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Facebook, Heiko Maas und Cicero - Das ist die letzte Warnung

Die Netzgemeinschaft ist laut und meinungsstark. Facebook erlaubt ihr fast alles. Und das ist ein Problem. Denn statt Auseinandersetzung mit Anstand grassiert Aggression ohne strafrechtliche Grenzen. Auch die Kommentarspalten unter Cicero-Artikeln werden für geschmacklose Entgleisungen missbraucht

Autoreninfo

Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

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Justizminister Heiko Maas hat sich ermannt. Er stemmt sich gegen die Flut des Unflats im Netz und verlangt von Facebook, der großen digitalen Müllschleuder, dass sie garantiert, was von der Leserbriefseite jeder Zeitung und Zeitschrift zu Recht erwartet wird: alles, was da steht, muss vom Recht auf Meinungsfreiheit gedeckt und darf nicht strafrechtlich relevant sein.

Es ist ein asymmetrischer Krieg, den der Minister da aufnimmt. Weil die schiere Masse des Mülls im Netz es fast aussichtslos erscheinen lässt, mit den zuständigen Strafverfolgungsbehörden den Verfehlungen und Entgleisungen jenseits des guten Geschmacks nachzugehen. Während einer der Kommentatoren verfolgt wird, lassen tausende andere schon wieder ihrer Aggressionen freien Lauf, die so nicht stehen bleiben können.  

Facebook hat nun auf den Brief des Ministers reagiert und Fehler eingeräumt, sich aber zugleich dahinter verschanzt, dass die Leserkommentare im Ausland geprüft würden und dass da deshalb manches durchrutschen würde. Was für eine erbärmliche Antwort, mit der der Fall nicht abgeschlossen ist, sondern eigentlich erst richtig beginnt.

Die NDR-Kollegin Anja Reschke hat sich vor kurzem harsch zu den Kloaken-Kommentaren geäußert. Und auch wir hier bei Cicero haben damit ein großes Problem. Wir sind ein Debattenmagazin und freuen uns deshalb grundsätzlich über unsere Community, die zum überwiegenden Teil fundiert, im gegenseitigen Respekt und mit guten Argumenten Gedankenanstöße und Analysen aus der Redaktion weiterdiskutiert. Das freut uns sehr.

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Zugleich haben Kommentare zugenommen, die sich unterhalb jeder Gürtellinie bewegen und auch außerhalb des rechtlichen Rahmens. Kürzlich wollte jemand die Mailadresse eines anderen Diskutanten, um sich für gemeinsame Schießübungen gegen Flüchtlinge zu verabreden.

Wir in der Redaktion starren fassungslos auf solche Posts. Vor einiger Zeit haben wir daher beschlossen, dass sich auf unserer Seite nur noch Personen zu Wort melden können, die ihren vollen Namen und ihren Wohnort angeben. Niemand soll sich mehr hinter der Anonymität des Netzes verstecken können. Wir waren nicht so naiv zu glauben, dass da nicht auch geschummelt werden kann. Dazu bedurfte es nicht einer angeblichen Kommentatorin namens Vera R. Schung, die wir schnell wieder abgeräumt haben.

Jetzt aber ist es Zeit für eine letzte Warnung, ganz persönlich. Als Chefredakteur bin ich im Sinne des Presserechts verantwortlich für alles, was bei Cicero steht, sowohl im Heft als auch online. Zugleich sind wir eine Manufaktur, kein Großbetrieb. Weder haben wir die Manpower, drei Leute hauptamtlich ans Flöhen der Kommentare zu setzen. Noch haben wir eine Rechtsabteilung im Kreuz, die jeden dritten Kommentar prüft, ob das so geht.

Deshalb, hier und jetzt und klipp und klar: Entweder das hört auf, oder wir schalten die Kommentarfunktion ab. Das ist die letzte Warnung.

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