
- Deutschland, Du hast ein dickes Problem!
Die gegenwärtige Krise der Ampelregierung ist vor allem eine Krise des Journalismus. Der nämlich pflegt seit Jahren schon eine zu starke Nähe zur Politik. Nicht zuletzt der Fall Anne Spiegel zeigt nun, wohin der Abriss der Grenzen zwischen Politik und Medien führen kann.
Nichts ist teurer als eine Presse, die ihren Job nicht macht. Der Rücktritt der Bundesfamilienministerin nach nur 124 Tagen im Amt wirft nicht alleine erneut die Frage nach Professionalität, Realitätstauglichkeit und Umsicht der Grünen auf, was Programm und Personal angeht. Mit Anne Spiegel ist zugleich die Praxis der Parteien als untauglich entlarvt, vermeintlich erstklassige Journalistinnen und Journalisten für ihre Dienste einzukaufen in der sicheren Erwartung, ja Überzeugung, dies sei bereits die halbe Miete für eine wohlwollende, mindestens aber nicht allzu unfreundliche Berichterstattung und Kommentierung der hauptstädtischen Regierungsleistungen. Statt dessen verliert das Land ein unentbehrliches Korrektiv, eine Kraft, Politik besser zu machen, nicht zuletzt im ureigensten Interesse der Handelnden. Und das hat immer häufiger dramatische Folgen.
Eine besonders unglückliche Rolle spielt dabei der Regierungssprecher selbst. Steffen Hebestreit (49) wechselte die Seiten nach Stationen bei der Frankfurter Rundschau und dem Kölner Stadtanzeiger und wurde 2014 zunächst Sprecher von SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi. Anschließend machte ihn der damalige Erste Bürgermeister Olaf Scholz zum Chef seiner Hamburger Landesvertretung, 2018 holte er ihn als Sprecher ins Bundesfinanzministerium und damit in seinen engsten Kreis. Folgerichtig war die Überraschung gering, als Hebestreit im Dezember vom frisch vereidigten Bundeskanzler zum Staatssekretär, Regierungssprecher und Chef des Bundespresseamtes befördert wurde.