
- Die Schuld der Anderen
Beim Dreh von „Rust – Legende des Westens“ erschoss Hollywoodstar Alec Baldwin versehentlich eine Kamerafrau. Dem tragischen Unfall folgte ein Medienspektakel. Der ästhetische Western kritisiert eine puritanische Gnadenlosigkeit, deren Opfer er selbst wurde.
Die Tragödie ereignet sich an einem sonnigen Tag im Oktober 2021. In der Holzkirche einer Kulissenstadt im Bundesstaat New Mexico probt Alec Baldwin seine nächste Szene. Er ist der Hauptdarsteller in dem Western „Rust – Legende des Westens“. Es sei eine „cold gun“, sagt der Regieassistent, als er Baldwin einen Revolver übergibt. Also eine Waffe, die entweder leere Hülsen oder Requisitenmunition enthält. Der Colt SAA Flattop Target ist eine besonders robuste und einfach zu bedienende Pistole. Seine Beliebtheit, vor allem im Wilden Westen, bescherte ihm makabre Spitznamen wie „Peacemaker“ (Friedensstifter) oder „Equalizer“ (Gleichmacher). Während der Probe steht Regisseur Joel Souza hinter der Kamerafrau Halyna Hutchins. Baldwin zieht die Waffe und zielt auf die Kamera. Dann passiert das Unvorstellbare: Eine Kugel verlässt den Lauf und trifft die 44-jährige Hutchins tödlich. Das Geschoss verwundet auch Souza. Doch er überlebt.
Nicht zum ersten Mal wird ein Filmcrewmitglied Opfer einer Requisitenwaffe. 1993 verstirbt Brandon Lee, Sohn von Kung-Fu-Legende Bruce Lee, am Set von „The Crow – Die Krähe“. Seitdem diskutiert die Branche über Sicherheitsstandards und ein Verbot wie auch immer geladener Waffen. Nach Halyna Hutchins tragischem Tod wurden die Dreharbeiten zu „Rust“ unterbrochen. Anschließend stürzten sich die Medien auf das juristische Nachspiel. Im Fokus dabei stets die Frage nach dem Schuldigen. Es folgten mehrere Klagen mit heftigen Vorwürfen seitens der Staatsanwaltschaft von New Mexico. Inwiefern diese begründet sind, ist für Außenstehende schwer nachzuvollziehen. Zweifelfrei wurden beim Dreh schwerwiegende Fehler gemacht und Sicherheitsvorschriften nicht eingehalten. Doch die Härte und Gnadenlosigkeit, die die Justiz den offenbar nachlässigen und teils unerfahrenen Verantwortlichen entgegenbrachte, wirkt – bei allem Verständnis für die Empörung, dass ein solcher Unfall geschehen konnte – seltsam unerbittlich.
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