Schweiz
Blick von Unterwasser auf das Saentismassiv in der Schweiz / picture alliance / blickwinkel/M. Woike | M. Woike

Schweizer Idylle mit Riss - Über das irdische Dasein auf einer dreidimensionalen Postkarte

Neutral, wohlhabend, geordnet – doch unter der glänzenden Oberfläche der Schweiz zeigen sich tiefe gesellschaftliche und moralische Spannungen. Über eine Nation zwischen Luxus, Empathie und Entfremdung.

Autoreninfo

Dr. phil. Dominik Pietzcker studierte Philosophie, Geschichte und Germanistik. Von 1996 bis 2011 in leitender Funktion in der Kommunikationsbranche tätig, u.a. für die Europäische Kommission, diverse Bundesministerien und das Bundespräsidialamt. Seit 2012 Professur für Kommunikation an der Macromedia University of Applied Sciences, Hamburg. Er ist Visiting Scholar der Fudan University, Shanghai. Zahlreiche Veröffentlichungen, zuletzt „Was ist Schönheit? Eine kurze Geschichte der Ästhetik“ (Herder Verlag).

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So und nicht anders stellt man sich das ideale Gemeinwesen vor. Der Staat versteht sich als Diener seiner Bürger, nicht umgekehrt. Viele Sprachen und Mentalitäten existieren gewaltfrei nebeneinander. Die Menschen pflegen zivilisiert-distanzierte Umgangsformen. Die weibliche Lebenserwartung beträgt 86 Jahre. Die Erwerbsbiografien sind zumeist lückenlos und wohldotiert.

Bekanntermaßen erfreut sich die Schweiz nicht nur ihrer niedrigen Erbschaftssteuer, sondern auch intakter historischer Städte, eingebettet in traumartig-idyllische Landschaften. Sie repräsentiert ein altes und unzerstörtes europäisches Kulturerbe, das bis auf Kelten und Römer zurückgeht. Ausgewogene Weine und hervorragendes Essen sind selbst im entlegensten Dorfgasthof zu finden. Kein Wunder, dass Thomas Mann die Schweiz zum Exil wählte.

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Andres Pfister | Mo., 7. Juli 2025 - 17:35

Besten Dank für diesen feinen und sehr analytischen Artikel über uns Schweizer! Ich lese selten solche Artikel über meine Heimat; umso mehr habe ich die Lektüre dieses Artikels genossen. Der Inhalt ist ziemlich treffend und trifft wohl sehr gut den Zeitgeist in unserem Land. Die genannten Probleme sind da, auch wenn es im Moment noch Jammern auf hohem Niveau ist. Aber die Generation meiner Kinder (11 und 13 Jahre alt) wird wohl wieder ganz anders "anpacken" müssen, wenn wir diesen Wohlstand behalten wollen. Die allgemeine Weltlage wird auch für uns ungemütlich.

Walter Bühler | Mo., 7. Juli 2025 - 18:25

Herr Prof. Pietzcker, woher kommt der eigenartige Ton, mit dem Sie - als Deutscher mit einer internationalen Karriere - über unser Nachbarland im Süden berichten?

Warum nennen Sie die Dinge, die Sie gut oder schlecht finden, nicht einfach gut oder schlecht? Warum die düstere Grundierung?

Muss denn alles, was in der Welt anders und besser gemacht wird als bei uns, als eine glitzernde Fassade „entlarvt“ werden, hinter der es "in Wahrheit" mindestens so schlecht aussieht wie bei uns (oder gar noch schlechter)?

Schon aus logischen Gründen ist es sicher, dass irgendeiner unserer Nachbarn irgendetwas besser macht als wir Deutschen.

Warum kann man das nicht einfach anerkennen und davon lernen?

Und wenn man sich freuen kann, dass bei uns etwas besser ist als beim Nachbarn: warum muss man dann gleich die Zunge rausstrecken und „Ätsch!“ sagen?

Ich persönlich sehe zwischen den Völkern Europas große Ähnlichkeiten. Das sollten wir positiv werten und nicht in nationalen Provinzialismus verfallen

Christa Wallau | Mo., 7. Juli 2025 - 18:42

welche die Schweizer aller Zungen zusammenschweißen:
1. das Bewußtsein vom Wert des Eigentums
und 2. der Bürgerstolz.
Jeder Ur-Schweizer stützt sich auf seine eigene Habe (ob klein oder groß) u. ist sich seiner Würde u. Macht als Schweizer Bürger bewußt.
N i c h t s geschieht in der Schweiz seitens der Politik, was die Bürgermehrheit nicht will!
Und kaum einen Ur-Schweizer gibt es, der nicht um den Zusammenhang von Arbeit, Fleiß und Vermögen weiß u. nicht peinlich darauf achtet, seinen Besitz zu mehren u. zu bewahren.
Verteidigungsbereitschaft des Eigenen gehört seit Jahrhunderten zur Schweiz - und k l u g e s Abwägen: Was nützt u. was schadet uns?
In der harten Welt der Berge wurden ein großer Teil der Schweizer charakterlich geprägt. Sie
lernten zu arbeiten, zu sparen u. in Notzeiten zusammenzuhalten - gute Voraussetzungen für jede staatliche Gemeinschaft.
Das hat die Schweiz dahin gebracht, wo sie heute steht. Sie ist eines der reichsten u. demokratischsten Länder der Erde.