
- Wie gut wir doch sind!
Teile unserer Kultur drohen monolithisch zu werden – in den Greifarmen eines loungigen politischen Mainstreams. Ausgrenzung und Identitätspolitik ersetzen die politische Auseinandersetzung. Vor einigen Jahren ging Konfrontation noch eindeutig besser.
Politische Kunst kommt immer gut an, vor allem dann, wenn sie die anderen adressiert. Die müssen sich schließlich ändern. Nach dieser Taktik verfahren in den letzten Jahren viele Institutionen des Kultursektors. Allen voran so manche Bühnenhäuser, Regisseuren und Autoren wissen sehr genau, auf wen ihre Stücke ins Fadenkreuz nehmen sollen: insbesondere jene, die man im konservativen Milieu antrifft, jene, die sich dem Kodex politisch-korrekter Sprachreinheit widersetzen und Skepsis gegenüber einer alle und jeden einbeziehenden Identitätspolitik hegen. Dramentexte wie „In letzter Zeit Wut“ (2021), uraufgeführt am Schauspiel Frankfurt oder Rebekka Kricheldorfs „Der goldene Schwanz“ (2021), das am Staatstheater Kassel seine Erstaufführung feierte, geißeln das Patriarchat und loten Möglichkeiten für eine gendergerechte Welt aus.
Nicht anders verhält es sich mit dem recht neuen Genre des Klimatheaters. Um die Menschheit an ihre Umweltsünden zu erinnern, wird darin die Bühne zum veritablen Aufklärungsunterricht: Im zuletzt am Schauspiel Stuttgart inszenierten „Grand ReporTERRE #4: DEADLINE“ (2021) oder dem am Badischen Staatstheater Karlsruhe gezeigten Stück „Wir sind das Klima!“ (2021) von Jonathan Safran Foer wird das Publikum direkt durch die frontal dozierenden Schauspieler mit Statistiken und Informationen über die finsteren Aussichten des Planeten und die humane Hybris von Ressourcenverbrauch und Verschwendungssucht belehrt.