Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier spricht in der Gedenkstunde zum 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs im Bundestag, 08.05.2025 / picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Rede zum 8. Mai - Der Bundespräsident und die Krise der deutschen Staatsrhetorik

Der Bundespräsident hat zum Jahrestag des Kriegsendes eine Rede gehalten, die indirekt der Aggression Putins Argumente lieferte. Er verharmloste darin etwa Stalins Gewaltherrschaft in Osteuropa. Steinmeier scheint die Zeitenwende von 2022 doch nicht ganz vollzogen zu haben.

Portraet Ronald G. Asch

Autoreninfo

Ronald G. Asch hatte den Lehrstuhl für Geschichte der Frühen Neuzeit an der Universität Freiburg inne

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Ansprachen zum Ende des Zweiten Weltkrieges zu halten, gehört zu den zentralen Aufgaben des Bundespräsidenten, der ja wenig Macht hat, aber mit etwas Glück und Geschick doch öffentliche Debatten beeinflussen und lenken kann. Eine einfache Aufgabe ist das mit Blick auf diesen Jahrestag nicht, denn einerseits ist der Untergang des Dritten Reiches die Geburtsstunde des freien, demokratischen Deutschlands, in dem wir heute leben, andererseits sind der Zweite Weltkrieg und die Schreckensherrschaft des Dritten Reiches bis heute der Grund dafür, dass Deutschlands Nachbarn, Partner und Verbündete unser Land auch heute noch mit einem gewissen stillen Argwohn betrachten. Sicherlich ein Argwohn, der viel geringer und subtiler ist als in den unmittelbaren Nachkriegsjahrzehnten, aber dennoch nie ganz verschwand. Außerdem pflegen diese Nachbarn natürlich immer noch sorgfältig einen moralischen Überlegenheitsanspruch, der besonders bei Interessenkonflikten mit den Deutschen gerne reaktiviert wird. 

Damit muss man als Bundespräsident an einem solchen Tag irgendwie umgehen. In weiten Teilen seiner Rede ist das Steinmeier sicher gelungen. So stellt er die rhetorische Frage „Wollen wir eine Demokratie sein, die vergisst, wo sie herkommt und was den Kern ihrer Identität ausmacht?“. Die Antwort darauf kann nur Nein sein, und damit hat der Bundespräsident sicherlich recht, auch wenn man sich natürlich fragen kann, ob die beschämende Erinnerung an die Gewaltherrschaft des Dritten Reiches und ihre durch den Sieg der Alliierten ermöglichte Überwindung durch den demokratischen Staat des Grundgesetzes wirklich den allein entscheidenden Kern der deutschen Identität bilden oder nur ein zentraler Faktor ist, der diese Identität mitprägt.  

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Christoph Schnörr | Sa., 10. Mai 2025 - 19:12

... reiht sich an Peinlichkeit dieses entweder gedanken- oder gewissenlosen Schwätzers. Neben seinen erwähnten Hassparolen über Trumpf erinnere man sich nur an seine Lobhudelei der obersten Islamisten in Teheran. Mein Präsident war er noch nie. Er gehört - wie die Ampel und die anderen SPD Genossen gleichen Kalibers (u.a. Stegner) - einfach nur weg vom Amt und der öffentlichen Bühne.

Stefan | Sa., 10. Mai 2025 - 22:10

Der nun doch amtierende Bundeskanzler Friedrich Merz hat der Ukraine den "Taurus" versprochen und ...
was ist damit ???
Nix, wie mit allem was er verspricht.
Die Rede von Steinmeier spiegelt genau das wieder was in Deutschland derzeit los ist.
Einseitige Berichterstattung und das unter den Teppich kehren von unbequemen Tatsachen.
Er hätte sich somit diese Rede schenken können.
Sie war wenig durchdacht und wirkte zusammengeschustert.
Eine Rede so wie von Merz im deutschen Bundestag wie oben bezüglich des "Taurus".

Heinrich Dompfaff | Sa., 10. Mai 2025 - 22:39

Die hellste Kerze auf der Torte ist unser FW nicht

Achim Koester | So., 11. Mai 2025 - 08:42

verpflichtet nur seiner Ideologie und der Partei, die natürlich immer recht hat. Für meine Begriffe der schlechteste BP, den wir je hatten, einschließlich Heinrich Lübke, der ja dement war. Leider darf man über Steinmeier nicht die despektierlichen Witze machen wie über Lübke, aber besser wird er dadurch nicht.

Walter Bühler | So., 11. Mai 2025 - 09:31

... dass Stalin ein russischer Nationalist gewesen sei.

Er vergisst, dass der polnische Nationalismus Pilsudskis und Becks unter dem Vorwand des Antikommunismus Litauen, Weißrussland und die Ukraine unter polnische Herrschaft bringen wollte und auch telweise gebracht hat.

Er vergisst, dass viele baltische und unkrainische Nationalisten auf der Seite Hitlers gegen die Juden, gegen den Bolschewismus und schließlich gegen die (Groß-)Russen aktiv gekämpft haben.

Auch bei der Roten Armee verwischt er die historischen Spuren. Sowenig Stalin ein (Groß-)Russe gewesen ist, sowenig kann man sagen, die Rote Armee habe nur aus (Groß-)Russen bestanden.

Wenn die rote Armee Gewalt angewendet hat, dann waren unter den Gewalttätern auch Balten, Weißrussen, Ukrainer usw. und nicht nur (Groß-)Russen zu finden.

Die ukrainische Kriegspropaganda vernebelt heute auch einige deutsche Historiker (wie Asch) und erzeugt bei ihnen erstaunlich schnell den heute üblichen und erwünschten "Russenhass".

Ernst-Günther Konrad | So., 11. Mai 2025 - 10:30

Ein Präsident muss Brücken bauen und nicht Gräben tiefer ziehen. Ich halte von Steinmeier nicht, ich erwarte von seinen Reden nichts. Ich wahrscheinlich wurde die Feier mit einem Song von Fein Sahn Fischfilet am Ende abgerundet und hat er wieder den Mullahs zu irgendeinem Gedenktag gratuliert. Dieser Mann ist einfach nur peinlich.

Black Night | So., 11. Mai 2025 - 13:28

Nicht zu vergessen das Minsker Abkommen über die Krim Annexion das unter seiner Führung als damaliger Außenminister zustande gekommen ist. Chapeau. Er hat hier den Grundstein für das überbordende Bürgergeld gelegt.

Wie lautet nochmal der gängige Spruch von uns Liberal/Konservativen: "Wer hat uns verraten, es waren die S............

Es gibt eine neue Buch Präsentation: Nordstream 1 & 2 mit allen Hintergründen zu diesem Thema. Wenn das so stimmt, wie berichtet, wundert mich die Ansprache der "Koryphäe" Steinmeier am 08.05.2025 nicht im geringsten.

Wie hieß der Smashhit aus der Vergangenheit? Ach ja: Gute Freunde kann niemand trennen, gute Freunde sind nie allein.

Es wird Zeit das die Steinmeier Ära schnellstmöglichst zu Ende geht. Aber was kommt dann nach? Eine Annette Schavan? Nein, bitte nicht. Dann würde die "Mutti Ära 2" losgehen. Das müssen wir unserem Land nicht zusätzlich antun. Genug, ist genug!!!

Sabine Lehmann | So., 11. Mai 2025 - 16:59

Nun, ich hätte auf diese angeblich so rhetorische Frage was den Zustand unserer Demokratie betrifft, ehrlich und aus vollster Überzeugung mit einem ehrlichen "JA" geantwortet, denn das was Demokratie ausmacht, haben Herr Steinmeier und Konsorten mit großem Eifer und intensiver Bürgerverfolgung beseitigt!
Sie haben alle zusammen, egal welche Couleur ihre Partei auch präferiert, alles dafür getan, sämtliche Grundsätze eines zivilisierten Zusammenlebens und einer funktionierenden Demokratie ad absurdum geführt und eine Gesinnungsdiktatur erschaffen, die der der ehemaligen SED-Diktatur, der DDR, in NICHTS nachsteht.
Und wenn ich dann diese Lichtgestalt an Borniertheit auf der Bühne sehe, mit Ignoranz, Blindheit und Arroganz gesegnet bis weit über die Schmerzgrenze, dann komme auch ich als zutiefst demokratischer Mensch an meine ganz persönliche Schmerzgrenze. Man reiche mir das Beißholz!

Sabine Lehmann | So., 11. Mai 2025 - 19:52

In eigener Sache:
Dank eines erhöhten Blutdrucks hat die Tastatur nur so geklappert, dabei hat sich ein Geholpere eingeschlichen, sorry. Muss heißen:
......."ad absurdum zu führen"......(nicht "geführt")
Ich gelobe Besserung.