Urteil nicht zu revidieren. Stattdessen wurde die Corona-Kanzlerin mit immer mehr Orden behangen. Das ist Missachtung des Souveräns!

Rainer Mrochen | Fr., 17. Oktober 2025 - 19:59

Herr Böhme Neßler, nur eines noch: Hören sie auf von populistischen Parteien zu sprechen wenn der Begriff weitdeutig ausgelegt werden kann. Populistisch sind demnach, im weiteren Sinne, alle, im Themenfeld Agierende. Es ist nämlich genau diese Begriffsverwendung des Populistischen, die ihren Text konterkariert. Das ist schade, denn sie liegen ja im Wesentlichen richtig. Gedankenpunkt...?!
Warum wird in Dtl. eine Aufarbeitung der Coronazeit so absolut hartnäckig verweigert, im übrigen auch im Hinblick auf Bussgelder? Es ist die alte Deutsche Leier des Obrigkeitsstaates und dessen Untertanen. Man mag sich zwar progressiv geben, dennoch verstehen sich die Regierenden in einem eigentümlichen Selbstverständnis, ohne jegliche Reue, alter Traditionen. Dieser Ungeist kulminiert in Russophobie, Kriegstüchtigkeit (Goebbels) und dem allgemeinen Wahnsinn die Bevölkerung zu indoktrinieren. Mit Verzeihen und Vergeben ist vorbei eine weitere Revolution ist angesagt, denn so geht es nicht weiter.

Dagmar Wehleit | Fr., 17. Oktober 2025 - 21:00

Als jemand, der die Maßnahmen offen in Form von Montagsspaziergängen kritisiert hat, der Bedenken gegen den neuen bedingt zugelassenen Impfstoff hatte und daher eine Impfung ablehnte, bin ich tatsächlich vielfach zusammen mit anderen Kritikern in einer Weise diffamiert und ausgegrenzt worden, die mich sehr geschmerzt hat. Ich bin bis dahin ein sog. unbescholtener, gesetzestreuer, steuerzahlender Bürger gewesen. Unseren Rechtsstaat habe ich geschätzt, zumal ich selber in der Rechtspflege tätig war. Seit der üblen Erfahrungen, die ich damals nun also machte, habe ich meinen Vertrauen in unseren Staat verloren. Die Ausführungen von Herr Boehme-Nessler sprechen mir aus der Seele. Tatsächlich würde ich persönlich sofort vergeben, wenn jemand ernsthaft um Verzeihung bitten würde. Nur ist es bisher nicht passiert. Leider.

Johannes Hoffmann | Fr., 17. Oktober 2025 - 22:29

Ein Opfer erwartet, daß es als Opfer gesehen und anerkannt wird, nur dann kann es aus dieser Rolle heraustreten. "Die Politik" in diesem Land will das nicht erkennen und sieht sich selbst als Opfer. Das funktioniert halt nicht.

Jens Böhme | Fr., 17. Oktober 2025 - 22:45

Die Coronazeit produzierte Einschränkungen von Grund- und Bürgerrechten. Sie entlockte öffentliche, grundgesetzwidrige Beleidigungen und Androhungen von Politikern und Personen des öffentlichen Lebens gegen Bürger, die ihr Recht auf Nichtimpfung (es gab keine allgemeine, gesetzliche Impfpflicht!) wahrnahmen. Der öffentliche Druck, impfen zu sollen - das ohne Gesetzesgrundlage - ist ein Paradigmenwechsel in der Verteidigung des Grundgesetz. Wen wundert es, dass sich mehr und mehr Bürger in einer Bananenrepublik fühlen und sich ebenso benehmen. Wenn Politik und Öffentlichkeit sich Dinge herausnehmen, die das System angreifen, wird das auch von anderen angewandt.

Hans-Hasso Stamer | Fr., 17. Oktober 2025 - 23:46

Nun, das ist nicht ganz richtig. Richtig wäre: "sich von dem abwenden, was uns als Demokratie verkauft wird".

"Unsere Demokratie" ist nämlich das Gegenteil von Demokratie. Sie ist Postdemokratie, und die ist eine nur schlecht kaschierte Diktatur. Es gilt dasselbe wie in der DDR: die sogenannten 150-%igen waren von der tiefen Überzeugung durchdrungen, dass die sozialistische Gesellschaft eine echte, wahre Demokratie war.

Eine Demokratie erkennt man aber darin, wie gut die Gewaltenteilung funktioniert. - gar nicht mehr. Bei uns ist vor 10 Jahren eine neue Generation an die Macht gekommen. Die war vollständig linksgrün. Und deswegen haben wir wieder die führende Rolle der Partei, äh, der linksgrünen Narrative. Entweder direkt unter SPDGrünLinks oder indirekt mit der am Gängelband geführten CDU.

Was das alles mit Corona zu tun hat? Die Lüge. Der Autor hat zu 100 % recht: Sie wollen sich aus der Verantwortung stehlen. Corona war Probelauf für die Diktatur. V erdeckt haben wir sie schon.

Konstantin Richter | Sa., 18. Oktober 2025 - 05:41

Wir sind seit Corona eine tief gespaltene Gesellschaft? Ich glaube nicht, daß es daran liegt. Für mich ist die Beerdigung des nationalen Gedankens (in Verbindung mit der Öffnung aller Grenzen) der Grund für die Fragmentierungen. Wen es kein "wir" mehr gibt, kann es nur noch ein "ich" geben. Wenn dazu noch eine Talfahrt im Ökonomischen (und der damit verketteten Finanz- und Bildungspolitik) kommt, ist die "Verrohung der Gesellschaft" programmiert. Auf der Titanic wurde am Ende sicherlich auch gerempelt. Corona hat vielen wohl erst klar gemacht, daß wir in Deutschland den Eisberg bereits gerammt haben.

IH | Sa., 18. Oktober 2025 - 11:28

Nein, Aufarbeitung wird es nicht geben. Die Widerstandskräfte sind zu mächtig und werden es zu verhindern wissen. Die Bevölkerung wird stattdessen wieder in Angst versetzt, man debattiert im ÖRR über den Spannungsfall und Kriegswirtschaft und die Bevölkerung wird still und richtet sich ein. So funktioniert das in diesem Land.