
- Die Wahrheit, eine Idee
Florian Henckel von Donnersmarck inszenierte mit „Das Leben der Anderen“ einen Welterfolg und Oscar-Gewinner, mit „The Tourist“ einen Flop. Nun „Werk ohne Autor“ über den Maler Gerhard Richter, aber auch über Kunst als Schock und Wahrheit als Idee
Der Name war Programm: „Wert des Lebens“. Die oberösterreichische Landesausstellung des Jahres 2003 fand auf Schloss Hartheim bei Linz statt, einem heiteren Renaissancebau, der verbrecherischen Zwecken gedient hatte. In der „Landesanstalt Hartheim“ wurden von Mai 1940 bis August 1941 über 18 000 körperlich und geistig behinderte und psychisch kranke Menschen erst ermordet, dann verbrannt. Weißer Rauch drang damals täglich aus dem Schornstein, weithin sichtbar, riechbar. Den Besuch dort an einem heißen Sommertag vor 15 Jahren werde ich nie vergessen. Auf Steinböden war der Weg markiert aus den Zimmern in die Gaskammer, 25 Quadratmeter, sechs Brauseköpfe. 18 269 letzte Gänge.
Als der von den Nationalsozialisten entfesselte Zweite Weltkrieg vorüber war, hielt Alexander L. Dymschitz Vorträge und schrieb Aufsätze. Wie sollte die Kunst nach so viel Grauen wieder sehen lernen? Dymschitz, von 1945 bis 1949 sowjetischer Kulturoffizier in Berlin, brachte das Konzept des sozialistischen Realismus in die SBZ. Er propagierte parteiische Kunst. Von Dymschitz stammt die Aussage, es sei falsch, „den Menschen nicht als ein gesellschaftliches Wesen, sondern als Menschen an sich zu betrachten“. Gefragt sei vielmehr „wahrheitsgetreue Kunst aus sozialer Verantwortung“. Die „Wahrheit über die Wirklichkeit“ liege keineswegs im Individuellen. Schon Lenin habe die „wahrheitsgetreue Typisierung“ geschätzt.