
- California, here I come
Martin Semmelrogge malt sich seine letzten Stunden in seinem Sehnsuchtsland Amerika aus. Teil davon ist ein formschönes Automobil mit genügend Pferdestärken und die Musik der großen Alten des Rock ’n’ Roll.
Ich höre das Rauschen des Meeres. Die Brandung umspült meine Füße. Ich stehe an einem einsamen Strand im kalifornischen Big Sur und blicke auf den Pazifik. Ich weiß, heute ist mein letzter Tag, und doch muss ich an die Unendlichkeit denken.
Ich bin ein Optimist und glaube daran, dass es immer weitergeht im Leben. Dabei ist es absurd. Denn der Tod steht immer neben uns. Wir werden schon auf dem Sarg geboren. Doch warum soll es nach dem Leben nicht weitergehen? Wir wissen es bloß nicht. Vielleicht werden wir wiedergeboren, und ich werde ein Farmer in Amerika, meinem Sehnsuchtsland – oder ein einsamer Kojote in der Prärie. Charles Bukowski spricht mir aus der Seele: „Wir werden alle sterben, jeder von uns, was für ein Zirkus! Das alleine sollte uns dazu bringen, uns zu lieben, aber das tut es nicht. Wir werden terrorisiert von Kleinigkeiten, zerfressen von gar nichts.“
Ich will diesen Tag so bewusst verbringen wie möglich. Ich jogge mit meinen zwei Hunden Buddy und Teddy am Strand entlang, um noch einmal meinen Körper zu spüren, und breche dann auf zu meiner letzten Fahrt. Ein formschönes Automobil mit genügend Pferdestärken hat mein Herz schon immer höher schlagen lassen. Ich cruise mit meiner Frau Regine und den beiden Hunden in einem Cabriolet den Highway 1 an der Küste entlang und höre die Musik der großen Alten des Rock ’n’ Roll: die Beatles, Jimi Hendrix, die Doors, die Rolling Stones.
Hinein in die Nacht
Ich bin ohne eine feste Bindung an eine Glaubensgemeinschaft aufgewachsen. Meine Mutter war Anthroposophin, und meinem Vater, einem Künstler, der aus der DDR floh, war vor allem die Freiheit der Kunst heilig. Ich denke, es bedarf nicht unbedingt einer Religion, um an Gott zu glauben. Es ist natürlich erfüllend, fest verwurzelt in einer intakten Kirchengemeinde zu leben und einen tollen Pfarrer zu haben, doch ich gebe mich damit nicht zufrieden. Gott ist so mannigfaltig, dass ich kein klares Bild von ihm habe. Er ist für mich das Ideal der Liebe, wie Bukowski es beschwört. Der Mensch ist ein Wunderwerk. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir mehr sind als nur Fleisch und Blut. Wir haben eine Seele, die in uns wirkt und über den Tod hinaus existiert, in welcher konkreten Form das auch immer sein wird.