Geschichten über Läuterung, Trauma und die Kraft der Worte. / Cover: Diogenes, Aufbau, dtv

Moser liest - Stadt der Hunde, Unmöglicher Abschied, Wild nach einem wilden Traum

Ein Chirurg sucht in einer surrealen Zwischenwelt nach Erlösung, während Han Kang die Schrecken eines verdrängten Massakers in poetischer Wucht offenbart. Schoch schließlich erkundet die Verbindung zwischen Erinnerung, Liebe und Schreiben. Über Läuterung, Trauma und die Kraft der Worte.

Autoreninfo

Ulrike Moser ist Historikerin und leitet das Ressort Salon bei Cicero.

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Läuterung und Glauben

©Diogenes

Vielleicht muss man Leon de Winter vor allem für seine Kunst der Irreführung loben. Denn sein Roman kommt auf weiten Strecken wie ein Märchen oder eine ausschweifende Parabel daher. Da ist Jaap Hollander, niederländischer Jude, Gehirnchirurg, Genie in seinem Fach, menschlich dagegen gänzlich unzulänglich. Seit seine Tochter in der Wüste Negev verschwunden ist, reist Hollander jedes Jahr nach Israel. Es ist sein zehnter Besuch, als er auf Bitten der israelischen Regierung eine saudische Prinzessin operieren soll, um den Frieden in Nahost, wenn nicht den Weltfrieden zu retten. Als Hollander sich kurz drauf selbst einer Gehirnoperation unterziehen muss, erlebt er den bewusstlosen Zustand als Reise in eine Zwischenwelt, in der ihm eine Hunde-Geheimgesellschaft den Weg zu Läuterung und Glauben weist. Das ist kunstvoll komponiert, liest sich zuweilen jedoch, als hätte man sich in ein Buch von Paulo Coelho verirrt. Aber wie de Winter seiner Geschichte noch eine erschütternde Wendung gibt, ist meisterhaft und rettet zwar nicht den Weltfrieden, aber doch den Roman.

Leon de Winter, Stadt der Hunde, Diogenes, Zürich 2025. 272 Seiten, 26 €

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