
- Souverän denken
Geistesgegenwart ohne Zeitgeistigkeit: Peter Sloterdijk zeigt, was es heißt, ein eigensinniger Einzelner zu sein und dem medial wie politisch zugespitzten Konformitätsdruck zu trotzen
Peter Sloterdijk ist der einzige deutsche Intellektuelle, den man als Denker im klassischen Sinne bezeichnen kann. Charakteristisch für jeden echten Philosophen ist, dass er sich nicht von unwichtigen Fragen ablenken lässt. Aber das wird unter modernen Lebensbedingungen immer schwieriger. Dass das philosophische Leben heute fast unvermeidlich auf Abwege gerät, hat drei Gründe: Die Politik verführt zum Gefälligkeitsdenken, die Medien verführen zur Selbstinszenierung, und die Universität verführt zur Resignation. Gegen diese Übel kennt Sloterdijk eine Medizin, die schon Nietzsche verschrieben hat, nämlich eine Dosis Übermut: Riskiert etwas, im Leben wie im Denken! Seid Abenteurer! Wagt es, gefährlich zu denken! Auf die Schiffe, ihr Philosophen, seid neugierig, es gibt noch eine Welt zu entdecken!
Zum Freimut des souveränen Denkers gehört der kalte, sichere Blick der Schätzung. Bei Peter Sloterdijk kann man sehen, wie man diesen Blick bekommt. Er versteht Selbstbehauptung als Selbstbehausung und Nietzsches Geschichte, wie die wahre Welt zur Fabel wurde, als Anleitung zur rhetorischen Welterfindung. In der Kraft, Namen zu geben und Metaphern zu prägen, kann man heute niemanden mit Sloterdijk vergleichen. Seine nichtargumentative Philosophie trifft mit absoluten Metaphern bildhafte Vorentscheidungen, die die ganze Welt strukturieren.