
- „ Mächtige Gefühle “
In den Kommentaren zu den Geschehnissen dieser Tage auf deutschen Straßen ist wohl „Hass“ einer der meistgebrauchten Begriffe. Unser Porträt im Mai stellt die in Deutschland führende Kennerin jener Gefühle vor, die Geschichte machen: die Historikerin Ute Frevert.
Ein Frauenthema, weich und so gefühlig wie gefällig. Ein Modethema, das nichts zum Geschichtsverständnis beitragen werde. Kaum mehr als „alter Wein in neuen Schläuchen“. Vorbehalte und Widerstände, die ausgerechnet die eigene Zunft äußerten, als die Historikerin Ute Frevert 2008 eine von vier Direktorenstellen am Berliner Max-Planck-Institut für Bildungsforschung übernahm, um einen neuen Forschungsbereich aufzubauen. Nicht weniger als die „Geschichte der Gefühle“ wird seitdem hier erforscht. Die Frage, ob Emotionen eine Geschichte haben. Und wie Gefühle Geschichte machen.
„Sie motivieren Menschen dazu, etwas zu tun oder zu lassen, das den Lauf der Dinge verändert“, schreibt Ute Frevert in ihrem jüngsten Buch „Mächtige Gefühle“, ein Lexikon der Emotionen, „Von A wie Angst bis Z wie Zuneigung“. Keine Revolution ist vorstellbar ohne Wut und Hoffnung. Angst kann Menschen mobilisieren. Wie die Hunderttausenden, die Anfang der achtziger Jahre aus Angst vor dem Atomtod auf die Straße gingen. „I want you to panic“, schleuderte Greta Thunberg 2019 den Teilnehmern des Davoser Weltwirtschaftsforums entgegen, damit sie den Klimawandel stoppen. Der Nationalsozialismus war auch ein Gefühlsregiment, der Hass wachrief und Juden und politische Gegner demütigte. Und es war Hoffnung, die die Menschen 1989 in der DDR auf die Straße trieb, um „für ein offenes Land mit freien Menschen“ zu demonstrieren.