Tom Cruise
Tom Cruise in „Mission: Impossible – The Final Reckoning“ / 2025 Paramount Pictures

Film der Woche: „Mission: Impossible – The Final Reckoning“ - Mission vergeigt

Zum letzten Mal schlüpft Tom Cruise in die Rolle des Agenten Ethan Hunt. „Mission: Impossible – The Final Reckoning“ ist der achte Teil der erfolgreichen Reihe. Leider enttäuscht der Film mit einem verkorksten Plot, langatmigen Stunts und aufgesetzter Tiefgründigkeit.

Autoreninfo

Ursula Kähler ist promovierte Filmwissenschaftlerin und arbeitete unter anderem am Deutschen Filminstitut & Filmmuseum in Frankfurt am Main. Sie veröffentlichte „Der Filmproduzent Ludwig Waldleitner“ (2007) und „Franz Schnyder. Regisseur der Nation“ (2020).

 

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Kaum zu glauben, aber wahr: Vor nunmehr 29 Jahren erschien der erste Teil der Franchise „Mission: Impossible“. Den lässigen, rebellischen Agenten Ethan Hunt spielte der New Yorker Tom Cruise, einer der größten Hollywoodstars der 80er und 90er Jahre. Schon damals gehörte er der Sekte Scientology an. In der Öffentlichkeit spielte dies noch keine Rolle. 

Brian De Palma führte Regie, einer der wichtigsten Vertreter der Ära des New Hollywood. Das Remake der US-Spionage-Serie „Kobra, übernehmen Sie“ tauchte er virtuos in eine Neo-Noir-Finsternis. Die Digitalisierung steckte noch in den Kinderschuhen. Gejagt wurden Bösewichte aus Fleisch und Blut. Der smarte, überschaubare Plot spielte mit den Motiven Täuschung, Verrat und Identität. Die ikonische Einbruchszene in einen CIA-Tresorraum, in der Hunt waagerecht an einem Seil befestigt aus einem Computer eine Datei kopiert, schrieb Kinogeschichte.

Der letzte Kampf

Über die vergangenen drei Jahrzehnte versorgte Hauptdarsteller und Produzent Cruise seine Fans mit immer neuen Sequels. Leider baute die Reihe mit der Zeit ab. Die geniale Schlichtheit aus „M:I – 1“ wich einem immer aufgeblähterem Plot, der nun im vergeigten Finale gipfelt. Diese Woche erscheint der achte Teil. Laut Titel die letzte Abrechnung: „Mission: Impossible – The Final Reckoning“. Wer den siebten, „Dead Reckoning“, nicht kennt, wird Verständnisprobleme haben. Vor allem aber nerven während der ersten 60 Minuten zahlreiche Rückblenden und schier endlose Erläuterungen, die nachträglich einen dramaturgischen Bogen innerhalb der Gesamtreihe konstruieren und Tiefgründigkeit suggerieren sollen.

Ethan Hunt ist mittlerweile deutlich in die Jahre gekommen. Doch das ist keinesfalls das Problem dieses Films. Trotz seiner 62 Lenze ist Tom Cruise immer noch athletisch, agil und attraktiv. Während der Monate vor dem Dreh verzichtete er offensichtlich auf die geliebten Botox- und Filler-Injektionen. Seine faziale Muskulatur hätte also Zumba tanzen können. Allein das muss sie gar nicht. Denn Cruise gibt den gereiften Agenten als nachdenklichen, melancholischen Mann, der in den letzten Kampf zieht. Auf dem Spiel steht nichts Geringeres als das Überleben der Menschheit.

Kapern eines Doppeldeckers

Der Plot zu „The Final Reckoning“ ist so bizarr wie konfus. Hunt und sein Team – darunter Grace (Hayley Atwell), Benji (Simon Pegg) und Luther (Ving Rhames) – müssen eine künstliche Intelligenz namens „Die Entität“ davon abhalten, die Welt zu zerstören. Das Kernmodul dazu befindet sich in einem versunkenen russischen U-Boot. Es enthält den Quellcode der dämonischen Software, für den Cyberspezialist Luther ein neutralisierendes Schadprogramm entwickelt hat. Der KI ist es bereits gelungen, mittels Falschnachrichten im Internet die Weltbevölkerung zu manipulieren. Wofür und warum bleibt unklar. Weitaus tragischer ist allerdings ihre Fähigkeit, sich Zugriff auf sämtliche weltweit existierenden Atomwaffenarsenale zu verschaffen. Die USA werden von der schwarzen Präsidentin Erica Sloane (Angela Bassett) regiert. Letztere erteilt Hunt den Auftrag, die nahende Apokalypse zu verhindern.

Die internationale Mission führt die Truppe nach Österreich, England, Alaska und Südafrika. Dabei treffen die Agenten auf alte Bekannte, etwa den CIA-Chef Eugene Kittridge (Henry Czerny) oder William Donloe (Rolf Saxon), den wir aus „M:I – 1“ als Mitarbeiter der CIA-Zentrale in Langley mit Magen-Darm-Problemen kennen. Nach dem bereits erwähnten Datenklau im Hochsicherheitsraum, versetzte man ihn auf die St.-Matthew-Insel in der Beringsee. Dort befindet sich eine Sonaranlage aus der Zeit des Kalten Kriegs. Mit Hilfe dieser konnte sich Dunloe die Koordinaten des gesunkenen U-Bootes merken, die er Hunt verrät. 

Trotz ihrer enormen Länge und Absurdität strotzt die folgende Unterwasser-Sequenz vor Atmosphäre und Spannung. In unendlicher Tiefe taucht der Held zum Schiffswrack, schwimmt durch Luken, quetscht sich durch Gänge, entledigt sich aus Platzgründen seines Sauerstofftanks und beendet schließlich sogar die Versorgung damit. Nur in Badehose bekleidet, gelangt er zur Wasseroberfläche (ja, dieser Hunt muss Lungen aus Stahl besitzen) und treibt bewusstlos, gekrümmt wie ein Fötus, unter schneeweißen Eisschollen. Hier gelingen Regisseur Christopher McQuarrie beeindruckende und poetische Bilder.

Der Action-Höhepunkt ist das Kapern eines Doppeldeckers, der vom Entität-Agenten Gabriel (Esai Morales) gesteuert wird. Dabei springt Hunt von seinem eigenen Flugzeug auf das des Rivalen, klammert sich primatengleich an Flügelstreben und Tragflächen – das Ganze während des Fluges durch eine afrikanische Gebirgsschlucht. Und wieder wirkt es so, als habe Cruise tatsächlich alle Stunts selbst übernommen. Gewiss will der geneigte „M:I“-Fan solche Hirn-aus-Szenen – bloß bitte straffer – unbedingt sehen. Doch kommen diese zu selten vor. Immerhin versöhnen die klassischen „M:I“-Elemente: die Silikon-Gesichtsmasken, die sich selbst zerstörenden Ton- und Videobänder, Hunts Sprinteinlagen und natürlich die ursprünglich für die TV-Serie von Lalo Schifrin komponierte Musik, die inzwischen Kultstatus erlangt hat.

Ein Ding der Unmöglichkeit

Das eigentliche Ärgernis dieser 170 Minuten dauernden filmischen Megalomanie basiert auf seiner ideologisch infiltrierten Story. Angefeuert von vulgär-existentialistischen Ergüssen des väterlichen und zum Märtyrer mutierenden Luther („Unser Leben ist die Summe unserer Entscheidungen“) befreit sich Ethan Hunt all seiner persönlichen Schicksalsschläge, um in der Folge selbstermächtigt die Welt zu retten. Dass dabei die Lehre des Scientology-Gründers L. Ron Hubbards mitschwingt, ist unübersehbar. Hunt ist das Idealbild des operierenden Thetans, dessen Dynamik durch gelungenes Clearing die Gesetze der Natur und alles Böse überwindet.

Auch einem gegenwartsbemühten Nationalismus wird gehuldigt. Denn die Atomstaaten wären im Prinzip in der Lage, das drohende Unheil einfach selbst abzuwenden, indem sie ihre Waffen vom digitalen Steuerungssystem trennen – sprich: entschärfen. Kooperation scheint indes ein Ding der Unmöglichkeit zu sein. Lieber lässt man sich von einer wildgewordenen KI vernichten, als vermeintliche nationale Interessen zu opfern. Welche Nation am Ende der heilsbringende Wohltäter ist, dürfte klar sein. Zu schade. Das Finale dieser einst so glorreich begonnenen Reihe endet in einem geschwätzigen, USA-verherrlichenden Synapsen-Salto mit fragwürdigem Subtext.  

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Dr. Michael Bauer | Mi., 21. Mai 2025 - 17:15

Also zumindest der Trailer lässt Ihre Rezension recht sauertöpfisch wirken …😅