
- Ein anderes Wahlrecht ist möglich
736 Abgeordnete im Bundestag, Millionen verfallener Stimmen – das Wahlrecht muss dringend reformiert werden.
Wer Revisionen verficht, trägt die Beweislast. Er muss belegen, die neue Regelung funktioniere mutmaßlich besser als die bisherige – und zwar anhand von Kriterien, die als Maßstab dienen, wie Verständlichkeit, Transparenz, Partizipation, sinnvolle Zuordnung von Stimmen und Mandaten, Bildung regierungsfähiger Mehrheiten, angemessene Repräsentation der politischen Richtungen, traditionelle Verankerung.
Beginnen wir mit dem schwer verständlichen Zweistimmensystem: Es hat sich nicht bewährt. Die Erststimme ist zweitrangig, die Zweitstimme erstrangig, weil sie den prozentualen Anteil der Sitze bestimmt. Ein Bewerber einer großen Partei, der im Wahlkreis verliert, zieht in der Regel über die Liste ein. Das personelle Element schlägt nicht durch. Wer mit der Erststimme bedeutend besser abschneidet als seine Partei, nützt dieser keineswegs. Anders wäre das bei einem Einstimmensystem, das Manipulationen einen Riegel vorschiebt: Hier gälte die Stimme des Wählers zugleich für den Wahlkreiskandidaten wie für seine Partei.