Küstenlandschaft
Küstenlandschaft mit Regenwolke / picture alliance / Zoonar | Kay Augustin

Gefühle in der Politik - Der feuchte Traum von der Expertokratie

Demokratie, so wird gerne behauptet, beruht auf dem Austausch von Fakten und rationalen Argumenten. Gefühle hätten in ihr nichts zu suchen. Gefühle seien daher Feinde der Demokratie. Ein gefährlicher Unsinn.

Alexander Grau

Autoreninfo

Alexander Grau ist promovierter Philosoph und arbeitet als freier Kultur- und Wissenschaftsjournalist. Er veröffentlichte u.a. „Hypermoral. Die neue Lust an der Empörung“. Zuletzt erschien „Vom Wald. Eine Philosophie der Freiheit“ bei Claudius.

So erreichen Sie Alexander Grau:

Gefühle haben in der Politik keinen guten Ruf. Politik hat sachlich zu sein und nüchtern. Gefühle hingegen bedeuten Hass und Hetze. Gefühle sind der Bodensatz aus dem das hässliche Unkraut des Populismus wuchert. Gefühle sind für schlichte Gemüter, die mit hochrotem Kopf über „die da oben“ oder über „Ausländer“ schimpfen. 

Gefühle, so wird gerne kolportiert, übersehen Fakten. Wer sich von Gefühlen leiten lässt, ignoriert die Tatsachen. Nicht umsonst gibt es schließlich den ironischen Ausdruck von dem „gefühlten Wissen“. Denn gefühltes Wissen ist eben kein Wissen. Und wer mit gefühltem Wissen operiert, ist unsachlich und irrational.

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Wolfgang Borchardt | So., 1. Juni 2025 - 09:17

Wählen mehr, so wie mit den Ergebnissen umgegangen wird. Verlierer schließen sich zu Siegern zusammen und begründen ihr Macht Monopol mit ihrem vermeintlichen Monopol auf eine Demokratie, die nur die ihre ist und ihnen die Macht verleiht, Andersdenkende als Feinde der (ihrer) auszugrenzen. Oppurtunismus und Meldebegeisterung haben auch in Westdeutschland wieder Konjunktur, während die Kette im Osten nicht unterbrochen war

Wenn sich wer zusammenschliesst und es wird eine Mehrheit, dann sind das keine Verlierer. Auch Ihr beschriebenes demokratisches Machtmonopol ist nicht zementiert. Nur bei Wählern hat es sich noch nicht herumgesprochen, dass Opposition verlorene, politische Zeit ist. Demokratie ist im Zeitalter der Globalisierung nicht nur nicht zeitgemäß, sondern kontraproduktiv.

Christa Wallau | So., 1. Juni 2025 - 09:41

sollte in Stein gemeißelt und im Bundestag aufgestellt werden. Jeder Abgeordnete müßte verpflichtet werden, ihn täglich laut vorzulesen.

Zur Freiheit gehören selbstverständlich auch Irrationalität bzw. Gefühlsleben sowie Versuch und Irrtum. Was denn sonst?
Zu einem ähnlichen Befund wie Sie bin ich in meinem Kommentar zum Artikel "Meinungsfreiheit" (Karin Prien...) gekommen (s. dort) .

Unsere Politiker tun nichts anderes, als i h r e eigenen "gefühlten" Wahrheiten absolut zu setzen und nennen das dann "unsere Demokratie".
Gegen die Gefühle und irrationalen Bedürfnisse von Mitbürgern, die anders "ticken" als sie, errichten sie eine "Brandmauer".
TOLL!

Die große Frage ist die, ob es überhaupt noch gelingt, in Deutschland wieder eine halbwegs "normale" , d. h. f r e i h e i t l i c h e Demokratie herbeizuführen oder ob wir letztlich in einer Diktatur (Polizeistaat wie in der DDR) bzw. im Chaos enden - so wie viele Länder auf dieser Welt.

Die Aussichten sind trübe...

Walter Bühler | So., 1. Juni 2025 - 10:14

... ich sehe es ganz anders: Wir sind nämlich gar nicht von einer Expertokratie bedroht.

Die Experten, die ich kenne und wegen ihrer Kenntnisse und ihrer Arbeit achte und bewundere, sind, ganz andere Menschen als die geschwätzigen Promis, die mir von der Politik und von den Massenemedien angedreht werden sollen. Wenn im TV ein "Experte" angekündigt wird, erwarte ich von vorneherein einen Schwätzer, der vom Thema nichts versteht. Bei der "Neurowisseschaftlerin" Urner traf das auch voll zu. Nur ganz selten lerne ich in den Medien wirkliche Experten kennen. Dann freue ich mich.

In der Elite, die über uns herrscht, sind doch Leute, die wirklich etwas verstehen, die Ausnahme. Sind Habeck, Scholz oder Merz Experten? Ist ein Merz ein Experte, wenn er gleichzeitig gegen die USA, gegen Russland und China kämpfen will?

Nein. Herr Graui:

Unsere Elite braucht viel mehr an rationalem Sachverstand und deutlich weniger irrationele Gefühligkeit von mediengeilen Sofahelden.

Markus Michaelis | So., 1. Juni 2025 - 12:30

Ich halte das auch für einen zentralen Punkt unseres Zusammenlebens: was am Ende zählt ist nicht Expertentum, ob ich auf atomarer Ebene nachweisen kann, dass diese oder jene Politik die richtige sei. Das ist meist irrelevant - wir bestehen aus Gefühlen (zB Nächstenliebe, anderen helfen wollen - die keinerlei höheren Sinn ergeben, außer, dass man es eben will) und freien Entscheidungen und Priorisierungen. Viel Wissenschaft und Expertentum heute ist auch eher ein selbstreferenzielles System mit großen Worten die eigenen Gefühle und Prios als absolut zu erklären.

Es ist aber auch nicht, dass nur Gefühle zählen sollten. Menschsein ist offener und nicht in drei Merksätze zu pressen.

Frau Urner bei Lanz war interessant, weil sie glaube ich weit weg ist von meinem Menschenbild und Demokratieverständnis. Aber das auszuloten müsste man viel mehr Zeit haben und ein paar Tage lang mit ihr diskutieren können.

Karl-Heinz Weiß | So., 1. Juni 2025 - 12:43

Eine promovierte Quantenphysikerin, der Königsdisziplin der Physik, hat mit der "Willkommenskultur" 2015 die "Gefühligkeit" als feste Größe in der deutschen Politik etabliert. Die wenigen Gegenstimmen in den Medien, darunter der CICERO, wurden als "Rechtsaußen " gebrandmarkt. Politiker haben sehr wohl die Aufgabe, rational begründete Entscheidungen zu treffen und keinen "Stimmungen" nachzugeben. Die für die aktuelle Lage maßgebend Verantwortliche hat dies weiterhin nicht begriffen. Rätselhaft - genau wie die Quantenphysik.

Black Night | So., 1. Juni 2025 - 12:49

Und wenn man ganz fest daran glaubt, wird es was.

Deswegen plädiere ich für eine Glaubensdemokratie, weil wir schaffen das.

Und wer die Wahrheit verdreht, dass die Balken brechen, ist ein wahrer Demokrat. Weil Lügen kommen nur von den Bürgern, deswegen gibt es vermutlich ab 01.07.2025 ein neues Gesetz das besagt das der Staat immer recht hat & die "Wahrheit" sagt. Jawohl unser neuer Erziehungsberechtigter geht an den Start. Und wer dagegen verstößt, geht nach New Jersey. Ironie off.

Wir Bürger sollten uns sowas von schämen, weil wer Gefühle zeigt ist nicht richtig sortiert. In diesem Sinne, bis nachher!