Till Lindemann, Rammstein-Frontmann
Rammstein-Frontmann Lindemann: Peinlicher Pennälerhumor trifft moralischen Zeigefinger / dpa

Rammstein - Die neuen Hüter der Political Correctness

Seit Ende April liegt der neue Longplayer von Rammstein auf den Datenbanken der Streamingdienste und in den letzten Plattenläden. Musikalisch bietet „Zeit“ viel Altbewährtes in routiniertem Gewand. Und auch textlich verharrt man in der langsam ödenden Masche angeblich provozierender Vulgarität. Das wirkt doppelt peinlich, da sich Rammstein zugleich als Wahrer politischer Korrektheiten geriert.

Autoreninfo

Alexander Grau ist promovierter Philosoph und arbeitet als freier Kultur- und Wissenschaftsjournalist. Er veröffentlichte u.a. „Hypermoral. Die neue Lust an der Empörung“. Zuletzt erschien „Vom Wald. Eine Philosophie der Freiheit“ bei Claudius.

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Über Rammstein wurde wahrscheinlich schon alles geschrieben und gesagt. Auch, dass schon alles geschrieben und gesagt wurde. Dennoch und nach wie vor ist jedes neue Rammstein-Album ein Medienereignis. Dafür sorgt auch die Band selbst, mit vorveröffentlichten Videoclips, provozierenden Titeln und entsprechenden Textzeilen. Man beherrscht sein Geschäft inzwischen routiniert. Man könnte auch sagen: viel zu routiniert. Doch davon später.

Die Geschichte von Rammstein gehört, dem Erfolg der Band entsprechend, zu den ikonischen Erzählungen der jüngeren Pophistorie: Im Wesentlichen begann alles, als Richard Kruspe, heute Lead-Gitarrist der Band, in seiner Heimatstadt Schwerin auf den ehemaligen Leistungsschwimmer Till Lindemann traf, der sich zu jener Zeit als Korbflechter verdingte. Zurück in Berlin mischt Kruspe bei einigen Bandprojekten mit. Unter dem Eindruck einer USA-Reise gründete er zusammen mit seinen WG-Mitbewohnern Oliver Riedel und Christoph Schneider die Band Tempelprayer und holte seinen alten Bekannten Lindemann dazu. Schließlich stieß noch der Rhythmusgitarrist Paul Landers zu der Truppe, die sich 1994 in Rammstein umbenannte. Als letztes Mitglied vervollständigte dann der Keyboarder Christian „Flake“ Lorenz die Band.

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Walter Gustav | Sa., 4. Juni 2022 - 09:23

Herr Grau,
hervorragend zu lesen, flüssig, informativ, und macht einfach Spass zu lesen. Hätte noch deutlich mehr davon lesen wollen.

Nur!! Rammstein, Texte, politische Korrektheit usw. WTF interessiert das? Es ist mir wirklich lang wie breit, Jacke wie Hose. Alles erwartbar. Tatsächliche politisch, gesellschaftliche Korrektheit, Freiheit, Liberalität in allen Richtungen, oder Anstand, dort zu suchen? Kommen Sie!!

Christa Wallau | Sa., 4. Juni 2022 - 10:21

habe ich mir eben ein Produkt der Band "Rammstein" angesehen bzw. angehört, und zwar den Video-Clip mit dem Titel "Dicke Titten".
Das hat mir gereicht.
Die Vulgarität, die sich jetzt bei diesen cleveren Selbstvermarktern offenbar noch mit politischer Korrektheit paart, mag sich gut verkaufen - meinem Geschmack trifft sie nicht.
Aber über den sollte man ja auch tunlichst nicht streiten.
Jedem Tierchen sein Pläsierchen!

Romuald Veselic | Sa., 4. Juni 2022 - 10:31

Wenn ja, dann sind auch die Night Wolves des russischen Motorradgangs, ebenso gleichwertig politisch korrekt. Oder die Knorkator Band, mit ihrem Song "Schwanzlich willkommen".

Meines Erachtens, ist politische Korrektheit nur Fortsetzung des Realsozismus mit anderen Mitteln. Eine Variante des SED-Speaks.

Übrigens: Mindestens 9/10-tel der Weltbevölkerung weiß nichts über Politkorrektheit, Gendern u. Geschlechterquote o. Transsexualität.

Frohe Pfingsten ??

WD Hohe | Sa., 4. Juni 2022 - 12:17

Ramstein`s anspruchsvolle, poetischen Texte und Musik. .
Abgerutscht, wohl zwangsläufig.
Vulgarität siehe sprachlicher und lebender Alltag einer übersättigten Wohlstandsgesellschaft in allen Bereichen.
Seit "ewigen" Zeiten ein sich wiederholender Refrain.
Bruzzelt Butter zu lange in der Pfanne...?
Eben

Christoph Kuhlmann | Sa., 4. Juni 2022 - 13:42

zum Abschied von Christine Lambrecht "Sonne" auf Wunsch der Ministerin und Rammstein wird endlich von der Zentrale für politische Bildung gesponsert, wegen Förderung von Toleranz und Demokratie. Bescheiden Lyrics, eingeschränkte künstlerische Mittel und die zwanzigste Wiederholung von Schema F. Aber es gibt immer noch genug Leute die mehr als 100 Euro für ein Feuerwerk alter, schlapper Säcke springen lassen.

Peter Sommerhalder | Sa., 4. Juni 2022 - 14:59

Bin wirklich froh, dass ich ich zwischendurch überhaupt noch oberflächlich sein kann.
(Brauche dies irgendwie zum Ausgleich...)

z.B. beim Lied/Video von Rammstein "Dicke Titten", da hinterfrage ich gar nichts, ich geniesse es einfach.
Nur schon dieser einminütiger Einstieg, den finde ich einfach grandios...

Fritz Elvers | Sa., 4. Juni 2022 - 16:23

als Political Correctness verkauft. Geht doch.

Helmut Bachmann | Sa., 4. Juni 2022 - 18:32

oder Plural? Rammstein ist eine Gruppe die sich als Wahrer politischer Korrektheit inszeniert, sich dann aber auch „aufschwingen“. Warum nicht „aufschwingt“? Für mich eine Unsitte.

Armin Latell | Di., 7. Juni 2022 - 17:25

noch nicht gehört, aber besitze alle anderen. Natürlich, die Texte sind fast immer vulgär, brutal, für politisch korrekt habe ich sie niemals gehalten, dazu sind sie einfach zu asozial. Wobei man eben auch sagen muss, sinngemäß einfach zu verstehen sind sie auch nicht immer, aber die Lyrics so zusammen zu basteln, das halte ich für echte Kunst, auch wenn sie nicht jedem gefällt. Ich habe mehrere Konzertmitschnitte auf Bluray und DVD, die Bühnenshow ist geradezu überwältigend in ihren Effekten, dazu der typische Sound von Rammstein und die unverwechselbare Stimme von Lindemann, vielleicht auch gerade weil sie so unschön ist. Da kann ich sogar pc verzeihen.
Man kann immer nur sagen: play it loud!