Proteste am Freitag bei der Tagung des Synodalen Wegs in Frankfurt. /Synodaler Weg/Maximilian von Lachner

Vierte Versammlung des „Synodalen Weges“ der Katholischen Kirche  - Die Tränen, der Papst und die neue Orthodoxie der Reformer

Der Reformprozess der Katholischen Kirche stand am Wochenende in Frankfurt kurz vor dem Scheitern. Zu ungeübt waren Bischöfe und Laien in demokratischen Verfahren. Zu unversöhnlich standen sich manche beim „Synodalen Wege“ gegenüber. Der schwerere Weg aber steht den Bischöfen im November noch bevor: eine Dienstreise nach Rom. 

Autoreninfo

Volker Resing leitet das Ressort Berliner Republik bei Cicero. Er ist Spezialist für Kirchenfragen und für die Unionsparteien. Von ihm erschien im Herder-Verlag „Die Kanzlermaschine – Wie die CDU funktioniert“.

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Beim CDU-Parteitag hat keiner geweint, nachdem die Frauenquote beschlossen wurde, obwohl in einer emotionalen Debatte vor allem junge Frauen gegen die Regelung gekämpft hatten. Die Enttäuschten hatten sich im Griff. Ganz anders bei der ebenfalls  am Wochenende beendeten vierten Plenarversammlung des „Synodalen Weges“ der katholischen Kirche in Frankfurt. Als dort am Freitag der so genannte Grundlagentext zur Sexualmoral am Votum einiger Bischöfe scheiterte, brach sich die Enttäuschung bei einigen Delegierten Bahn. Es flossen Tränen, es kam zu einer spontanen Kundgebung und ein Plakat wurde hochgehalten: „Kein Raum für Menschenfeindlichkeit“. Ein massiver Vorwurf also, nur wegen einer Abstimmungsniederlage? 

Der Reformprozess der Katholischen Kirche, der 2019 begonnen hat, soll grundlegende Veränderungen – vor allem auch vor dem Hintergrund der Missbrauchsproblematik und anderer Krisen – auf den Weg bringen. Dazu gehört etwa: mehr Macht für Laien, verheiratete Priester, Gleichberechtigung für Frauen und die Neubewertung von Homosexualität. Am Freitag stand der Synodale Weg kurz vor dem Scheitern. Grund: das abgelehnte Reformpapier. Unerträglich war es der einen Seite, dass eine bischöfliche Minderheit auf der anderen Seite Reformen bei Themen wie auch Empfängnisverhütung oder Geschlechteridentitäten in der vorliegenden Form ablehnte. Zur Verabschiedung war laut Statut nicht nur eine Mehrheit der Anwesenden, sondern eine qualifizierte Mehrheit der Oberhirten notwendig. Dazu fehlten ein paar Stimmen. 33 der anwesenden 60 Bischöfe votierten für das Reformpapier, damit wurde die Zwei-Drittel-Mehrheit verfehlt. 

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Karl-Heinz Weiß | Di., 13. September 2022 - 08:10

Der Papst hat recht: wer in Deutschland eine Kirchenrevolution will, hat eine Alternative. Er selbst hat klar zu erkennen gegeben, dass er gewillt ist, lieber seine verbliebene Priesterriege in übergroßen Seelsorgeeinheiten (bittere Ironie!) zu opfern als Frauen den Zugang zu geweihten Ämtern zu ermöglichen. Dabei sollte man sich mit seinen oft Irrlichternden Meinungsäußerungen nicht täuschen lassen.

Gabriele Bondzio | Di., 13. September 2022 - 08:50

des Synodalen Weges. Die Beteiligten spielen bisweilen nicht nur schlecht Demokratie,..."

Mal abgesehen, dass ich mich in Kirchlichen Angelegenheiten schlecht auskenne.
Seit wann sind diese Strukturen innerhalb der Kirche (und auch noch der katholischen) demokratisch?
Es ist und war (meines Erachtens) schon immer eine Hierarchie.
Mit festgelegten Rechte, Befugnisse und Zuständigkeiten.

Und der Festlegung, dass Sex nur in der Ehe seinen Platz hat.
"In vielen Kreisen des Vatikans – der Papst inklusive – wird die Genderforschung in erster Linie als Angriff auf die christliche Anthropologie gesehen.

Und Christliche Anthropologie ist die Lehre der bibeltreuer Sicht, dass Gott mit Adam`s und Eva`s die Welt bevölkerte.
Was ja auch aus biologischer Sicht stimmig ist.

Reformbemühungen in der Hinsicht würden ja die Grundpfeiler der Kirche einreißen.

Walter Bühler | Di., 13. September 2022 - 09:23

Wenigstens für mich ist es kaum verständlich, warum so viele Katholiken einfach der evangelischen Kirche hinterher marschieren wollen. Luther, Zwingli, Calvin haben doch schon im 16. Jahrhundert fast alle Themen gründlich durchgekaut -mit Ausnahme des Problems der Frauen in der Kirchenhierarchie.
Wenigstens in Deutschland haben aber in der Evangelischen Kirche längst die Frauen die Hierarchie übernommen, so dass man hier doch gut studieren kann, was diese Reformen aus einer Kirche letztlich machen.

Was soll in den katholischen Gemeinden denn anders ablaufen als in den evangelischen? Wäre es nicht besser, die Reforminteressierten unter den Katholiken würden sich auch dem kleinen Häuflein der evangelischen Aktiven anschließen und es stärken, statt ein zweites kleines Häuflein zu gründen, das ebenfalls ständig um seine Existenz bangen muss?

Wie gesagt, ich (evangelisch) halte das ganze Medientheater um diese "Reformer ohne Reformation" für reichlich absurd.

Ernst-Günther Konrad | Di., 13. September 2022 - 10:09

Der kath. Kirche laufen die zahlenden Mitglieder davon. Man kann auch seinen Glauben leben ohne Kirchfunktionäre. Offenkundig siegelt diese Veranstaltung exakt das wieder, was in der Gesellschaft auch gerade abläuft. Jeder will recht haben und anders denkende Menschen werden gleich als Glaubenszerstörer oder Revoluzzer gesehen. Die kirchliche Macht aber im Volk schwindet. Die Kirche kann sich dem Zeitgeist nicht entziehen, wenn sie nicht nur noch als Institution ohne Kirchenvolk am Ende dastehen will. Franziskus ist ein Blender. Er hat den Reformpapst gemimt und musste doch wissen, dass die erzkonservativen Kräfte um ihn herum, echte Reformen nicht zulassen werden, weil damit auch zwangsweise eigener Machtverlust entstehen würde.
So werden sich auf Dauer immer mehr Menschen von dieser autoritären Kirche abwenden und eigene Wege suchen. Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass der synodale Weg dereinst sich lossagen könnte von der päpstlichen Macht. Das wäre dann der Untergang.

Ich glaube auch, dass, wie schon andere Kommentatoren gesagt haben, es ein wichtigerer Punkt für die Kirche sein wird, welche Rolle Glaube, Mystik und solche Dinge spielen und dass die Kirche eher einen Platz quer zur Gesellschaft hat, d.h. dass sich in der Kirche nicht die gesellschaftlich-politischen Strömungen dominant finden, sondern dass gerade auch ein "Klimaleugner" neben einem überzeugten Europäer sitzen könnte, weil man in diesem Rahmen auch andere, gemeinsame Kategorien finden kann.

Was die Frage der kirchlichen Organisationsform angeht, würde ich (glaube ich, soweit ich es kenne) viele Forderungen des synodalen Wegs unetrstützen, sehe aber mehr, dass sich die deutschen Katholiken (sicher auch mit Millionen anderen) im Moment eher von einer deutlichen Mehrheit weltweit abwenden - weniger dass sich die Kirche von den Menschen abwendet. Das ist kein Grund nicht solche Forderungen aufzustellen, man sollte sich aber nicht einseitig als die Mitte erklären.

Christa Wallau | Di., 13. September 2022 - 10:11

"Es gibt doch schon eine sehr gute evangelische Kirche in Deutschland. Wir brauchen nicht zwei von ihnen."
Glauben die Katholiken auf dem "Synodalen Weg" allen Ernstes, daß sie mehr Menschen für ihre Kirche begeistern können, wenn sie sich so reformieren, daß sie zum Zwilling der Protestanten werden? Deren Anziehungskraft ist doch auch äußerst gering bzw. läßt rapide nach. Was also soll das Ganze bringen?
Warum wechseln die Unzufriedenen nicht einfach ihre Konfession u. werden dort glücklich mit verheirateten Pastoren (Mann o. Frau), Homosexuellen-Ehe, Gleichstellung der Laien mit Bischöfen usw. Sie bekommen dann all das, wonach sie sich sehnen und bleiben doch Christen.
Diejenigen aber, die an der katholischen Kirche gerade das traditionelle geistige Erbe und die im Katechismus festgelegten Glaubensinhalte lieben, verlieren alles, wenn sich ihre Kirche im Sinne der Synodalen völlig verändert. Für sie gibt es dann keine Heimat mehr.
Sind diese Katholiken den Reformern egal?

Markus Michaelis | Di., 13. September 2022 - 11:42

Das ist ein sehr harter Vorwurf - spricht man den Anderen das Menschsein ab?

Der Artikel hier hat wahrscheinlich Recht, dass es für viele um eine höhere Wahrheit geht, die eigentlich nicht zu diskutieren ist. So nehme ich auch viele gesellschaftliche Debatten war - mit Demokratie hat das weniger zu tun, wenn immer mehr Felder nicht mehr zu diskutieren sind. "Man" denkt sich in D oft Demokratie, Menschenrechte, Religion, Umweltschutz, Weltoffenheit und vieles mehr als eine einzige zusammengehörende und sich gegenseitig verstärkende Einheit. Oft stehen die Dinge aber im Widerspruch.

Den Papst als Menschenfeind und den eigenen Standpunkt als "Menschheitsstandpunkt" zu sehen hätte Konsequenzen. Es ist wahrscheinlich nicht nur der Papst, sondern z.B. weite Teile der Menschen in Afrika, die (noch?) nicht mitziehen? Im 19.Jh waren das Untermenschen weil nicht christlich - jetzt Menschenfeinde, weil nicht modern christlich? Viele der Forderungen fände ich gut - den Wahrheitsanspruch nicht.

Herlmut Bachmann | Di., 13. September 2022 - 12:40

Was für eine verfahrene Situation. Sowohl die "Zeitgeistigen", als auch die "Ewiggestrigen" verwechseln in guter alter Tradition Politik mit Religion. So ist die Kirche schon immer gewesen, dass macht ihr Wesen aus. Und das ist es, was die Leute aus der Kirche austreten lässt, nicht die Frage, ob Priester heiraten dürfen. Solange es gut ging mit Macht und Autorität, konnte die Kirche jahrhunderte lang verstecken, dass sie den Zugang zum Eigentlichen verloren hatten. Jetzt geht das nicht mehr, die Bedeutung einer Machtkirche schwindet und dies würde auch mit einer zeitgeistigen Kirche so sein. "Der Christ der Zukunft wird Mystiker sein, oder er wird nicht sein". Um diese Frage geht es eigentlich.

Gabriele Bondzio | Mi., 14. September 2022 - 11:31

Antwort auf von Herlmut Bachmann

oder er wird nicht sein".

Eine hervorragende Antwort, werter Herr Bachmann.
Wer gestern auf ARTE "Religion und Missbrauch" geschaut hat, hat auch begriffen, dass es menschliche Verfehlungen sind, die in jeder Religion (auch reformierten)
den Aussschlag geben.

Thorwald Franke | Di., 13. September 2022 - 17:43

Der durchschnittliche deutsche Katholik zählt an allen zehn Fingern auf, was er alles nicht glaubt, und stampft dann trotzig auf den Boden und sagt: Aber katholisch bin ich trotzdem noch!

In einer idealen Welt, wären alle diese Menschen nach und nach aus der Kirche ausgetreten, und die Kirche hätte sich gesundgeschrumpft.

Die Schuld liegt aber nicht nur bei den nichtkatholischen Katholiken. Es waren natürlich die (ehemals) konservativen Bischöfe, die aktiv darauf hingearbeitet haben, dass alle diese Nicht-mehr-Katholiken in der Kirche bleiben und Kirchensteuer zahlen.

In einer idealen Welt hätten die Bischöfe schon immer klargemacht, dass gewisse Dinge nicht gehen, und die Kirche hätte sich gesundgeschrumpft.

Jetzt stehen sich zwei völlig verschiedene Kirchen unter einem Dach gegenüber. In einer idealen Welt würde man das ganze einfach aufspalten.

Statt dessen wird jetzt die eine Fraktion von der anderen Fraktion vergewaltigt. Was für ein Trümmerhaufen.

M Ketteler | Di., 13. September 2022 - 22:11

Wenn man hört, welch' übles Verhalten die sogen. "Synodalen" den Bischöfen gegenüber gezeigt haben, kann man nur den Kopf schütteln und für alle beten. Es wird Zeit, daß dieses blendende Kirchensteuersystem bald begraben wird. Hier wird eine Agenda abgearbeitet, die eine andere katholische Kirche bringen soll, die nicht meine ist. Dann wird es Zeit, daß die verbliebenen Aufrichtigen gehen, ja gehen - weg und einen Neuanfang wagen. Mein Geld werden diese Verblendeten - inkl. der Bischöfe à la Bode - nicht mehr erhalten. Gezielte Unterstützung und - wie gesagt - beten, Rosenkranz, der Botschaft Jesu Christi und seiner Mutter Maria folgen. Amen.