
- Verdiente Quittung
In großen Scharen verlassen die Menschen die Kirchen. Die neuen Zahlen sind ein Debakel mit Ansage. Wer sich als linksgrüne Politikberatung versteht, darf sich über den Exodus der Massen nicht wundern
Den Kirchen laufen die Mitglieder schneller davon, als sich das Wort Kirchensteuer aussprechen lässt. Mehr und mehr entwickeln sich römisch-katholische und evangelische Kirche in Deutschland zu Vermögensverwaltungen mit angeschlossener Politikberatung. Die jüngsten Zahlen sind desaströs für beide Konfessionen. Unmittelbar nach Bekanntgabe der Eckdaten für 2018 setzten die üblichen Selbstkritiksimulationsfestspiele ein. Man müsse auf die Menschen zugehen, ihnen zuhören, mutig Reformen anpacken, Strukturen verändern, lernen statt lehren. So erklingt die Zerknirschungsmelodie seit Jahr und Tag, und seit Jahr und Tag hält der Exodus an. Sollte es nicht an der Zeit sein, die Melodie zu ändern?
In absoluten Zahlen hat es die Evangelischen schlimmer getroffen, relativ hingegen die Katholischen. Luthers Erben verloren durch Austritte binnen Jahresfrist 220.000 Mitglieder – das ist ein Anstieg der Rücktritte um gut elf Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Auf römischer Seite waren es in derselben Kategorie 216.000 Mitglieder weniger, was einem Anstieg um knapp 29 Prozent entspricht. Insgesamt büßten die Protestanten 395.000, die Katholiken 309.000 Menschen ein. Unverändert entvölkern sich die Kirchen der Reformation rascher als die ältere Konkurrenz. Woran es liegen mag?