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() Matthias Platzeck mit Kerstin Kaiser
Platzecks „kleine DDR“

In Brandenburg strebt Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) eine Koalition mit der Linkspartei an. Dabei ist die nirgendwo sonst in Deutschland so stasiverstrickt und DDR-begeistert. Schon die Führungsgarde hat lupenreine Kaderbiografien.

Kein Bundesland ist so sehr Heimatterritorium alter DDR-Seilschaften wie Brandenburg. Hier ist die lautlose Renaissance der Täter über die Linkspartei besonders weit gediehen. Gleich vier ranghohe Linken-Politiker arbeiteten dort für die Stasi: Parteichef Thomas Nord, Fraktionschefin Kerstin Kaiser, der innenpolitische Sprecher Hans-Jürgen Scharfenberg und der langjährige Parlamentarische Geschäftsführer Heinz ­Vietze. Nords Stasi-Akte offenbart die ganze Bandbreite eines DDR-Spitzellebens. Bereits während seiner vierjährigen Armeezeit bei der Volksmarine, wo er der Parteileitung eines Kriegsschiffes angehörte, lieferte er seine Kameraden skrupellos ans Messer. „Bedeutsam erscheint, dass er den (Name geschwärzt) so einschätzt, dass dieser seine Drohung, während der Wache zu schießen, wahr macht“, notierte sich die Stasi, als Nord über die Fluchtabsichten eines Matrosen berichtete. Anschließend denunzierte er als Leiter eines Jugendclubs im Berliner Stadtbezirk Prenzlauer Berg reihenweise kritische Jugendliche und Kollegen. „Ein nicht geringer Teil der Mitarbeiter verfügt über keinen klaren Standpunkt zur Politik von Partei und Regierung bzw. zur Haltung kirchlicher Kreise zur Friedensfrage beziehungsweise zu solchen Leuten wie Stefan Heym, Biermann u. a.“, ließ er sich 1982 über seine Mitbeschäftigten aus, „ein Kollege (Name geschwärzt) vertritt offen eine pazifistische Haltung.“ Über einen Jugendlichen berichtete er seinem Führungsoffizier, dass der an seiner Jeansjacke einen Aufnäher „Frieden schaffen ohne Waffen“ trug. Eine Elftklässlerin schwärzte er an: „Die (Name geschwärzt) tritt aktiv gegen die Wehrbereitschaft der Abiturienten auf.“ Ein junger Mann wurde aktenkundig, weil er die damaligen Botschaftsbesetzungen von Ausreisewilligen begrüßt und dabei hinzugefügt hatte, „er würde jederzeit genauso handeln“. Zu Recht bescheinigte ihm deshalb die Stasi: „Thomas Nord besitzt ein gefestigtes Feindbild und verhält sich gegenüber feindlichen Einflüssen konsequent abweisend.“ Er selbst schrieb in seiner Verpflichtungserklärung, dass die Tätigkeit für das MfS „auf der Grundlage meiner politischen Überzeugung“ erfolge. Außer in den Spitzeldiensten kam dies auch darin zum Ausdruck, dass er FDJ-Kreissekretär, Stadtbezirksabgeordneter und ab 1989 Mitarbeiter der SED-Kreisleitung im Prenzlauer Berg war. Für 1990 war der Nomenklaturkader für ein Studium an der Parteihochschule „Karl Marx“ vorgesehen – doch die friedliche Revolution stoppte die angestrebte DDR-Karriere. Auf der Linken-Homepage schweigt sich Nord über seine Zusammenarbeit mit der Stasi genauso aus wie über seine früheren SED-Funktionen. Zu seinem Werdegang findet sich nur der Halbsatz: „Beruf: Maschinen- und Anlagenmonteur, Kulturwissenschaftler“. Gleichzeitig bezeichnet er sich jedoch als „ehemaliges Mitglied der SED, das offen mit seiner Biografie umgeht“. Unfreiwillig zynisch wirkt der Satz: „Hauptaugenmerk unserer Politik sind dabei mehr soziale Gerechtigkeit, eine größere Bürgernähe, Transparenz und Ehrlichkeit.“ Hauptamtliche Stasi-Offiziere, die die DDR verklären, finden im brandenburgischen Landesverband der Linken bis heute freundliche Aufnahme. So kam 2008 heraus, dass sich in der Cottbuser Geschäftsstelle regelmäßig die „Initiativgemeinschaft zum Schutz der sozialen Rechte ehemaliger Angehöriger bewaffneter Organe und der Zollverwaltung der DDR (ISOR)“ trifft. Die Organisation besteht zum großen Teil aus ehemaligen Stasi-Mitarbeitern und rechtfertigt seit Jahren die SED-Diktatur. Auf die Frage, warum Die Linke die Ewiggestrigen bei sich aufnimmt, antwortete Nord der Presse: „Weil sie woanders ausgegrenzt werden. Die Linke vertritt die sozialen Interessen der früheren MfS Mitarbeiter.“ Kaum anders liegt der Fall bei der Fraktionsvorsitzenden im Potsdamer Landtag, Kerstin Kaiser. Nach ihrer Anwerbung 1979 lieferte sie während ihres Slawistik-Studiums in Leningrad als IM „Kathrin“ reihenweise „Einschätzungen“ über ihre Kommilitonen. Der Staatssicherheitsdienst erfuhr nicht nur, wer Westsender hörte, Kontakte zu westlichen Studenten unterhielt, „keinen gefestigten Klassenstandpunkt“ oder eine „fragwürdige Einstellung zur Partei“ hatte, sondern auch, wer sich durch „Schwatzhaftigkeit“ auszeichnete, „mehrmals in Klausuren“ abschrieb, Nickis „auf bloßer Haut“ trug oder „sexuell sehr stark bedürftig“ sei. Von der Stasi erhielt sie Dutzende Spitzelaufträge, die sie alle 316 mit Elan ausführte. Auf der Basis eigens erstellter Notizen diktierte sie dem Führungsoffizier bei jedem Treffen mehrere Personenbeschreibungen aufs Tonband. „Der IM erschien zum Treff vorbereitet und erfüllte im Wesentlichen die gegebenen Aufträge“, heißt es lapidar in ihrer Abschlussbeurteilung. Sie selbst schrieb bei ihrer Verpflichtung: „Die Unterstützung des MfS bei der Lösung ihrer (sic!) operativen Aufgaben erfolgt meinerseits auf freiwilliger Basis.“ Wider besseren Wissens beschönigte sie ihre Denunziationen 2001 mit den Worten: „Ich habe nicht in einer Spitzelrolle gelebt und nur berichtet, was öffentlich war.“ ( …) Über eine dicke Akte verfügt auch der brandenburgische Landtagsabgeordnete Hans-Jürgen Scharfenberg. Der Linken- Politiker ist seit 1995 Fraktionschef in der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung und zog 2004 auch in den Landtag ein. Der langjährige Stasi-Zuträger übernahm dort ausgerechnet den Vorsitz des Innenausschusses. Scharfenberg studierte von 1974 bis 1978 an der Akademie für Staat und Recht in Potsdam-Babelsberg, der zentralen Kaderschmiede der DDR, an der er anschließend auch als Wissenschaftler arbeitete. Während ihn die Stasi für seine „klare politische Einstellung zur gesellschaftspolitischen Entwicklung unserer Republik“ lobte, bescheinigte ihm ein anderer Informant, „dass er nur dann bereit sei, gesellschaftlich tätig zu sein, wenn er Vorteile daraus ziehen kann“. Nachdem er 1978 eine handschriftliche Verpflichtungserklärung unterschrieben hatte, berichtete er als IMS „Hans-Jürgen“ regelmäßig über Kollegen, Dozenten, Vorgesetzte und Nachbarn. Überprüfungen bestätigten seine „Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit“ dem MfS gegenüber. Zur wachsenden Zahl der Ausreiseantragsteller machte er der Stasi den Vorschlag, zwischen Verblendeten und politischen Gegnern zu unterscheiden. „Die zweitgenannten Antragsteller müssen mit Hilfe unserer Staatsmacht mit geeigneten Mitteln, auch gesetzlichen Möglichkeiten, bekämpft werden.“ Weil er 1986 stellvertretender Parteisekretär an der Akademie und damit hauptamtlicher SED-Kader wurde, beendete die Stasi die inoffizielle Zusammenarbeit. Nach dem Zusammenbruch der DDR wurde Scharfenberg zunächst Mitarbeiter einer Bundestagsabgeordneten. Dann arbeitete er jahrelang bei der PDS-Fraktion im Brandenburger Landtag. Inzwischen selbst Abgeordneter, zeichnet er sich vor allem durch Attacken gegen eine kritische Beschäftigung mit der DDR-Vergangenheit aus. Als beispielsweise ein CDU-Abgeordneter 2006 im Landtag danach fragte, ob die Obere Denkmalbehörde daran arbeite, die fünftausend aus DDR-Zeiten übernommenen Denkmale auf eine möglicherweise notwendige Aberkennung des Denkmalschutzes zu sichten, warf ihm Scharfenberg den „Versuch der Geschichtsfälschung“ vor. Vehement kritisierte der Linken-Politiker wenig später den Beschluss der Potsdamer Stadtverordneten, eine Lenin-Statue nicht wieder in der Potsdamer Innenstadt aufzustellen; die PDS hatte unter Scharfenbergs Vorsitz dafür gestimmt. Das Denkmal, so die dubiose Begründung des Fraktionschefs, sei „Teil der Potsdamer Geschichte“ und der Gründer der Sowjetunion müsse „aus seiner Zeit heraus“ verstanden werden.

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