Wolfgang Niedecken sitzt in seiner Bibliothek auf einem Sofa vor einem großen Bücherregal
Den deutschen Kanon findet man bei Wolfgang Niedecken nicht – der Rockmusiker bevorzugt amerikanische Literatur / Frank Schoepgens

Bibliotheksporträt - Zahlen zählen hier nichts

Der Rockmusiker und BAP-Gründer Wolfgang Niedecken lässt Bücher wuchern wie Efeu. Neben Bildbänden und Sachbüchern dominiert amerikanische Literatur, aber Böll ist auch dabei

Autoreninfo

Oliver Uschmann kam 1977 in Wesel zur Welt und hat als Schriftsteller und Leiter für literarische Workshops bereits Hunderte von Schulen aller Formen besucht. Einige seiner Jugendromane werden bereits von Schülern in Serbien und Polen gelesen. Derzeit arbeitet er gemeinsam mit seiner Frau und Ko-Autorin Sylvia Witt an neuen Stoffen

So erreichen Sie Oliver Uschmann:

„Wenn ich bloß wüsste, wem ich den dritten Band aus Richard Fords Sportreporter-Trilogie geliehen habe!“ Im dicht gepackten Regal klafft eine Lücke. Sie ist deutlich zu erkennen, obwohl in der Bibliothek alles wächst und wuchert, als hätten sich die Regale einst wie Efeu an der Wand ausgebreitet. Jeder freie Millimeter beherbergt Souvenirs und Artefakte ereignisreicher Lebensabschnitte.

An einem zwischen die Bücher gesteckten Bambusstab hängen Wimpel und der Gitarrengurt, den Michail Gorbatschow unterschrieben hat. Das Autokennzeichen mit der Aufschrift „862-BAP“ aus New York hat ein amerikanischer Rentner geschickt, der die Kölner Band nicht kannte, dem aber zugetragen wurde, dass sie das rockmusikalische Bewusstsein in Deutschland geprägt hat. Das Schild teilt sich das Fach mit dem Lebenswerk von Paul Auster, dessen „New-York-Trilogie“ den BAP-Gründer Wolfgang Niedecken tief beeindruckt hat. „Irgendwann war ich bei ihm allerdings raus“, gesteht der Sänger und Songwriter, der an den Kölner Werkschulen Bildende Kunst studierte, in Big Apple seinen Abschluss machte, bis heute malt, aber als Rocksänger berühmt wurde. Mit dem autobiografischen „Winterjournal“ habe Paul Auster ihn „zurückgewonnen“. Wie entwaffnend aufrichtig der Schriftsteller darin über das Altern schreibe, habe ihn „abgeholt“. Austers neuester Titel „4 3 2 1“ steht verschweißt im Regal.

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Dorothee Sehrt-Irrek | Mi., 21. März 2018 - 13:05

Ich war doch in Göttingen bei einem Konzert in der "ersten Reihe", aber auch bei "Ton, Steine Scherben", Inti-illimani und dieser Gruppe mit den Platanen etc.
Meine Bibliothek ist schon eher mein Gedächtnis, sonst wäre ich geendet wie Vater und Mutter.
Aber so wie die Bibliotheken berühmter Leute Erinnerungen bei mir wachrufen, so vielleicht auch umgekehrt mein Lieblings"stück" meines Wohnens, die Kastanie im Innenhof?