Chaostheorie
Illustration der Chaostheorie mit Parteifarben / Illustration: bek/ChatGPT

Systemfragen - Chaostheorie in der Demokratie

Eine stabile und einfache Parteienlandschaft war gestern, instabile und komplexe politische Verhältnisse mit drohenden Pattsituationen und ausgeprägten Rändern sind der neue Normalzustand. Wie bleiben wir trotzdem demokratisch und handlungsfähig?

Autoreninfo

Nils Tarnow ist selbstständiger Unternehmensberater und wohnt in São Paulo, Brasilien. Zuvor arbeitete er über 20 Jahre in international renommierten Unternehmensberatungen in Deutschland, Japan, den USA und Brasilien.

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Im Jahre 1887 schrieb der schwedische König Oscar II. einen Wettbewerb zur Lösung des in mathematischen Kreisen bekannten Dreikörperproblems aus. Das mag anzüglich klingen, in jenen Zeiten erst recht. Viele haben schon mit ihrem eigenen Körper ein Problem. Die Vorstellung von zwei interagierenden Körpern mag manchem sogar die Schamröte ins Gesicht treiben. Aber kein Grund zum Schämen hier, es geht um ein mathematisches Problem. 

Die Rede ist von Punktmassen, die sich ihrer gegenseitigen Anziehungskraft ausgesetzt auf konischen Bahnen bewegen. Erst Newtons „Principia Mathematica“ lieferte im Jahr 1687 mit den Gesetzen der Bewegung und der Gravitation das nötige mathematische Handwerkszeug. Er selbst löste das Zweikörperproblem und beschrieb auf elegante Weise, wie sich zwei Massen in ellipsenförmigen Bahnen stabil um den gemeinsamen Schwerpunkt bewegen. Als er aber einen dritten Körper hinzufügte, musste sogar Newton passen. 

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Johannes | Di., 10. Juni 2025 - 08:34

war auch nur auf dem Chaos aufgebaut, das unsere Grundlage ist. Ob es die Deutschen schaffen miteinander einen Grundkonsens aufzubauen, bleibt eine Große Frage solange Netzer, Böhmermann und Konsorten jenseits von jeglichen Grundwerten, gesellschaftliches Chaos zu schaffen. ZUallererst brauchen wir einen Grundkonsens, der m.E. nicht grob sondern von Innen heraus entstehen könnte. Dazu bräuchte es auf höherer Ebene zunächst einmal der Abschaffung der 5% Klausel und einer "Graswurzelauseinandersettzung" von uns selbst.

Hans Jürgen Wienroth | Di., 10. Juni 2025 - 08:54

Funktionieren unsere „demokratischen Sicherungssysteme“ wirklich noch? Schade, dass dieser Artikel mit vielen Wahrheiten so einseitig ist.

Zitat: „Der bisherige Grundkonsens über Werte, kulturelle Identität, Marktwirtschaft, NATO, EU, Euro, ja der gesamte Gesellschaftsvertrag …. steht für die nicht mehr vernachlässigbaren Ränder zur Disposition.“ War es nicht „die ehem. Mitte“, die Konsens und gesellschaftl. Konventionen durch „Liberalisierung“ aufkündigte? Kohl mit der €-Einführung, Merkel mit €-Rettung und Grenzöffnung, die grünen (Kommunisten?) mit dem „Marsch durch die Institutionen“ und alles gg. den bekannten Volkswillen. Schröder war mit asymmetrischer Wähler-Demobilisierung Vorbild für Merkel, die ihre CDU weit nach links aus dem Konservativen heraus führte.

„Die Verankerung neuer Regeln zur Besetzung des BVerfG. im Grundgesetz Ende 2024 war eine wichtige Maßnahme in diese Richtung.“ Nein, diese „LEX-AfD“ macht die CDU vom „linken Block“ abhängig, verhindert konserv. Richter.

naumanna | Di., 10. Juni 2025 - 09:09

Nichts ist wirklich vorhersehbar, nicht mal das Wetter. "Der Flügelschlag eines Schmetterlings in Brasilien kann einen Wirbelsturm in Textas auslösen". Nach der Ordnung kommt das Chaos. Kriege wurden oft durch Banalitäten ausgelöst. In der Politik driften wir zur Zeit wirklich auch in eine Periode des Chaotischen - mit unabsehbaren Folgen. Was war hier der "Schmetterling" - was wird der "Wirbelsturm" sein? In der Natur gibt es Vulkanausbrüche und Erdbeben, Tsunamis usw. die alles Bestehende in ihrem Umfeld vernichten - aber es entsteht später anderes Lebenswertes. Wahrscheinlich kann niemand eine Ordnung auf ewig aufrechterhalten - von Zeit zu Zeit schlägt das Chaos zu.

Karl-Heinz Weiß | Di., 10. Juni 2025 - 09:25

Astronomie und Politik - ein sehr lesenswerter Beitrag. Und wer hat vor zehn Jahren die chaosorientierte Politik in Deutschland eingeleitet ? Eine Quantenphysikerin. Wie sagte der bekannteste Vertreter dieser Fachrichtung, Niels Bohr: " Wer über die Erkenntnisse der Quantentheorie nicht entsetzt ist, hat sie nicht verstanden".

Gerhard Hellriegel | Di., 10. Juni 2025 - 10:37

Sein Ziel sind stabile Mehrheiten, stabile Verhältnisse. Die kann er haben: CDU plus AfD, die große Koalition. Frau Weidel hat die Hand schon ausgestreckt, nur Herr Merz ziert sich.
Da müssen wohl beide noch Überzeugungsarbeit leisten.

Das Problem: "stabil" wird durch die Aufzählung von Parteien definiert.
Das ist nicht die Idee des Grundgesetzes.
"Die Parteien wirken an der politischen Willensbildung mit". Das ist ihre ganze Funktion.
Die Abgeordneten? "... sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen." Von Parteienstabilität keine Rede.

Parteienstabilität zu fordern macht Abgeordnete zu Stimmvieh. Dann sollte man sich auch nicht wundern, wenn sie sich so verhalten.
700 Leute beschäftigen sich den ganzen Tag über mit Politik.
Das Ergebnis? Sonntagsgesetze im Bund wie in der EU, Entwicklungen verschlafen, leeres Geschwätz, Werbeveranstaltungen.
Sie sollen einfach ihren Job machen.

Brigitte Miller | Di., 10. Juni 2025 - 10:50

von Monika Gruber und Henryk M.Broder gehört, einfacher als diese komplizierte Betrachtung von Nils Tarnow:
Henryk M.Broder:
"Leute, ihr müsst euch über Ursula von der Leyen aufregen.
Uschi von der Leyen legt die Fundamente für eine neue Europaweite Diktatur".

Monika Gruber:
"Die beiden Weiber, die den Menschen in Europa die grössten Daumenschrauben anlegen werden, sind Ursula von der Leyen und Christine Lagarde."

Helfen tun da sicher auch die unzähligen Meldestellen in DE.

Markus Michaelis | Di., 10. Juni 2025 - 12:36

Ich denke nicht, dass die Ursache des Chaos die AfD ist, die ist mehr Symptom. Wahrscheinlich ist die Ursache selber schon chaotisch. Es gibt kein Naturgesetz, dass alles so einfach sein muss, dass wir es mit unserem bewussten Verstand in wenige Worte, Gesetze, Maximen gießen können.

Ich denke, dass funktionierende Gesellschaften immer stark auf Dingen beruhen, für die man sich unter vielen Möglichkeiten entschieden hat und dann Arbeit darein investiert, oder die ohne bewusste Entscheidungen als Gemeinsamkeit entstanden sind.

Ich glaube nicht, dass Gesellschaften auf einem klaren Satz an universellen Werten beruhen (zB Gerechtigkeit, Demokratie, Menschenreche, Gleichheit oder so).

Mit den Veränderungen von innen und außen sind viele (westliche) Gesellschaften derzeit überfordert. Alte Gewissheiten funktionieren nicht mehr, neue Gemeinsamkeiten sind noch nicht da. Daher im Moment etwas mehr "Naturzustand" = Chaos, bis wieder irgendwelche (lokalen) Gemeinsamkeiten sich durchsetzen.

Ernst-Günther Konrad | Di., 10. Juni 2025 - 13:07

...auch Kräfte aus der demokratischen Mitte können der Versuchung erliegen, öffentliche und staatliche Institutionen selbst mit vermeintlich guten Absichten nach ihren ideologischen Vorstellungen und politischen Interessen auszurichten...
Diese vermeintliche Mitte hat sich deutlich nach links verschoben und gerade die links-grünen ideologisch verbrämten Fanatiker, haben unter und mit Hilfe Merkels, über Jahrzehnte hinweg ein korrumpiertes und staatliche Institutionen unterwandertes antidemokratisches System errichtet. Die Justiz ist nahezu gleichgeschaltet, Behörden sind in politisch links-grüner Obhut/Leitung, der ÖRR wurde zum Staatsorgan, die Bürger wurden mit Corona und anderen Lügen gespalten und gegeneinander aufgehetzt. Die Liste der Verfehlungen der angeblichen Demokratiebewahrer, die in Wirklichkeit den Staat umstürzen wollen und eine DDR 2.0 anstreben, sie ließe sich beliebig fortführen. Und überall nur noch Gegner. Trump, Putin, AFD, Kritiker der Regierung, alles Feinde.

Hans Meiser | Di., 10. Juni 2025 - 14:44

ist für eine Vergleich geeignet.

Ich sehe das postulierte Chaos nicht - alles bewegt sich in absolut voraussehbaren Bahnen und etwaige Abweichungen überraschen nicht.
Nur jener, welcher Ursachen und Auswirkungen nicht miteinander in Bezug setzten möchte (kann?) flüchtet in derart geistige Verrenkungen.

Attraktoren? Heisenberg? Auch hier gilt: nur weil es gelehrig klingt ist es noch lange nicht klug. Und in diesem speziellen Fall leider auch noch unzutreffend.

"[...] Ausdruck einer lebendigen Gesellschaft, die sich nicht scheut, sich selbst infrage zu stellen."
... und mit diesem Satz wird das dargestellte Unverständnis der aktuellen politischen Situation geradezu grotesk.