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Debatten-Deutschland entdeckt den „Klassismus“ für sich / Eva Z. Genthe

Sachbuch im Mai - Und die nächste Opfergruppe

Nach dem Rassismus kommt jetzt der „Klassismus“. Er beschreibt die Diskriminierung gegenüber Einkommensschwachen. 14 Autoren schreiben in einem Sammelband dagegen an – mit mäßigem Erfolg.

Autoreninfo

Jens Nordalm leitete bis August 2020 die Ressorts Salon und Literaturen bei Cicero.

So erreichen Sie Jens Nordalm:

Gerade eben noch schien die Zurückweisung von Zumutungen des identitätspolitischen Aktivismus aus der Mitte der Gesellschaft heraus entschiedener zu werden. Von Zumutungen wie der, „alle Weißen“ seien Rassisten und Rassismus sei in „weißen“ Gesellschaften „strukturell“. Oder der, dass man willentlich oder fahrlässig Gefühle verletze, wenn man sich für das Sprechen über Herkunfts- oder Geschlechtsidentitäten nicht der exakt richtigen, aktuellen Formulierungen bediene.

Gerade eben noch schien das so. Nun aber zieht schon der nächste identitätspolitische Duft durch den Debattenraum. Die Klasse – und die Diskriminierung aufgrund der Klasse: der „Klassismus“. Olaf Scholz hofft tatsächlich schon, über diesen Begriff die soziale Erdung für eine SPD zurückzugewinnen, die auch längst auf jene kulturell-identitätspolitischen Abwege geraten ist.
Vergessen, ein „blinder Fleck“, sei in diesem Land die Diskriminierung aufgrund der „Klasse“, aus der man stamme, so heißt es in einem gerade erschienenen, viel beachteten Sammelband zum Thema. 14 Autorinnen und Autoren, erfolgreiche junge Schriftsteller, schreiben gegen dieses Vergessen an – überwiegend autobiografisch und autofiktional über ihre eigene „Unterklasse“-Herkunft.

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Ellen Wolff | Di., 11. Mai 2021 - 16:23

mit solchen Ergüssen lässt sich reichlich Geld verdienen. Es sind nicht die Opfergruppen, die von all den Büchern über die verschiedenen Opfergruppen profitieren, es sind nicht die Ofergruppen, die an die Machttröge gelangen, es sind jene, die sich zu den Rettern der Opfergruppen aufschwingen, die profitieren, sei es dadurch, dass sie Aufmerksamkeit und Macht erringen, sei es, dass sie schlicht und ergreifend Geld verdienen. Die Opfergruppen sind austauschbar, und es müssen immer neue generiert werden, um die Sache am laufen zu halten.

W.D. Hohe | Mi., 12. Mai 2021 - 00:38

Antwort auf von Ellen Wolff

@Frau Wolff
Ohne Opfer kein Retter.
Ersteres brauchts um Zweiteres zu werden.
Ersteres findet sich immer
Retter identifiziert Opfer
Ruhm, Ehre, Geld, Steinmeier Verdienstkreuz sicher
Noch nie war Zugang zum Menschen-Paradies so preiswert

Romuald Veselic | Di., 11. Mai 2021 - 16:57

Wieviel? 14 Autorinnen...?
Ah sakra!
Wie viele gibt's davon (Autorinnen) in D, die dazu keine Stellung angenommen hatten?
Klassismus... Klassizismus.
Wuups! Bedeutet kunstgeschichtliche Epoche.
Zu viele - Ismen - können auf die bewusste, pandemische Geisteskrankheit hindeuten.
ZB Sub-Mortalismus dürfte dafür angewendet werden, dass die Sub Society wesentlich mehr Todesfälle u. Sterblichkeit verzeichnet als die High Society. Ist dies human gerecht? ☹
Vermerk zu Neusprech:
Übrigens, das Wort Neger (in voller Länge!) wird in Baedekers USA, 6. Ausgabe 1990 auf S.474 - CHICAGO - Allgemeine Einführung - darin erwähnt, indem 35% der 8 Mio. Einwohner (damals/1980) Metropolitan Area, Neger sind. Afroamerikaner werden nirgends erwähnt.
In dieser Ausgabe wird zu jeder US Großstadt auch die Angabe beigefügt, wie viele Schwarze sich an der Gesamtbevölkerung beteiligen.
Detroit 63%, New Orleans 45%, St Louis 46%, Philadelphia 32%...

Tobias S. | Di., 11. Mai 2021 - 17:52

Der ÖRR, dessen medialer Einfluss gewaltig ist, macht diese Themen erst salonfähig, indem er Vertretern dieser Randmeinungen ein Podium gibt, auf dem sie sich auslassen können. Und das nicht nur einmal, sondern ständig. Der ÖRR relativiert ausserdem die Gefahr, die von der Gesinnungslobby ausgeht, indem er sie in praktisch jedem Beitrag durch Framing in ein positives Licht rückt. Der ÖRR trägt diese Themen also in die Mitte unserer Gesellschaft.

Anstatt also zu hoffen, dass sich diese Bewegung irgendwann totläuft oder die Gesellschaft aufwacht, könnten wir auch einfach anfangen, das Kind beim Namen zu nennen und dahingehend arbeiten, dass der ÖRR als das Wahrgenommen wird, was er ist. Eine Propagandamaschine. Wir sollten anfangen, dagegen zu arbeiten und diese Maschine stoppen, unserer Gemeinschaft zuliebe. Und das besser heute als morgen.

Gerhard Lenz | Mi., 12. Mai 2021 - 09:50

Antwort auf von Tobias S.

Soziale Verwerfungen und deren Folgen - muss man uns damit jetzt auch noch nerven?

Solche Themen sind jetzt also "salonfähig"! Und werden auch noch in ein positives Licht gedrückt, durch "framing"!

Widersprüchlicher kann ein Kommentar wohl kaum sein.

Wenn etwas stinkt in diesem Land, muss darüber berichtet werden. Ob irgendein Politiker jetzt dem ganzen einen bestimmten Begriff übergestülpt hat, ist ganz egal. Zu fordern, man solle darüber schweigen, ist nichts anderes als der Ruf nach Anwendung von "Cancel Culture".

Gleichwohl gibt es diese für manche Foristen wohl nur dann, wenn es um Kritik an rechtspopulistischer oder rechtsextremistischer Rhetorik geht.

Dann ist das Geschrei laut: "Es gibt keine Demokratie mehr! Man wird doch wohl noch sagen dürfen, dass...."

Fazit: Heuchelei, as usual.

Helmut W. Hoffmann | Di., 11. Mai 2021 - 18:16

Was soll der ganze Bullshit? Es gibt natürlich in jeder Gesellschaft hirnlose Geister, die (vielleicht) sehr intelligent sind, aber keinen Wert für die Gesellschaft haben. Sie ergehen sich in absolut überflüssigen Diskussionen mit ihresgleichen und versuchen, ihre krausen Ideen an den Mann zu bringen. Diese Zeigenossen sind Schmarotzer am Leib des Volkes. Wie gesagt: Bullshit!

gabriele bondzio | Mi., 12. Mai 2021 - 10:22

Antwort auf von Helmut W. Hoffmann

Tja, Herr Hoffmann, was machen die dann. Wenn ihnen die Opfergruppen ausgehen?
Dann sind sie ja faktisch arbeitslos.
Teil dieser vereinfachten Täter-Opfer-Relation, die die Welt in Gut und Böse einteilt, kann gut und gern auch die hirnlosesten Geister erwischen.

"Warum wechselt das Gute manchmal die Seiten? Weil es auf Dauer unerträglich gewöhnlich wird." (Peter Rudl, deutscher Aphoristiker)

Dieter Schimanek | Mi., 12. Mai 2021 - 06:40

...noch ein Fazit in diesem Beitrag erkennen. Geht bestimmt auch einfacher nichts auszusagen.

Frank Werner | Mi., 12. Mai 2021 - 06:50

Natürlich finden Sie keine Vorschläge für mehr soziale Durchlässigkeit in diesen Werken. Die verlangt nämlich Engagement. Das will anscheinend niemand fordern, weil sie es wie manche Opfer machen: den Status Quo als von Gott gegeben hinnehmen und damit Politik machen. Als sozialer Aufsteiger habe ich erfahren, wie oft ich meinen Status schön geredet bekam.

Ernst-Günther Konrad | Mi., 12. Mai 2021 - 07:58

Ich sage mal, für den Geldbeuteln der Autorinnen. Wer will das lesen und ist dann in der Lage, dass wie auch immer zu verstehen? Man kann nur wie Sie Herr Nordalm den Versuch unternehmen, die möglichen Beweggründe und politischen Ansätze herauszuarbeiten, ob die Analyse letztlich stimmt, müssen die Konsumenten entscheiden. Bei einem habe ich einen Widerspruch für mich entdeckt, wenn Sie formulieren: "Nun aber zieht schon der nächste identitätspolitische Duft durch den Debattenraum." Ich frage mich, welchen Debattenraum Sie meinen könnten? Linksgrüne Gedankenspieler wollen keine Debatte. Sie stellen für sich fest, behaupten es öffentlich und dann ist das so. Wer sich inhaltlich dagegen stellt ist ein ........ Wir wissen es doch alle.
Wer mit Lüge, Halbwahrheit und Ausgrenzung in Ermangelung an Argumenten geistig tief fliegt, hat nicht nur eine geringe Fallhöhe, der fliegt über kurz oder lang gegen den Berg der Wahrheit. Manch einer stürzt bereits früher ab, weil der Sprit fehlt.

Maria Arenz | Mi., 12. Mai 2021 - 08:40

Das schon aus der "Alltagsrassismus" -Debatte sattsam bekannte Phänomen. Menschen mit mehr oder weniger berechtigten Minderwertigkeitsgfühlen leiden. Statt sich an die Behebung von derer Ursachen zu machen- z.B. einen Benimmkurs besuchen, einen Schulabschluß nachholen oder Fließ und Zeit in das Füllen allzu peinlicher Bildungslücken zu investieren- macht man die eigenen Defizite und den Frust über deren Folgen zum Geschäftsmodell. Was bei unserer quantitativ maßlos überbesetzten Medienlandschaft zuverlässig funktioniert- egal wie durchsichtig bzw. lächerlich das Lamento ist. Irgendein Verlag, eine Talkshow- Tante oder ein "Fürsprecher" im Politzirkus wird sich schon finden, der/die/das ein Forum schafft oder sich - selbstverständlich im eigenen Interesse- als Lautsprecher hergibt.

Reinhard Oldemeier | Mi., 12. Mai 2021 - 10:53

Der Mai ist gekommen und die Politik und die Medien schlagen Purzelbäume. Identitätspolitik, Klassizismus, Armut und Migration sind nur Schlagworte der Parteien. Mit Demokratie hat das nichts mehr zu tun. Es geht darum sein Produkt zu verkaufen, es ist Wahlkampf. Man interessiert sich nicht für die Arbeiter. Es ist die Stimme die zählt.
Der Salonbolschewist hat eher eine Abscheu vor den Problemen der Menschen. Die Politik will am Großen und Ganzen der Weltverbesserung arbeiten. Ein mitmachen ist eher unerwünscht! Der Haltungsjournalist darf dann erklären, welche große Sache es ist.
Der Bürger und die Wirtschaft versucht dann eben das Beste daraus zu machen, aus den verqueren Ergebnissen der Politik.

Heidemarie Heim | Mi., 12. Mai 2021 - 11:58

Denn wenn ich es richtig verstanden habe, schreiben da Leute, die es scheinbar trotz all der schlechten Startschwierigkeiten, Benachteiligungen, Stop!, heute nennt es sich Diskrimierung, Rass..., usw., eigentlich geschafft haben. Sonst würden sie statt Sachbücher zu verfassen in vielleicht zweiter Generation hartzen oder in einem mies bezahlten Hilfsarbeiterjob arbeiten? Ich weiß, dass es heute nicht mehr en vogue ist von früheren Zeiten zu erzählen oder gar Vergleiche zu ziehen. Ich mach`s trotzdem. Warum? Weil es mir angesichts der Lebensläufe z.B. meiner Generation nicht recht einleuchten möchte, wie viel schwerer der soziale Aufstieg oder die Befreiung aus dem Prekariat unter den heutigen Voraussetzungen sein soll. Schule und Bildung sind nach wie vor unentgeltlich bei uns. Und seltsamerweise beklagen ausgerechnet die Politiker soziale Unebenheiten, die dafür gesorgt haben, dass sich Leistung immer weniger lohnt oder die Schulen verrotten ließen. Macht mal erst Eure Hausaufgaben!FG

M. Bernstein | Mi., 12. Mai 2021 - 12:09

gerade dies:
"Die Herausgeber Maria Barankow und Christian Baron behaupten im Vorwort eine vorherrschende Haltung von Kälte und Ungerührtheit der Mehrhabenden gegenüber den Wenigerhabenden in diesem Land."
Und sie zeigt auch, dass Diversität eine Gesellschaft nicht eint sondern auseinander dividiert.