
- Konkurrenz für die "Goldene Himbeere"
Die diesjährigen Berliner Filmfestspiele waren ein Desaster. Als Festival des Misslungenen haben sie keine Zukunft. Das Können muss wieder mehr zählen als das Wollen
Der langjährige Festivaldirektor Dieter Kosslick verlässt die Berlinale im Moment einer fundamentalen Krise. Der von Kosslick letztmals verantwortete Jahrgang 2019 der Internationalen Filmfestspiele Berlin war ein Desaster: Stars auf dem Roten Teppich blieben ebenso die Ausnahme wie packende Geschichten, spannende Erzählweisen, überraschende Perspektiven, herausragendes Acting, originelle Kompositionen, pfiffige Kameras. Da Kosslick erwiesenermaßen ein herzlicher Mensch ist, kann es für dieses Debakel nur einen Grund geben: Er will seinen Nachfolgern Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek die denkbar besten Startbedingungen geben. Von jetzt an kann es nur bergauf gehen.
Vielleicht ist die harsche Aussage von Christoph Waltz, 90 Prozent der gegenwärtigen Filme seien „Scheißdreck“, noch zu optimistisch und auch die Auswahl-Jurys der Berlinale mussten auf einer Glatze Locken drehen. Doch warum zieht man daraus nicht die Konsequenz, auf Klasse statt Masse zu setzen? Müssen es 16 Filme im Wettbewerbsprogramm sein, reichten nicht zehn? Muss es in zahlreichen Nebenreihen einen cineastischen Overkill von rund 400 Filmen an zehn Tagen geben? Die erkennbar sinkende Nachfrage – selten sah man an den Kassenhäuschen so lange so viele grüne Lämpchen für freie Plätze leuchten – deutet auf Sättigung hin. Die Ära Kosslick war von einem letztlich unkünstlerischen Motto getrieben: Weiter, schneller, höher. Die große Zahl war das Ziel. Lugt so nicht jenes Zerrbild von Neoliberalismus um die Ecke, das man sonst auf allen Foren und Podien gratismutig geißelt?