- Die Unabhängige
Diane Keaton hat das Kino von New Hollywood ab den späten 1960ern geprägt wie kaum eine andere. Dabei erfüllte sie nie ein typisches Frauenklischee wie Vamp, Diva, Femme Fatale oder Unschuld vom Lande. Sie blieb immer sie - ihre vielleicht größte Leistung.
Sie war Annie Hall in Woody Allens „Der Stadtneurotiker“, Kay Adams in Coppolas „Der Pate“, spielte die Journalistin Louise Bryant in „Reds“ und an der Seite von Meryl Streep und dem damaligen Jungstar Leonardo DiCaprio die Bessie in dem Drama „Marvins Töchter“: Diane Keaton. Am Samstag ist die wunderbare Schauspielerin im Alter von 79 Jahren in ihrer Heimatstadt Los Angeles verstorben.
Liest man die ersten Reaktionen auf den Tod der Oscar-Preisträgerin, so stolpert man immer wieder über den Begriff „Stil-Ikone“. Man kann das verstehen und ahnt, was gemeint ist. Dennoch geht diese Beschreibung an Diane Keaton etwas vorbei. Denn Stil-Ikonen, zumal im Zeitalter der Influencerin, sind zumeist Frauen, die ihre mediale Präsenz nutzen, um sich als Stil-Ikone zu inszenieren. Oder die durch ihre Selbstdarstellung gerne eine werden würden. Also Frauen, die gefallen wollen.
Selbstbewusst und eigensinnig
Doch Diane Keaton wollte nie gefallen. Und das Posieren auf den Gala-Empfängen und roten Teppichen der Welt war auch nie ihr Ding. In diesem Sinne war sie eher die Anti-Stil-Ikone: selbstbewusst und eigensinnig. Was andere von ihr dachten und hielten, war ihr erkennbar gleichgültig. Und auch den Ritualen der Branche hat sie sich nie gebeugt. Als sie 1978 für ihre Rolle in „Der Stadtneurotiker“ (eigentlich „Annie Hall“) einen Oscar bekam, brach sie nicht ergriffen in Tränen aus, sondern bemerkte nur trocken: „Das ist mal was“.
Man spürte förmlich, dass Diane Keaton ihr Star-Sein ziemlich gleichgültig war. Dafür war sie zu lässig, zu entspannt, zu wenig angepasst. Anders als andere Größen der Filmbrache hat sie sich nie bemüht, ein Star zu sein. Dass sie nie einen Stern auf dem Walk of Fame bekommen hat, fügt sich stimmig ins Gesamtbild. Vermutlich war ihr das aber ziemlich egal. Geboren wurde die Keaton als Diane Hall 1946 in Los Angeles. Ihr Vater, John Newton Ignatius Hall, arbeitete in der Immobilienbranche, ihre Mutter, Dorothy Deanne Keaton, war zunächst Hausfrau und betätigte sich später als Fotografin und Amateurkünstlerin. Ihre ersten Auftritte auf einer Bühne absolvierte Diane als Zweitbesetzung in der Broadway-Produktion von „Hair“ und 1968 in „Play It Again, Sam“.
„Jeder Mann war ein anderes Jahrzehnt“
Anders als andere Kollegen erweckte sie – auch das ist typisch – allerdings nie den Eindruck, das Theater sei die Krönung des schauspielerischen Schaffens und ihre eigentliche Leidenschaft. In ihrer nüchternen und uneitlen Art sagte sie einmal: „Ich bin keine echte Schauspielerin. Die Wahrheit ist, ich möchte das nicht jede Nacht wieder machen. Was ich an Filmen mag, ist, dass man es immer wieder versuchen kann.“ Das war natürlich etwas kokett. Ihren Durchbruch schaffte sie 1977 mit „Annie Hall“. Der deutsche Titel verschob den Fokus von der durch Keaton dargestellten Titelfigur zu dem von Allen dargestellten „Stadtneurotiker“. Dabei ist es die nicht minder neurotische Annie Hall, in der sich der Neurotiker Alvy Singer spiegelt.
Zwei Jahre später brillierte sie in „Manhattan“, vielleicht Allens bester Film. Eine Hommage auf New York, seine Straßen, Museen und damaligen Lokale – und eine böse Satire auf die dortigen Intellektuellen. Fast immer waren Diane Keatons Karriereabschnitte mit Männern verbunden, wie sie freimütig zugestand: „Jeder Mann war ein anderes Jahrzehnt, Woody war meine Zwanziger, Warren meine Dreißiger und Al an der Grenze Dreißiger/Vierziger.“ Geheiratet hat sie nie. „Es hat keiner gefragt“, so Keaton in ihrer trockenen Art. Neben ihrem Rollen für Woody Allen, in der „Der Pate“-Trilogie und Dramen wie „Red“ reüssierte die Keaton vor allem ab den späten 80er Jahren in zahlreichen Komödien: „Baby Boom“, „Vater der Braut, „Kuck mal, wer da spricht“, „Der Club der Teufelinnen“, „Was das Herz begehrt“, „The Big Wedding“ etc. etc.
Legendäre Umzüge innerhalb New Yorks
Liest man ihre Filmographie, so hat man den Eindruck, Diane Keaton hätte die Komödienproduktion Hollywoods fast im Alleingang geschultert. Angesichts ihres imponierenden Schaffens als Filmschauspielerin wird mitunter übersehen, dass die Keaton auch als Produzentin und Regisseurin gearbeitet hat. Nur die Wenigsten wissen etwa, dass sie eine Folge der zweiten Staffel von David Lynchs legendärer Serie „Twin Peaks“ zu verantworten hat. 2011 erschien ihre Autobiographie, in der sie unter anderem die schwere Alzheimererkrankung ihrer Mutter thematisierte.
Zu der inneren Unabhängigkeit der Diane Keaton gehört auch ihre Unstetigkeit. Ihre Umzüge innerhalb New Yorks sind legendär. Immer sei sie verzaubert von den Möglichkeiten anderer Orte, beschrieb sei einmal ihre Gefühlslage. Wie wenig sie sich um die Rituale und Gepflogenheiten ihrer Branche kümmerte, zeigte sie noch zuletzt an ihrem 77. Geburtstag. Statt unterwürfig all der angeblich lieben und wichtigen Menschen in ihrem Leben zu gedenken, schrieb sie auf ihre herrlich freche Art: „Happy Birthday an die Liebe meines Lebens... mich!“
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Was habe ich ihre Filme geliebt u. auch wenn man so Jemanden nie persönlich kenngelernt hat, so meine ich doch, ein Teil der echten Persönlichkeit bei einigen Schauspielern durchschimmern zu sehen. Diane Keaton war etwas besonderes u. sie hat mein Leben durch ihre Filme bereichert.
Ich denke dabei an „Familie Stone“, „Was das Herz begehrt“ und „Book Club“(Teil 1). Lachen und Weinen liegen so nah beieinander, kaum jemand brachte das so gefühlvoll u. eindrucksvoll auf die Leinwand. Ein trauriger Verlust……
Das eigene Leben ist auch wie ein Film. Ein Film, in dem die Hauptrolle schon besetzt ist. Nur leider ist das im Leben aller Anderen auch so u. schon nimmt das Drama seinen Lauf: Denn wer gibt sich schon gerne mit einer Nebenrolle zufrieden?
Ein Film nur mit Hauptrollen scheitert zwangsläufig u. so verhält es sich auch im Leben. Also wenn Sie sich wieder mal über einen Ihre Mitmenschen ärgern, seien Sie gnädig. Denn dieser Mensch arbeitet gerade(wie Sie) fleißig an seiner Hauptrolle ;-)
Und wenn ich die vielen lobenden Worte in den Msm und der Yellow Press überfliege bin ich schon wieder am Zweifeln, ob das alles so stimmt. Egal. Mir hat die Schauspielerin in vielen Fällen gefallen und wenn sie so war, wie Sie sie schildern Herr Dr. Grau, dann hat sie selbstbestimmt gelebt und das ist das höchste, was Menschen erreichen können. Ob man alles richtig gemacht hat? Nun, das wird man in der nächsten Welt erfahren. Jedenfalls habe ich keine negativen Wahrnehmungen zu ihr in Erinnerung, sondern habe sie als außergewöhnliche Schauspielerin wahrgenommen. RIP Diane Keaton.
als Schauspielerin liebe ich sie. (zum Glück bleiben ja die Filme)
Grossartig fand ich unter anderem ihre differenzierte Rolle als Frau von Michele Corleone.
