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Eurokrise - Zypern wird für Merkel zum Problem

Die Teilenteignung von Spareinlagen in Zypern ist eine Zäsur bei der Eurorettung und für Merkel auch innenpolitisch ein Problem. Zypern ist erst der Anfang, Italien und Spanien könnten schon bald folgen. Der Bundestagswahlkampf könnte noch einmal spannend werden

Autoreninfo

Christoph Seils war Ressortleiter der „Berliner Republik“ bei Cicero bis Juni 2019. Im Januar 2011 ist im wjs-Verlag sein Buch Parteiendämmerung oder was kommt nach den Volksparteien erschienen.

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Viereinhalb Jahre ist es mittlerweile her, da gaben Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr damaliger Bundesfinanzminister Peer Steinbrück den Deutschen und vor allem den Sparern unter ihnen ein weitreichendes Versprechen. Ihre Spareinlagen seien sicher, versicherten die beiden. Kein Sparer in Deutschland müsse angesichts der Finanzkrise und der Lehman-Pleite um sein Erspartes fürchten. Der Staat werde dafür Sorge tragen, dass diese „keinen Euro“ verlören.

Die Staatsgarantie war zwar von Anfang an eine politische und keine rechtliche, aber auf ihr fußt seit Oktober 2008 das tiefe Vertrauen vieler Deutsche in die Politik von Angela Merkel, nicht nur in der Finanzkrise, sondern auch in der Eurokrise.

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Aber seit Freitagnacht gilt diese politische Garantie nicht mehr. In Zypern müssen die Sparer ein Teil ihrer Ersparnisse für die Eurorettung hergeben. Nicht nur die großen institutionellen Anleger und reichen Ausländer trifft die Zwangsabgabe, sondern auch die zyprischen Kleinsparer werden zur Kasse gebeten. Und auch wenn die Finanzprobleme der Mittelmeerinsel in Deutschland weit weg scheinen und alle Verantwortlichen nun betonen, Zypern sei ein Sonderfall, sind die Beschlüsse der Eurogruppe eine Zäsur und ein Tabubruch.

Natürlich ist es richtig, die Inhaber großer Vermögen zur Rettung der Banken in die Pflicht zu nehmen, vor allem in dem Steuer- und Schwarzgeldparadies Zypern. Doch dafür hätte es bessere Wege gegeben als eine Zwangsabgabe auf Spareinlagen; zum Beispiel die Umwandlung von Anleihen in Anteile der Banken. Immerhin zahlt nicht mehr der Steuerzahler allein die Zeche der Spekulanten.

Trotzdem scheinen die Brüsseler Euroretter der europäischen Realität ziemlich weit entrückt zu sein. Auf die Idee, die kleinen Sparer genauso zu behandeln wie die großen Finanzjongleure, den Kleinen schmerzhafte 6,75 Prozent abzuköpfen und den Großen nur 9,9 Prozent, die sie leicht verschmerzen können, auf eine solche Idee muss man erst einmal kommen. Dass die zyprische Regierung nach den Protesten am Wochenende nun anregt, Kleinsparern nur 3 Prozent abzunehmen, macht es nicht besser.

Die Eurorettung tritt damit in eine neue Phase. Einerseits hat die Eurozone mit ihren Beschlüssen von Freitag zurecht deutlich gemacht, dass die Eurorettung nicht mehr ganz überwiegend aus den Haushalten der Euroländer finanziert wird. Andererseits haben sich die Euroretter wieder nicht getraut, die tatsächlichen Profiteure der Eurokrise nachhaltig zur Kasse zu bitten.

Das Vertrauen in den Euro wird so weiter untergraben. Zypern ist eben nicht nur ein kleines Land an der Peripherie der EU, sondern auch ein Versuchsballon. Niemand in Europa wird die Beteuerungen glauben, dass die Teilenteignung der zyprischen Bankkunden ein Einzelfall bleibt. Vor allem Griechen, Italiener und Spanier werden nun um ihre Ersparnisse fürchten, das Vertrauen in die Stabilität und die Zukunft des Euro wird weiter sinken. Die Kritiker des Euro werden gestärkt, auch in Deutschland, wo vor allem die Angst vor einer kalten Enteignung der Sparvermögen durch Inflation groß ist.

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Mitten im Bundestagswahlkampf trifft die Diskussion über das Zypern-Rettungspaket die Wahlkämpferin Angela Merkel an ihrer empfindlichsten Stelle. Das europäische Drama ist zurück auf der innenpolitischen Bühne. Anfang April muss das Zypern-Rettungspaket im Deutschen Bundestag abgestimmt werden und die Bundeskanzlerin kann sich nicht sicher sein, dass sie unter den Abgeordneten eine Mehrheit dafür findet. Nur auf den ersten Blick scheint die innenpolitische Gefechtslage klar. Die Zahl der Kritiker ihres Eurorettungskurses in den Reihen von Union und FDP ist groß. Zuletzt hat Merkel bei den Abstimmungen über die Griechenland-Rettung und den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) mehrfach die Kanzlermehrheit verfehlt. Gleichzeitig jedoch konnte sie sich immer darauf verlassen, dass ihr die Opposition aus staatspolitischer Verantwortung und aus Sorge um Europa aus der Bredouille hilft. Je näher jedoch der Wahltag rückt, desto größer wird die Verlockung von SPD und Grünen sein, die Oppositionskarte zu spielen und die Kanzlerin mit den konservativen und liberalen Eurokritikern in den eigenen Reihen alleine zu lassen. Gleichzeitig gerät die schwarz-gelbe Bundesregierung auch von rechts massiv unter Druck. Ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl macht plötzlich die eurokritische „Wahlalternative 2013“ Schlagzeilen. Der Zuspruch auf den Gründungsaufruf ist groß und die CDU äußerst nervös. Noch existiert die Partei nur auf dem Papier, die Zeit bis zur Bundestagswahl ist knapp. Aber CDU und CSU werden reagieren müssen. Zumal die Wirtschaftswissenschaftler und konservativen Intellektuellen, die die neue Partei gründen wollen, offenbar einen Nerv an der konservativen Basis der Union treffen. Und als weltfremde Spinner, populistische Demagogen oder rechtsradikale Verführer lassen sich diese nicht verdammen. Dabei ist Zypern erst der Anfang eines möglicherweise heißen europäischen Frühjahrs. Spanien wird schon bald Milliardenhilfen aus dem ESM benötigen. Italien hat keine Regierung, die Eurokritiker von links und rechts haben im Parlament gemeinsam eine Mehrheit. Es ist überhaupt nicht ausgeschlossen, dass sich Italien ganz vom Euro abwendet. Sollte die Kanzlerin die Hoffnung gehegt haben, die dramatischen Probleme der Eurorettung und unpopuläre europapolitische Entscheidungen auf die Zeit nach der Bundestagswahl vertagen zu können, dann ist ihr dies gründlich misslungen. Das Zypern-Hilfspaket hat im Gegenteil die Achillesferse der Wahlkämpferin Merkel schonungslos offen gelegt. Wenn nun das Urvertrauen der Deutschen in die Krisenkompetenz der Kanzlerin und das Vertrauen in die Sicherheit ihrer Ersparnisse in den kommenden Wochen beschädigt wird, dann könnte der Bundestagswahlkampf noch einmal spannend werden.

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