
- Die Scheinheiligen
Die Fußballindustrie genießt während der Pandemie politische Sonderrechte. In gesellschaftlichen Fragen hat sie meist nur Symbolik zu bieten. Wie muss sich der beliebteste Sport reformieren, damit es dem Gemeinwohl besser geht?
Theater, Museen und Opern sind seit Monaten geschlossen, doch der Fußball rollt weiter. Die Bundesliga spielt vor leeren Rängen, so sichert sie sich hohe Einnahmen aus der Fernsehvermarktung und bewahrt einige Vereine vor der Insolvenz. Große Klubs wie der FC Bayern reisen für die Champions League durch europäische Risikogebiete. Heimspiele gegen Vereine aus der „Mutationszone“ England werden wegen des Einreiseverbots nach Deutschland ins Ausland verlegt. Die Spieler müssen nach ihrer Rückkehr nicht in Selbstisolation. Ein Eindruck, der sich seit gut zwei Jahrzehnten aufdrängt, verfestigt sich: Die Populärkultur Fußball genießt politische Sonderrechte.
Die Deutsche Fußball-Liga DFL, die Interessenvertretung des Profifußballs, möchte dem entgegenwirken. Seit Herbst tagten mehr als 30 Spieler, Fans, Funktionäre und Politiker in einer Taskforce Zukunft Profifußball. Ein Ergebnis: Der beliebteste Sport solle nachhaltiger wirtschaften und sich gesellschaftlichen Zielen verschreiben, dem Klimaschutz, der Frauenförderung oder dem Antirassismus. Doch wie frühere Krisen bewiesen haben: Die Männerbünde der Milliardenindustrie drehen sich um sich selbst. Tatsächliche Reformen? So gut wie unmöglich.