
- Willkommen in der Seifenoper!
Jahrhundertflut im Ahrtal, Berliner Wahldesaster, Cum-Ex-Skandal: Große Seifenopern im Sinne der frivolen Selbstüberhöhung gewinnen zunehmend an Bedeutung. Die Kritik am politischen System steigert sich immer mehr und wird immer umfassender. Es besteht allerdings die Gefahr, dass durch den anhaltenden Krisenmodus und die politische Reizüberflutung die Fähigkeit zur differenzierten politischen Kritik verlorengeht.
Politische Verantwortung und deren Negation kennt viele Spielarten. Wie die Spektralfarben: Wenn man sie übereinander legt, ist alles schwarz; wenn man sie als Lichtwellen bündelt, erscheint ein klares Weiß – in keinem der beiden Fällen lassen sich Details erkennen. Ähnlich führt das unkommentierte Nebeneinander von politischen Inszenierungen à la Großbritannien, der Verantwortungsübernahme bei Katastrophen wie in Rheinland-Pfalz (Ahrtal) und von provokanter Schnöseligkeit à la Autobahnmaut zu einer derartigen Unzugänglichkeit des Begriffs „Politik“, dass kaum noch ein Weg aus der Misere erkennbar bleibt.
Das gegenwärtige politische Spektrum löst also nicht nur Irritation aus, sondern führt zu einer Überreizung, die keine Unterscheidung mehr zulässt. Es besteht erheblicher Analysebedarf, will man nicht in ein allgemeines Politikbashing verfallen. Wie wäre aber ein differenzierteres Bild zu zeichnen, was wäre zu entdecken hinter dem Dunkel der generellen Politiker-Verurteilung – und im gleißenden Licht mancher Politiker-Verherrlichung?