Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil bei einem Wahlkampfauftritt / picture alliance
Strahlender Sieger bei den Landtagswahlen in Niedersachsen: Ministerpräsident Stephan Weil / picture alliance

Wahl-Analyse Niedersachsen - Die SPD kann doch noch gewinnen

Mit seinem pragmatischen Regierungsstil konnte Ministerpräsident Stephan Weil offenbar die Wähler überzeugen und verschaffte der gebeutelten SPD einen dringend benötigten Sieg. Für eine Jamaika-Koalition im Bund gibt es starken Gegenwind. Die Krise der CDU verstärkt sich

Alexander Marguier

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Alexander Marguier ist Chefredakteur von Cicero.

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Der Wahlausgang in Niedersachsen ist für die CDU gleich in mehrfacher Hinsicht bitter. Noch vor wenigen Wochen sah es so aus, als könne sie sich mit ihrem Spitzenkandidaten Bernd Althusmann berechtigte Hoffnungen auf einen Regierungswechsel unter dessen Führung machen. Und jetzt wurde sie sogar noch von der SPD überflügelt. Nach ersten Prognosen sind die Sozialdemokraten mit ihrem Ministerpräsidenten Stephan Weil stärkste Kraft geworden: Sie liegen mit 37,5 Prozent klar vor der Union (35 Prozent) und gewinnen im Vergleich zur Landtagswahl von 2013 sogar knapp fünf Prozentpunkte hinzu. Die CDU dagegen büßt einen Prozentpunkt ein und erreicht das schlechteste Ergebnis seit 1959. Es ist noch nicht lange her, 2008 war das, da kam die Union auf 48,3 Prozent der abgegebenen Stimmen. Goldene Zeiten, die nicht zurückkommen werden.

Auch die CDU keine Volkspartei mehr?

Denn inzwischen zeichnet sich immer deutlicher ab, dass nach der Marginalisierung der Bundes-SPD auch die CDU ihren Nimbus als letzte Volkspartei zu verlieren droht. Das Ergebnis der Bundestagswahl mit 32,9 Prozent sprach da Bände. Und die Erfolgsmeldung von wegen es könne gegen CDU und CSU keine Regierung gebildet werden, sollte lediglich die unübersehbare Tatsache verschleiern, dass eine „bürgerliche Mehrheit“ außerhalb jeder Reichweite liegt. Sollte bei der Union noch ein eigener bürgerlich-konservativer Gestaltungswille vorhanden sein, dann wäre eine Koalition zusammen mit den Grünen jedenfalls wenig verheißungsvoll. Aber so ist die CDU des Jahres 2017: Hauptsache Merkel regiert.

In Niedersachsen sieht die Welt da schon anders aus: Schließt man einmal gesundheitsgefährdende politische Verrenkungen aus, dann wird die dortige CDU eben nicht den Ministerpräsidenten stellen, sondern sich allenfalls mit der Rolle des Juniorpartners in einer Großen Koalition zufriedengeben müssen.

Twesten-Affäre schadet der SPD nicht

Amtsinhaber Stephan Weil hatte mit seiner ruhigen Art zu jeder Zeit höhere persönliche Zustimmungswerte als sein Herausforderer, und die Affäre um die Grünen-Abtrünnige Elke Twesten, ohne die es keine vorgezogenen Wahlen gegeben hätte, hat daran nichts geändert. Im Gegenteil: Dass Twesten ohne viel Federlesens Mitglied der CDU-Fraktion im Landtag werden konnte, hat bei den Wählern offenbar überhaupt erst den Verdacht entstehen lassen, hier sei es nicht ganz mit rechten Dingen zugegangen. Dass Althusmann als früherer Kultusminister die Gymnasialzeit auf acht Jahre verkürzt und Studiengebühren eingeführt hatte, nun aber von alledem nichts mehr wissen wollte, dürfte auch nicht für einen Vertrauensvorsprung gesorgt haben.

Schwache Siegerin AfD

Gemessen an den Zuwächsen ist in Niedersachsen zwar nicht die SPD mit ihrem Zuwachs von knapp 5 Prozentpunkten die Siegerin des Tages, sondern die AfD, welche aus dem Stand 5,5 Prozent geholt hat und erstmals in den Landtag kommt. Aber verglichen mit dem Ergebnis bei der Bundestagswahl ist dieses Ergebnis äußerst schwach. Von einem Lauf kann für diese Partei keine Rede sein, was nicht zuletzt angesichts der Austritte ehemaliger Spitzenfunktionäre kaum verwundern dürfte. Dennoch bleibt festzuhalten: Der Verlust politischer Gestaltungsmöglichkeiten für die Union in und rechts der Mitte wäre ohne das Aufkommen der sogenannten Alternative für Deutschland nicht eingetreten. Dass das ein hoher Preis für die sozialdemokratisierte „One size fits all“-Union gewesen sein könnte, darüber wird in den nächsten Tagen noch geredet werden.

Alle Jamaika-Parteien verlieren

Und zwar nicht nur in Hannover, sondern auch in Berlin. Dort dürfte das heutige Ergebnis nicht gerade als Rückenwind für bevorstehende Koalitionsverhandlungen empfunden werden. Tatsächlich haben sogar sämtliche Jamaika-Parteien heute in Niedersachsen an Zustimmung eingebüßt: CDU und FDP noch in überschaubarem Rahmen, die Grünen verloren sogar mehr als fünf Prozentpunkte. Eine überbordende Jamaika-Begeisterung, von der manche Meinungsforscher derzeit ausgehen, sieht wohl anders aus. Womöglich passt in der Politik am Ende doch nicht alles so gut zusammen, was auf Biegen und Brechen passend gemacht werden soll.

Ein bisschen Hoffnung für Martin Schulz

Die zuletzt arg gebeutelten Sozialdemokraten haben seit heute wieder ein bisschen Grund zur Hoffnung, und insbesondere Parteichef Martin Schulz wird versuchen, das niedersächsische Ergebnis für die Stabilisierung seiner eigenen Person zu nutzen. Es zeigt sich aber auch, dass der pragmatische Regierungsstil Stephan Weils verbunden mit der beherzten Innenpolitik eines Ministers wie Boris Pistorius durchaus von den Wählern honoriert wird. Vielleicht kommt diese Erkenntnis sogar im Willy-Brandt-Haus an – man könnte ja etwas daraus lernen und das Verklären von Wahlergebnissen zugunsten der Parteiführung derweil den Kollegen aus dem Konrad-Adenauer-Haus überlassen.

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Felix Gleason | So., 15. Oktober 2017 - 20:18

Was hier leider völlig ausgeblendet wird, ist, dass die "schwache Siegerin" AfD es nicht nur permanent mit den Meinungsmachern zu tun hat, die gegen sie anschreiben und senden. Ihr Landesvorsitzender sah sich am Montag vor der Wahl Durchsuchungen seiner Privaträume und der AfD-Landesgeschäftsstelle in Lüneburg ausgesetzt, was in sämtlichen Medien gesendet wurde. Am Freitag kam dann in manchen Medien die Meldung, dass die Ermittlungen eingestellt wurden.
Dieser Hintergrund gehört beleuchtet, bevor man eine qualitative Wertung vornimmt. Ich gehe aber davon aus, dass mein Posting wieder einmal Ihrer Zensur zum Opfer fällt.

am hausgemachten Zustand der Partei. Dies zu negieren, bedeutet lediglich einen Mangel an Realitätswahrnehmung und Selbstkritik.
Natürlich wird die AfD wie gewohnt dargestellt. Die Munition für die negative Berichterstattung und die daraus resultierende Verunsicherung der Wähler, hat sie allerdings selbst zur Verfügung gestellt. So viel Ehrlichkeit gehört zu einer objektiven Analyse.

Edgar Timm | So., 15. Oktober 2017 - 21:16

noch eine linke CDU - und er hat in dieser Woche begriffen, dass er grüne Fundis (KGE/Roth usw.) bekommt, wenn er grüne Realos wählt.

Susanne Dorn | Mo., 16. Oktober 2017 - 05:43

... um Inhalte zu streiten. Nicht nur im Wahlkampf. Hoffentlich demnächst auch wieder im Bundestag. Martin Schulz kann sich Stephan Weil als Vorbild nehmen. Er weiß, wie eine Partei 12 Prozentpunkte innerhalb kurzer Zeit aufholen kann. Mit Inhalten, die uns Bürger bewegen!

ingrid Dietz | Mo., 16. Oktober 2017 - 07:20

die Rot-Grüne Regierung hat eine ordentlich Klatsche bekommen !
Jetzt muss neu gemischt werden -
und das ist gut so !

Hans Schäfer | Mo., 16. Oktober 2017 - 14:56

Antwort auf von ingrid Dietz

Fakt ist auch, die Schwarz-Rote Reg. im Bund hat eine ordentliche Klatsche bekommen. Nur eine Partei zieht die Konsequenzen daraus. Die andere verkauft uns mit Hilfe der Medien, dass des Wählerwillen eine Jamaika-Koalition ist. Dass, werte ingried Dietz, ist schlecht. Der Stillstand hält weiter an.

Thomas Diebels | Mo., 16. Oktober 2017 - 07:24

Ist doch vollkommen klar: es liegt immer an den Kandidaten und deren politischem Handeln und Aussagen ( ergibt Glaubwürdigkeit )!

Die SPD hat auch deshalb bei der BT-Wahl verloren, weil sie einen Kandidaten ins Rennen geschickt hat, der absolut unglaubwürdig wirkt !

das sehe ich auch so. Und deshalb wird die SPD mit Schulz und Nahles, die beide keine Sympathie-Träger sind, auch keine Wahlen auf Bundesebene gewinnen. Übrigens die CDU mit Merkel auch nicht mehr - ihre Negativ-Wirkung auf das Niedersachsen-Wahlergebnis wurde leider unterschlagen.

kann es nicht nur liegen.
Die SPD steht auch in Niedersachsen für unterirdische Schulpolitik. Die Vertragsvergabeaffären stehen auch für das Versagen des MP. Die VW-Affäre (der MP ist im Aufsichtsrat) eine Katastrophe. Und so jemand ist der strahlende Sieger? Ich glaub mir wird schlecht.

Reiner Jornitz | Mo., 16. Oktober 2017 - 08:19

Finden sie nicht auch wenn eine Partei wie die AFD in fast allen Medien dämonisiert und unterrepräsentiert ist in seiner Selbstdarstellung und im Fernsehen negiert wird hat es gewisse Auswirkung psychologisch auf das Wahlergebnis. Dabei kommen alle aus der Mitte der Gesellschaft und sind verantwortungsbewusstere Menschen wie derzeit herrschende Politklasse . In den Medien ging es ja nur um das Kopf an Kopf Rennen von SPD und CDU . Was anderes gab es ja nicht. Es wurden im Prinzip alle Parteien abgestraft für ihre dem Wähler entgegengebrachte Verachtung .
Wo sind die Helmut Schmidts?

Peter Lieser | Mo., 16. Oktober 2017 - 08:45

Aus meiner Sicht richten sich die Wahlergebnisse eindeutig gegen Merkel und Schwarz/Gelb/Grün.
In der Hauptsache aber gegen Merkel, man will sie nicht mehr ! Die FDP hat auch direkt eine Klatsche zur Warnung bekommen, für diese mögliche, angedachte Koalition mit den Grünen in Berlin. Die Vorlage für Neuwahlen, kam aus Österreich, wahrscheinlich die beste Lösung.

Peter Huber | Mo., 16. Oktober 2017 - 08:51

In Schweizer Zeitungen steht 6,2 % für die AFD. Fast 1 % mehr ? Wird jetzt in Deutschland schon ab-oder aufgerundet, wenn es um unerwünschte Meinungen geht ?

Marianne Bernstein | Mo., 16. Oktober 2017 - 12:27

Antwort auf von Peter Huber

Vermutlich wurde der Artikel auf der Basis der ersten Hochrechnung gemacht.
Allerdings habe ich auch erwartet, dass die AfD im Laufe des Abends besser wird und dem war dann auch so.
Das vorläufige Endergebnis sieht die AfD bei 6,2% .

Peter Huber | Mo., 16. Oktober 2017 - 14:19

Antwort auf von Marianne Bernstein

Zitat : Gemessen an den Zuwächsen ist in Niedersachsen zwar nicht die SPD mit ihrem Zuwachs von knapp 5 Prozentpunkten die Siegerin des Tages, sondern die AfD, welche aus dem Stand 5,5 Prozent geholt hat und erstmals in den Landtag kommt. Zitat ende.
Dann müsste der Artikel punkt 18:00 Uhr geschrieben worden sein ? In meinem Lieblingsmagazin erwarte ich schon korrekte Angaben ;-)

Thomas Radl | Mo., 16. Oktober 2017 - 09:02

"Der Verlust politischer Gestaltungsmöglichkeiten für die Union in und rechts der Mitte wäre ohne das Aufkommen der sogenannten Alternative für Deutschland nicht eingetreten." Das ist ein Verdrehen der Kausalität, genauso wie der Unsinn, der ständig erzählt wird, dass ein "Rechtsruck" durch Deutschland gegangen sei. Die Wähler sind genau da, wo sie immer waren, nur da die Altparteien sogenannte "Mitte" ständig weiter nach links schieben, fühlen sich die Wähler nicht mehr angesprochen und/oder mitgenommen.
Und hätte die CDU nicht die Gestaltung rechts und in der Mitte zugunsten grün-linker Themen wie Energiewende oder "Ehe für alles und jeden" und vor allem die besinnungslose Grenzöffnung von sich aus komplett aufgegeben, hätte die AfD niemals irgendwelche "Erfolge" verzeichnet. Das Aufstreben der AfD sowie die Marginalisierung der Union ist einzig und allein von der Union und Merkels "Linksruck" verursacht! In Niedersachsen durfte die alte Tante SPD davon ein bisschen profitieren.

Volker Leyendecker | Mo., 16. Oktober 2017 - 09:11

Die Frage stellt sich ob Frau Merkel etwas aus dem Wahlergebnis lernt ? Oder ist ihr Motto WIR SCHAFFEN DAS , Leitlinie für die Jamaika Regierung. Deutschland hat etwas besseres verdient, als eine Regierung bestehend aus Verlierern.

Udo Dreisörner | Mo., 16. Oktober 2017 - 09:28

Antwort auf von Volker Leyendecker

... da sie ja sagte das sie nicht wüsste was sie ändern solle nach dem Bundestagswahldebakel. Änderung oder Einsicht ist bei ihr nicht vorgesehen.

Oha! Gestern in der "Berliner Runde" hat "Wer-gegen-Merkel-ist-ist-ein-Arschloch-Tauber" aber gesagt, da würde sie verkürzt und verfälscht wiedergegeben!
In der CDU wird nichts mehr gelernt oder analysiert oder gar eingesehen. Da wird nur Merkel beklatscht - und je länger geklatscht wird, umso toller kommt man sich selber vor! Wofür braucht man "Wahlergebnisse"? Total überschätzt! Wenn doch beim Parteitag stundenlang die Große Vorsitzende beklatscht wird, reicht das doch! Das sollen die anderen erst mal nachmachen!
Da kommt nix mehr, was auf Hirn schließen lassen würde, das ist alles nur noch Ar...-gesteuert! Hauptsache, man kann "nicht gegen die Union" regieren! Und - niemals vergessen: Auf JEDEN Fall irgend eine wie auch immer geartete Koalition mit der AfD kategorisch ausschließen - weil man soooo DEMOKRATISCH ist und die sind das nicht!!!!
Man kann gar nicht so viel fressen, wie man kotzen möchte - um es mit Liebermann zu sagen!

Die Erwartungshaltung an Politiker ist zu hoch. Gaucks diverse Einlassungen o. Gabriels Protestbürger-Definition zeigen weder Einsicht noch Verständnis. Merkel ist da etwas weniger eitel im Austeilen aber nicht minder arrogant: Ich wüsste nicht was ich ändern sollte. (Achtung Zeitpunkt: Der Satz kam nach der Wahl u. nicht vor der Wahl bei einem Wahlkampfpfeiffkonzert von Merkel im Osten!)

Die Arroganz können die Politiker sich leisten, weil der Souverän zwischen den Wahlen machtlos ist. Machtlosigkeit auf der einen Seite lässt den positiven wie negativen menschlichen Eigenschaften auf der anderen Seite viel Raum zur Entfaltung (siehe Milgram-Experiment).

Gerd Risse | Mo., 16. Oktober 2017 - 09:35

Meiner Meinung nach, war das Ergebnis eine Wahl gegen Merkel ! Die CDU und die möglichen Koalitions-Partner FDP + Grüne haben klar verloren.
Aber man wird uns weiterhin einreden wollen Jamaika wird vom Wähler gewünscht - wenn man ca. 1835 Personen in der Republik befragt.

Rolf Heyde | Mo., 16. Oktober 2017 - 18:40

Antwort auf von Gerd Risse

Vier Auftritte des CDU-Spitzenkandidaten mit Merkel in Niedersachsen sowie das Gewürge eines Bundesministers des Inneren (CDU) wegen eines eventuellen Feiertages für Muslime - und schon gehen die Prozente flöten. Auf der anderen Seite: Die gemeinsamen Aufritte von Weil und Schulz (auch jener den Überlegungen des BMI in Sachen Islam-Feiertag nicht abgeneigt)haben ersterem nun ganz und gar nicht geschadet und ihm trotz eines Schulzen den Wahlsieg beschert. Lag wohl auch an den sehr speziellen Persönlichkeiten beider "Genossen". Merke: Einen Schulz an seiner Seite zu haben, muss nicht per se ein Manko sein - eine Merkel allerdings sehr wohl.

Michael Bodef | Mo., 16. Oktober 2017 - 10:00

Im Land Niedersachsen ja, im Bund bleibt die SPD eine hoffnungslose Ruine, und hat mit dem Personal , das gestern abend wieder verkrampft in die Kameras lächelte, vorerst keine Chance auf Erneuerung.

Thomas Schmid | Mo., 16. Oktober 2017 - 10:08

Ich stelle fest:
1. Die niedersächsische AfD ist ein zerstrittener Haufen.
2. Die AfD hat ihre strategischen Ziele alle erreicht.
- Eigener Einzug in den Landtag und dadurch:
- Verhinderung von RRG und/oder RG
- Nichteinzug der Linken
- weitere Schwächung der Landes- und Bundes- CDU

Nun gilt es, die Partei zu einen, in ruhiges Fahrwasser zu führen und eine konstruktive Rolle als Oppositionspartei einzunehmen.

...besteht aus drei Gruppen: Idealisten, Realisten und Karrieristen. Ich kenne das nicht nur von außen, sondern auch von innen. Da gibt es zwischen den Parteien überhaupt keinen Unterschied, was es gibt, sind Kulturunterschiede.

Einen gewaltigen Unterschied gibt es aber in der medialen Behandlung. Ich hoffe, dass noch mehr Wähler diese Manipulation erkennen und sich allein auf die zu erwartende Wirkung einer Wahl und die langfristigen Ziele der Partei zu konzentrieren. Stimmungsmache jeglicher Art über echte Skandale, Intrigen von Freund und Feind, Verleumdungen usw. richtet sich langfristig immer gegen den Wähler, der sich davon beeinflussen lässt.

Der Moralfreiheit der Herrschenden kann man nur die Moralfreiheit der eigenen Wahl entgegensetzen, diesen provokativen Satz möchte ich hier einmal wagen. Dies gerichtet an die Adresse aller derjenigen Wähler, die aufgrund irgendwelcher wie auch immer gearteter, scheinbarer oder realer Skandale eine Partei nicht wählen wollen.

Jochen Röschmann | Mo., 16. Oktober 2017 - 20:46

Antwort auf von Hans-Hasso Stamer

Guten Abend Herr Stamer,

den Satz mit der Moral werde ich mir merken, vielen Dank!
Ist der zitiert (von wem?) oder von Ihnen?
Durchaus kritisch gegen Ihren Beitrag anzumerken ist aber, dass die Regierenden, allen voran die "Ober-Mutti", die Moral vor geltendes Recht gestellt hat ("Ich muss ganz ehrlich sagen, wenn wir jetzt anfangen, uns noch entschuldigen zu müssen dafür, dass wir in Notsituationen ein freundliches Gesicht zeigen, dann ist das nicht mein Land.")
Dabei darf dahin gestellt bleiben, ob es sich tatsächlich um "Muttis" persönliche Moral handelt oder diejenige der "Qualitäts-Medien", deren Reaktion auf ein "unfreundliches Gesicht" sie als Hauptentscheidung-Kriterium antizipiert hat.

Hans-Hasso Stamer | Di., 17. Oktober 2017 - 13:58

Antwort auf von Jochen Röschmann

Werter Herr Röschmann, Frau Merkel hat meiner Meinung nach nicht die Moral vor geltendes Recht gestellt, nicht im Sinne ihres Amtseides. Dies halte ich für ein mediales Narrativ.

Ja, sie hat das Recht ignoriert, weil sie fürchtete, bei einem Schließen der Grenzen medial stark wirksame, negative Bilder zu produzieren. So geht es aus dem Buch „Die Getriebenen“ hervor. Eine einmalige humanitäre Aktion hätte auch niemals so verheerende Wirkungen gehabt wie der andauernde Kontrollverlust an den Grenzen seit dem Herbst 2015.

In der öffentlichen Diskussion wird mit ethischen und moralischen Kriterien dort argumentiert, wo es in Wirklichkeit um Interessen geht. Dies zeigt ein Auseinanderklaffen zwischen Anspruch und Wirklichkeit, wie ich es zuletzt in der DDR erlebt habe.

Ja, der Satz ist von mir und ich meine ihn ernst, denn ich sehe mein Land einer fortschreitenden Zersetzung im Sinne Sieferles und Sarrazins ausgesetzt. Dagegen ist jede Form demokratischer Gegenwehr legitim.

Christa Wallau | Mo., 16. Oktober 2017 - 10:47

Landtagswahlen haben ihre eigenen Gesetze.

Daß die SPD in Niedersachsen stärkste Partei
wurde, aber die mitregierenden Grünen verloren, führe ich auf den von den Wählern
nicht als "anständig" empfundenen Parteiwechsel
der "grünen" Abgeordneten (bei dem die CDU eine dubiose Rolle spielte) zurück. Diese Angelegenheit
brachte dem - ohnehin nicht unbeliebten - bisherigen Regierungschef einen gewissen Mitleidsbonus ein.
Daraus zu schlußfolgern, daß die SPD als Ganze
wieder im Aufwind sei, ist falsch.
In der Bundespolitik wünscht sich die Mehrheit der
Bevölkerung eindeutig eine bessere Ordnungs- und
Sicherheitspolitik. Als Garantin einer solchen Politik wird die SPD n i c h t angesehen.
Und die CDU? Die hat anscheinend immer noch nicht begriffen, daß ihr Merkel inzwischen wie ein Mühlstein am Halse hängt.

Bernhard Jasper | Mo., 16. Oktober 2017 - 11:05

In diesem liebenswerten und schönen, sehr heterogenen und weitläufigen Bundesland ist Politik Langstrecke. Auswärtigen politischen Beobachtern gilt das Bundesland oft als durchschnittlich, jedoch gewinnt man heute nicht etwa mit großen ideologischen Reden auf der politischen Meta-Ebene Wahlen (oder etwa in Talkshows), sondern mit Alltagswissen. Der ehemalige Stadtkämmerer und Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Hannover, Stephan Weil (SPD), konnte diese klassischen Tugenden aus der Stadtpolitik (ein gut funktionierendes und bewirtschaftetes Gemeinwesen in der Praxis), auch in den Landtagswahlkampf einbringen. In Niedersachsen ist konzeptionelle Kompetenz gefragt, die auch durch den Innenminister Boris Pistorius (SPD) verkörpert wird.

In der Politik ist ebenso vieles eine Charakterfrage, denn das Abschneiden dieser unsäglichen „AfD“, sowie der „Linkspartei“ zeigt deutlich, dass diese Ewiggestrigen in Niedersachsen bedeutungslos bleiben. Und das ist gut so!

Ruth Müller | Mo., 16. Oktober 2017 - 13:45

... Würde die SPD sich um die Interessen der einfachen Arbeitnehmer in der digitalen wie in der analogen Wirtschaft kümmern hätten sie immer ein gutes Ergebnis. Das Problem der Migration und der moralisierenden grünen alimentierten Ideologie hat nicht nur die SPD sondern auch die CDU demontiert. Die grüne anti-evolutionäre esoterische Ideologie ist der Totengräber aller demokratischen Parteien. Vernunft, Wissenschaftlichkeit und Solidarität für die eigenen Bevölkerung gekoppelt mit kluger nicht moralisierender Sicherheitspolitik - innen wie außen sind die Zukunftsmodelle der Politik.
Weltpolitik sollte die UNO machen und nicht ein rot-grüner Provinzpolitiker auf Kosten der eigenen Unterschichten. Denn die Geschichte zeigt das prosperierende Gemeinschaften im Kern immer solidarisch sind und auch denen helfen die jenseits der Grenzen dieser leben.

Gottfried Meier | Mo., 16. Oktober 2017 - 14:47

Bei der nächsten Wahl kann das schon wieder anders aussehen. Ich glaube nicht, dass das nachhaltig ist. Wenn sich die SPD stabilisieren will,
dann muss sie sich, wie von Herrn weil gefordert,
wirklich von Grund auf erneuern. Meine Befürchtung ist jedoch, dass das wieder nur so eine Floskel ist.

Bei den beiden Wahlen gab es hinsichtlich der Spitzenkandidaten doch auch einen deutlichen Unterschied, der vielleicht das gute Abschneiden der SPD in NS mit erklärt. Herr Weil ist einfach nicht so großmäulig wie Herr Schulz aufgetreten. Das Cassius-Clay-Gehabe von Herrn Schulz fand ich nicht sehr kompetent.

helmut armbruster | Mo., 16. Oktober 2017 - 17:49

genau so wie Ebbe und Flut zum Meer.
Machterhalt à la Merkel, nämlich als Selbstzweck und um jeden Preis, kann man fast schon demokratiefeindlich nennen.
Denn gerade das ist nicht Sinn und Inhalt einer Demokratie.
Das CDU-Fußvolk merkt jetzt, dass mit Merkel alleine keine Wahlen mehr zu gewinnen sind. Es beginnt sich zu fragen, ob Listenplatz und Pöstchen mit AM und ihrem "weiter so" in naher Zukunft noch sicher sind.
Wir werden vermutlich bald sehen wie langjährige Loyalitäten brökeln werden.

Wilhelm Maier | Mo., 16. Oktober 2017 - 19:30

"Die Liberalen hätten sich vor der Landtagswahl klar festgelegt, dass sie nicht als "Steigbügelhalter für die Fortsetzung der rot-grünen Politik" zur Verfügung stünden. Diese Aussage habe weiterhin Bestand.!" Also: ein bischen Schwarz soll doch dabei sein!. Bald sind doch? die grüne mit gelbe zusammen.
Na ja, die "gelbe und die grüne", wenn die alle wieder nicht dabei sind, ist das "Leben noch so Schön."

Andreas Götte | Mo., 16. Oktober 2017 - 21:39

"Gut Ding will Weile haben - die SPD schafft das sogar ohne e. Wahnsinn, dabei hat Weil genauso wie vorher Merkel bei der Bundestagswahl in erster Linie vom Amtsbonus profitiert. Aber wahrscheinlich bricht im Willy-Brandt-Haus jetzt ein gewisser Weil-Hype aus. Man klammert sich halt gern an jeden Strohhalm. Dabei wird man weiter zwischen der linksgerutschten CDU, den Linken und den Grünen zerrieben. Schulz ist nach seiner Niederlage verbrannt und müsste den Weg frei machen - bis das jedoch die ehemalige Volkspartei kapiert, ist sie wahrscheinlich in der politischen Bedeutungslosigkeit verschwunden. "Gut Ding will Weile haben..."

Willy Ehrlich | Di., 17. Oktober 2017 - 14:04

Sie sogenannter Chefredakteur. Da Sie munter mit bewusster und gewollter Diskriminierung weitermachen, würde mich schon einmal der Nachweis interessieren, dass Sie jemals von der "sogenannten" Linken oder Linkspartei gesprochen und geschrieben haben.

Der Verfasser war, ist und bleibt Jahrzehnte langer Anhänger der FDP.

Olaf Voß | Mi., 18. Oktober 2017 - 18:57

In Niedersachsen verhält es sich ähnlich wie in Hamburg: Es genügt einem Holzpflock eine rote Socke überzuziehen und schon wird fleißig SPD gewählt. Können ist da nicht von Bedeutung; da ich in Hamburg lebe, weiß ich wovon ich spreche. Niedersachsen nimmt sich da nichts.