Joseph Conrad
Der polnisch-britische Autor Joseph Conrad (1857–1924) könnte sich heute wohl nur noch an den Kopf fassen / picture alliance / Glasshouse Images | JT Vintage

Kulturkampf und Buchzensur - „Niemand“ ist das neue N-Wort

In Deutschland regt man sich gerne darüber auf, wenn die Trump-Regierung Kinderbücher von Leselisten streicht. Dabei werden hierzulande gerne literarische Werke politisch korrekt umgeschrieben. Und keineswegs nur Kinderbücher. Jüngstes Opfer: Joseph Conrad.

Autoreninfo

Gideon Böss ist Roman- und Sachbuchautor und hat unter anderem über Religionen in Deutschland und Glücksversprechen im Kapitalismus geschrieben.

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Es wirkt immer etwas eigenartig, wenn man aus der Ferne die Kulturkämpfe in anderen Ländern schattenboxend begleitet. Deutschland ist ein Meister in dieser Disziplin, und der Lieblingsgegner dabei heißt stets Amerika. Stets findet sich hier jemand, der auf gesellschaftliche Entwicklungen in den USA reagiert, als ob man auf der anderen Seite des Atlantiks auf diese Wortmeldung gewartet hätte. Ein aktuelles Beispiel dreht sich um das Buch „Streuselnase Erdbeerkopf“. Es ist mitten in das Ringen zwischen Republikanern und Demokraten geraten, welche Werke zu empfehlen sind oder eben nicht. Vereinfacht kann man sagen, dass die Demokraten kleine Kinder gerne mit Literatur darüber versorgen wollen, dass es Sex gibt und in welchen Positionen dieser möglich ist, während die Republikaner das ablehnen und umgekehrt mehr „USA, USA“-patriotische Bücher in den Regalen sehen wollen, was wiederum die Demokraten nicht möchten.

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Lisa Werle | So., 24. August 2025 - 09:29

So wird der auf der 'Narcissus' gepflegte 'People of Colour' vom 'Nigger' über die zwanghafte Vermeidung des allseits gebannten N-Wortes zum 'Niemand'. Ist das nicht noch entehrender und damit rassistischer? Omas gegen rechts - wo seid ihr, wenn man euch mal braucht? Ach ne, sorry - dieser Rassismus kam ja von links, und das ist ja erlaubt, wie wir alle wissen. Dieses Land agiert nur noch als eine offene Anstalt für bekloppte Linksextremisten. Und Frankfurt ist das Zentrum, wie man einen Artikel weiter bestaunen kann. Das alles geht in dieselbe Richtung: Vernichtung von allem, was nicht links genug ist.

Thomas Veit | So., 24. August 2025 - 10:08

man hat einfach nur die Zeichen der Zeit erkannt und macht sich zukunftsfit...

Sollte eines Tages auch bei uns 'ein Trump' regieren hängen sie dort 'die Regenbgenfahne' sicher auch gerne wieder ab, wie auch die meisten 'progressiven Unternehnen' und den USA zuletzt... ...

Das ganze Gezerre um solche 'wichtigen Symbole' bestätigt doch nur WER den wirklichen Kulturkampf aus seinem Sandkasten heraus vom Zaun gebrochen hat... (Müller-Vogg Artikel von gestern - 'Das ABC des linken Kulturkampfes')

DAFÜR ist dieser Artikel eine gute Erkenntnisbereicherung.

Dorothee Sehrt-Irrek | So., 24. August 2025 - 10:26

"umschreiben" oder "korrigieren"?
Wenn sich doch zeigt, dass eine Aussage irreführend oder gar falsch ist?
Damit wird der Autor noch nicht falsch.
Angesichts des literarischen Gewichtes von Joseph Conrad, kann man sich aber vielleicht fragen, ob ein anderes Wort richtiger ist, bzw. bezeichnender.
Er kann auch nur einen schlechteren Tag gehabt haben.
Jedenfalls sollten Differenzen ANGEMERKT werden.
Ich finde "Cancelculture" schrecklich, Reflexionen über Texte ff. aber sehr wichtig.
Worte müssen nicht immer Bestand haben.
Selbst Texte der Bibel können mehr oder weniger gelungen sein.
In meinem Kopf schreibe ich die Stellen dann um, aber belasse doch den Texten ihre historische Würde und Wahrheit und sei es ihre "negative".
Wir sollten uns aber immer auch fragen, ob wir den Autor* überhaupt verstanden haben.
Heutiges Schreiben wird wohl schwieriger, aber nicht unmöglich.
Philologie, aber wir übermalen auch keine Bilder.
Menschen setzen unterschiedliche Akzente.
RESPEKT
Selbst sprechen...

Brigitte Miller | So., 24. August 2025 - 13:57

Und wer entscheidet das?
Angenommen, Sie wären Autorin, wie fänden Sie das? Bücher sind auch Zeitzeugen, die soll man gerne nach wessen Gusto "korrigieren"?

Jens Böhme | So., 24. August 2025 - 21:15

Grundsätzlich wurden Bücher schon früher umgeschrieben, um verständlich zu sein. Man nehme als Beispiele die Bibel, wie Lutherbibel, Vulgata und Vetus Latina.