Dorothee Elmiger
Dorothee Elmiger / picture alliance/dpa | Arne Dedert

Deutscher Buchpreis - Der abwesende Gott

Der Deutsche Buchpreis für Dorothee Elmiger ruft breiten Jubel hervor – und wir stimmen ein, weil das Votum keiner Agenda folgt. Es ist einzig und allein ein Votum für große Kunst!

Autoreninfo

Björn Hayer ist habilitierter Germanist und arbeitet neben seiner Tätigkeit als Privatdozent für Literaturwissenschaft als Kritiker, Essayist und Autor.

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Die Liste mittelmäßiger, mitunter gar schlechter Bücher, die man im Laufe eines Lebens liest (nicht nur als Kritiker), ist lang. Selten, vielleicht nur alle paar Jahre, erlebt man dann eine Epiphanie – wenn einem wirklich mal ein einzigartiges und nachwirkendes Werk in die Hände fällt. Dorothee Elmigers „Die Holländerinnen“, die geradezu zwingende und richtige Wahl für den Deutschen Buchpreis, gehört genau in diesen überschaubaren Kreis an Lektüren!

Von Anfang an gerät man in den Sog des Textes, vor allem wegen seiner virtuosen Rätselhaftigkeit. Eine Autorin erhält via Telefon die Einladung zu einem Theaterprojekt im Urwald. Dort angekommen, wird sie direkt eingebunden in die sichtlich an Christoph Schlingensiefs Arbeiten erinnernde Stückentwicklung. Im Zentrum stehen die beiden titelgebenden und im Dschungel verloren gegangenen Frauen. Nun, das eigentlich Brisante dieses Werks offenbart sich unterhalb der bloßen Story. Es geht der 1985 geborenen schweizer Schriftstellerin, die seit ihrem ins Utopische ausgreifenden Debüt „Einladung an die Waghalsigen“ auf durchweg mutige, weil anspruchsvolle ästhetische Designs setzt, um weitaus mehr als einen Krimi oder einen Künstleroman. Vielmehr erweist sich ihr Text als eine Suche nach dem Metaphysischen. 

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Dr. Michael Bauer | Do., 16. Oktober 2025 - 12:35

Man lese sich die Rezensionen auf Amazon durch und erhält dann ein durchwachsen differenziertes Bild. Ein Durchschnittswert von 3,7 ist eher mässig. Zudem bewerten ähnlich viele Leser mit 5 Sternen wie mit 1 Stern. Klingt eher nach der Kategorie „Intellektuelle Lesearbeit“.

Klaus Funke | Do., 16. Oktober 2025 - 15:08

Ich kann nur ein wenig beitragen, denn ich lese Preisträgerbücher schon seit Jahren nicht mehr. Seit Uwe Tellkamp das Buch passend zur Politik geschrieben hatte. Prompt kam damals Lob von dort. Frau Biedenkopf äußerte sich lobend. Eine Literatursachverständige war sie wohl nicht. Wie gesagt, seither lese ich solch vermeintliche Tendenzliteratur nicht mehr. Der deutsche Buchpreis ist längst kein Literaturpreis mehr, er ist ein politischer Preis, der dem Mainstream huldigt und alle Tendenzen aufgreift. "Ach wenn es Mode würde, zu verblöden..." wünschte sich einst Erich Kästner. Sein Wunsch blieb bis heute nur teilerfüllt. Zu viele Blöde leben noch unter uns und kriegen Preise. Damit meine ich natürlich nicht Frau Elmiger. Aber: Als ich die diesjährige Preisträgerin ihre Dankesworte mit Gendereinsprengseln sagen hörte, zappte ich via Fernbedienung zu einem anderen Sender. Die also auch, dachte ich. Schade... Ihren Roman werde ich nicht lesen, schon allein deswegen. Eine Autorin, oh weh.