Boris Rhein, Volker Bouffier
Boris Rhein und Volker Bouffier bei einer Pressekonferenz / dpa

Rückzug von Volker Bouffier - Generationenwechsel in Hessen

Nach knapp zwölf Jahren als hessischer Ministerpräsident gibt Volker Bouffier (70) an diesem Dienstag sein Amt ab. Falls die schwarz-grüne Ein-Stimmen-Mehrheit steht, wird Landtagspräsident Boris Rhein (50) sein Nachfolger. Hier findet mehr als ein Generationenwechsel statt.

Hugo Müller-Vogg

Autoreninfo

Dr. Hugo Müller-Vogg arbeitet als Publizist in Berlin. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher zu politischen und wirtschaftlichen Fragen, darunter einen Interviewband mit Angela Merkel. Der gebürtige Mannheimer war von 1988 bis 2001 Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

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Mit Volker Bouffier verlässt ein Politiker die Bühne, der in seiner Person die Wandlung der CDU stärker verkörpert als jeder andere Politiker. Als hessischer Innenminister war die Bezeichnung „Schwarzer Sheriff“ für Bouffier ein Ehrentitel. Als Regierungschef und stellvertretender CDU-Vorsitzender trug er die Politik Angela Merkels solidarisch mit. Mit der Bildung der ersten schwarz-grünen Koalition in einem Flächenland eröffnete er seiner Partei neue Machtperspektiven. Und bei alldem schaffte er es, im positiven Sinn als treuer Parteisoldat zu gelten. Das macht ihm in der Partei keiner nach.

Bouffier war an vorderster Front mit dabei, als der konservative Landesverband mit Roland Koch die Sozialdemokraten ausgerechnet im „roten Hessen“ 1999 als Regierungspartei ablöste. Als er 2010 Koch nachfolgte, war er einer von insgesamt neun Ministerpräsidenten aus den Reihen von CDU und CSU, die allesamt ohne grüne Koalitionspartner regierten. Heute stellt die Union nur noch sechs Länderchefs, von denen allein Markus Söder in Bayern noch eine Mehrheit ohne Grüne hat. Unter Bouffier wurde die einst als konservativer Kampfverband oder Stahlhelmfraktion geschmähte Hessen-CDU zum Schrittmacher für eine aus CDU-Sicht vor zehn Jahren allenfalls als Notlösung denkbare Farb- und Machtkonstellation.

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Franz Jürgens | Mo., 30. Mai 2022 - 11:50

Bouffier hat viele private Schicksalsschläge meistern müssen. Davor habe ich größten Respekt. Politisch gesehen ist er als bedingungslos ergebener Merkel-Knappe mitverantwortlich für den schrecklichen Verfall der CDU und damit Deutschlands. Nie kam auch nur der Hauch einer leisen Kritik von Bouffier am verhängnisvollen Wirken Merkels, der Spuren wir jetzt überall erleiden müssen, ohne Aussicht auf Besserung. Na ja, und der Nachfolger hat sich auf die Fahnen geschrieben, die CDU "weiblicher, jünger und diverser" zu machen. Mittlerweile jagen mir solche Äußerungen einen Schauer über den Rücken.

Ingo frank | Mo., 30. Mai 2022 - 13:02

BTW durch das Gezerre der Inthronisation Laschet‘s ist vergeben & vergessen. Leider
Mit freundlichen Grüßen aus der Erfurter Republik

Norbert Heyer | Mo., 30. Mai 2022 - 15:20

Bouffier hat in Hessen geräuschlos mit Grün regiert, musste aber immer nach Wahlen diesen mehr und mehr Zugeständnisse machen. Besonders der Ausbau von WKA hat Fahrt aufgenommen, wertvolle, alte Waldbestände werden geopfert, um grüne Wunschträume durchzuziehen. Bouffier war aber auch ein treuer Begleiter von Merkel und ihrer Politik des Niedergangs. Der Nachfolger ist gemäß Ankündigung ganz auf Grün, Frauenquote und Klimawandel eingestellt. Somit scheint gewährleistet, dass die CDU auch in Hessen vom Gestalter der Politik, über Mehrheitsbeschaffer in Zukunft sich auf der Oppositionsseite sich wiederfinden wird. Danach wird sie langsam aber sicher zum auslaufenden Modell, da ohne eigenes Programm, ohne Rückgrat und nur auf Macht besessen die Zukunft duster aussieht. Wer seine Wurzeln und Überzeugungen dem Zeitgeist opfert, ist leicht entbehrlich. Alle anderen politischen Richtungen sind besetzt, warum bedarf es denn da noch einer Union, die ihre Agenda schlicht und einfach verloren hat?

Thorwald Franke | Mo., 30. Mai 2022 - 16:58

Im Jahr 1998 veranstaltete Bouffier mit Roland Koch eine Unterschriftenaktion der CDU Hessen gegen die doppelte Staatsbürgerschaft. Doch 2013 sprach sich Bouffier als einer der ersten überraschend für die doppelte Staatsbürgerschaft aus. Weil er mit den Grünen koalieren wollte, und das auch tat. Es war ein Politikschwenk à la Merkel.

In meinen Augen hat die CDU Hessen genau das getan, was Roland Koch immer verneinte: Sie hat immer nur vor Wahlen von Recht und Ordnung gesprochen, dann aber nie etwas dafür getan. Merkels Kurs wurde konsequent mitgetragen. So vieles wäre hier zu sagen, es ist ein Elend.

Bouffier hat unserem Land schlecht gedient. Ein Politiker muss auch einmal Nein sagen können. Auch wenn dann die andere Seite vorübergehend gewinnt. Auch wenn man dann abgesägt wird. Es gibt Dinge, die man nicht mitmacht., bei denen man Nein sagen muss. Bouffier konnte das nicht.

Das wird die CDU aufarbeiten müssen, wenn sie gewählt werden will.

Gerhard Lenz | Mo., 30. Mai 2022 - 17:13

haben doch ganz klar gezeigt:

Die Wähler wollen keine strunzkonservative Partei, die sich an Vor- oder Nachkriegswerten orientiert.
Und schon gar nicht wollen sie irgendwelche Rechtsextremen, die zwar behaupten, sie stünden in der Tradition "wahrer Konservativer", aber im Grunde ein ganz anderes Deutschland anstreben: Eins, das mehr an die trübsten Zeiten deutscher Geschichte erinnern würde.

Die Union hat gar keine andere Wahl, als sich zu erneuern. Absolute Mehrheiten wird sie höchstens noch sporadisch erringen. Ihr Wunschpartner FDP ist viel zu schwach für eine Zweierkoalition. Die Union wird auch in Zukunft vermehrt zusammen mit Grünen und/oder Sozialdemokraten regieren.
Dazu muss sie in fest in der Mitte verankert bleiben und die Partei für neue Wählerschichten öffnen.

Diejenigen, die jetzt die AfD unterstützen und noch immer täglich über Merkel "weinen", sind für die Union sowieso überwiegend verloren. Wer will schon etwas mit einem Chrupalla oder gar Hoecke zu tun haben?

Doch es gibt viele Wähler, die eine ganz normale, vernünftige konservative
Partei wählen würden.
Da die CDU dies nun mal nicht mehr ist, wird es schwierig für den ganz normalen konservativen Wähler, denn für viele ganz normale konservative Wähler ist die AfD ein Tic zu extrem.

Wobei ich das eigentlich gar nicht finde, also ich würde, wenn ich in Deutschland wählen könnte, mit fast ziemlicher Sicherheit AfD wählen...

sehe ich mir Ihre Kommentare an, bin ich aber "sowas von überrascht", dass Sie die AfD wählen würden!

Sie dürfen sich im Namen aller Enttäuschten, die sich darüber grämen, dass es zumindest in naher Zukunft keine rückwärtsgewandte Union und damit auch keine Zusammenarbeit mit der rechtsextremen AfD gibt, auch weiterhin in die Tasche lügen.
Sie dürfen weiterhin die zwei Dutzend (oder so) Hardcore-AfD-Fans in diesem Forum als stellvertretend für die politische Ausrichtung der Mehrzahl der deutschen Wähler mißverstehen.

Wie viele Wahlen brauchen Sie eigentlich noch, um das politische Klima in Deutschland zu begreifen?

Welches keinerlei Anzeichen bietet, dass eine "strunzkonservative Partei" vermisst wird.

Im Gegenteil: Schwarz-grüne oder schwarz-rote Regierungen werden auch in Zukunft die Regel sein. Manchmal wohl auch unter Mitwirkung der FDP, immer vorausgesetzt, dass die ewiger Steuersenker- und Autobahn-Raserpartei nicht gerade mal wieder aus dem Parlament geflogen ist.

Ernst-Günther Konrad | Di., 31. Mai 2022 - 07:50

Stimmt. Im persönlichen Umgang wirkte er immer freundlich, nett und zugewandt. Als Freund guter Weine, wusste er die Pflichterfüllung gerne auch gesellig zu umrahmen. Nein, der schlechteste war er sicher nicht. Aber ein ausgewiesener Machtpolitiker, der, wenn auch meistens geräuschlos seine Jünger auf die Posten hob, wo er sie gebrauchen konnte. Ja, Merkelianer durch und durch ist er. Ein ausgewiesener Parteistratege. Aber auch er, der schwarze Sheriff, hatte seine Skandale. Als Angehöriger des sog. "Andenpaktes" und der "Autobahn-Connection" hat er so manchen Hinterzimmer Plan geschmiedet und umgesetzt. Als Innenminister im Fall Thurau und bei der Besetzung von hochrangigen Präsidentenposten bei der Polizei wurden verdiente und devote Parteimitglieder belohnt. Und mit Boris Rhein hat er seinem Ziehsohn alles beigebracht, was man braucht, um sich mit allen Eventualitäten zu arrangieren. Dennoch wünsche ich dem Menschen Volker Bouffier alles Gute. Möge die Gesundheit mit ihm sein.

Gisela Fimiani | Di., 31. Mai 2022 - 16:30

Ein weiterer treuer Parteisoldat, der sich bis nach oben „gesessen“ hat, mit keinerlei Erfahrung außerhalb des Politikbetriebes. Kreißsaal - Hörsaal - Plenarsaal. Selbst-denkfrei auf Parteilinie verharrend sichert die Karriere…….