
- Die Macht der Sprache
Der italienische Marxist Antonio Gramsci wäre gestern 130 Jahre alt geworden. Seine Ideen der Kontrolle durch Sprache sind jedoch aktueller denn je. Warum der Kapitalismus den Lauf der Geschichte trotzdem anders bestimmte, als er ihn ersann.
Souverän ist, wer über die kulturelle Hegemonie verfügt – könnte man in Abwandlung einer bekannten Sentenz Carl Schmitts sagen. Denn wer die Deutungshoheit innehat, bestimmt maßgeblich, wie Personen, Ereignisse, Statements und Idee von einer Gesellschaft bewertet und eingeordnet werden. Und er hat entscheidenden Einfluss auf den Rahmen der zu einem gegebenen Zeitpunkt in einem öffentlichen Diskurs tolerierten Ideen.
Allerdings ist der Begriff der kulturellen Hegemonie sehr viel älter als die derzeitigen Debatten um Political Correctness oder Cancel Culture, über Verbotskultur oder neuen Autoritarismus. Geprägt hat ihn der italienische Journalist und marxistische Theoretiker Antonio Gramsci – geboren gestern vor 130 Jahren, am 22. Januar 1891 in Ales, einem Dorf im Südwesten Sardiniens. Ohne seine Theorie kultureller Hegemonie missversteht man viele Phänomene unserer Zeit gründlich.
Gramscis Leben
Antonio Gramsci studierte ab 1911 in Turin, 1913 trat er in die Partito Socialista Italiano (PSI) ein und schrieb unter anderem für die Parteizeitung Avanti. 1921 wurde er Mitglied des Zentralkomitees der sich von der PSI abspalteten Partito Comunista Italiano (PCI), drei Jahre später Abgeordneter und zugleich Generalsekretär der PCI. Ungeachtet seiner Immunität wurde er am 03. November 1926 im Zuge politischer Säuberungswellen verhaftet, aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes aber 1934 aus der Haft entlassen. Im April 1937 starb Antonio Gramsci in einem römischen Krankenhaus an einer Hirnblutung.
Während seiner Haftzeit verfasste Gramsci die später so berühmt gewordenen Gefängnishefte, die Quaderni del carcere, in denen er unter anderem seine Theorie der kulturellen Hegemonie entwickelte.