Friedrich Merz und Ursula von der Leyen in Brüssel, 09.08.2025 / picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Virginia Mayo

Antrittsbesuch bei der EU-Kommission - Kanzler Merz macht sich in Brüssel für deutsche Wirtschaftsinteressen stark

Deutschlands neuer Kanzler will das bürokratische Lieferkettengesetz der EU abschaffen. Die Interessen der deutschen Wirtschaft sind ihm sogar ein eher zweifelhaftes Lob der Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wert.

Ferdinand Knauß

Autoreninfo

Ferdinand Knauß ist Cicero-Redakteur. Sein Buch „Merkel am Ende. Warum die Methode Angela Merkels nicht mehr in unsere Zeit passt“ ist 2018 im FinanzBuch Verlag erschienen.

 

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Bei seinem Antrittsbesuch in der Europäischen Kommission in Brüssel hat Bundeskanzler Friedrich Merz einen ersten Konflikt mit der Brüsseler Bürokratie gewagt. Er fordert von den EU-Institutionen, die europäische Lieferkettenrichtlinie abzuschaffen. „Wir werden in Deutschland das nationale Gesetz aufheben. Ich erwarte auch von der Europäischen Union, dass sie diesen Schritt nachvollzieht und diese Richtlinie wirklich aufhebt“, sagte er bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen

Dass er zunächst seine frühere Parteifreundin ausgerechnet für deren Corona-Politik lobte, für die sie angesichts der höchst fragwürdigen Impfstoff-Käufe auf Kosten europäischer Steuerzahler zu Recht sehr in der Kritik steht, mag als taktische Finte durchgehen. Auch dass er ausgerechnet in der EU-Kommission, die vielen als Inbegriff einer monströsen Bürokratie gilt, deren Vorhaben zum Bürokratieabbau lobte und deutsche Unterstützung ankündigte, ist vermutlich taktisch klug. „Wir werden auch Vorschläge machen, wie wir weiter darüber hinausgehen können“, sagte Merz. Neben einer Verschiebung von Rechtsvorschriften sei die vollständige Aufhebung einiger europäischer Regeln der nächste logische Schritt. Das werden von der Leyen und ihr Beamtenapparat im Berlaymont-Gebäude nicht wirklich gut finden. Es sind schließlich ihre Regeln.

Merz scheint den Einsatz für die Wirtschaft ernst zu nehmen

Die europäische Lieferkettenrichtlinie wurde erst im vergangenen Jahr beschlossen und soll ab 2028 angewandt werden. Sie soll die Rechte von möglicherweise Ausgebeuteten vor allem in Entwicklungsländern stärken, indem große Unternehmen verpflichtet werden, zum Beispiel Kinder- oder Zwangsarbeit und ausbeuterische Zustände bei Zulieferunternehmen auszuschließen. Tatsächlich aber bedeutet das enorme Dokumentierungspflichten für Unternehmen, die dadurch ihre Wettbewerbsfähigkeit gefährdet sehen. 

Merz zeigt mit seinem eindeutigen Bekenntnis gegen die Richtlinie also, dass es ihm mit dem Einsatz für die heimische Wirtschaft durchaus ernst ist. Dahinter wird er nicht zurück können, wenn er sich nicht erneut unglaubwürdig machen will. Dass der stellvertretende Parteivorsitzende und Europa-Sprecher der Grünen, Sven Giegold, darin einen „Kommandoton gegenüber Ursula von der Leyen“ erkennt, der „verstörend“ sei, sollte Merz als Indiz dafür sehen, dass er auf dem richtigen Weg ist. 

Merz kann auf diesem Feld seine Wirtschaftsexpertise beweisen, indem er sein zentrales Wahlversprechen einer neuen Wirtschaftspolitik mit handfesten Siegen über europäische, grüne und sozialdemokratische Wettbewerbsfesseln erfüllt. Dazu wird im Zweifel auch gehören, den Koalitionsvertrag (in dem von einem anderen Gesetz die Rede ist, dass das bisherige Lieferkettengesetz ersetzen soll) in seinem Sinne und zur Not auch gegen den Koalitionspartner und die EU-Kommission zu interpretieren.

In Brüssel rechtfertigte Merz übrigens auch die verstärkten Grenzkontrollen. Deutschland werde weiter zurückweisen, das sei im Einklang mit europäischem Recht. „Und darüber sind auch unsere europäischen Nachbarn vollumfänglich informiert. Es gibt hier keinen deutschen Alleingang.“ Selbst wenn es einer wäre: Ebenso wie die Wirtschafts- ist auch die Migrationswende zentral für den Erfolg der Merz-Regierung und die Stabilisierung Deutschlands. Und diese liegt selbstverständlich mehr im gemeinsamen europäischen Interesse als die Aufrechterhaltung einer innereuropäischen Sekundärmigration, die mittelfristig nicht nur in Deutschland zu extremen Verwerfungen führt.  

 

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Ingofrank | Fr., 9. Mai 2025 - 19:26

ein „chaotisches Hin & Her“ wie es dann am Ende ausgehen wird haben die „drei“ von „Pro Asyl“ gestern bei Illner , die übrigens auch vehement für unveränderte deutsche Asylpolitik
warb, in „echt“ erleben.
Nur ein vertrösten auf europäisch Lösungen ….. davon wird seit 2015 bereits in Brüssel gelabert. Die Ergebnisse sind allseits bekannt !
Das heiße Eisen, was eine „rein Deutsche Angelegenheit“ wäre, ohne das die Euro- Bürokraten in deutsche Angelegenheiten reinquatschen können, wäre mit sofortiger Streichung jeglicher Bargeldzuwendungen und dafür die Einführung von Bezugsscheinen schon wäre Ruhe im Karton oder besser gesagt Ruhe an den deutschen Grenzen.
Andere Staaten wie Polen, Dänemark Ungarn USA u.a. haben’s vorgemacht …. Nur im Buntland hat man Angst die Asylmafia auszuschalten.
O.k. Kan. Mann alles machen ….. Darf sich dann allerdings nicht über den weiteren Zulauf wundern egal wie eine weisungsgebundene Behörde des Innenministeriums die AFD einschätzt…
MfG a d Erf. Republik

Christoph Schnörr | Fr., 9. Mai 2025 - 19:58

... zu sprechen: Es zählt, was hinten raus kommt. Warten wir es ab.

Ernst-Günther Konrad | Sa., 10. Mai 2025 - 11:02

Ich gebe zu, Merz legt im Moment einen durchaus achtenswerten Auftritt hin. Nur, was von dem, was er und seine Minister derzeit so alles lautstark und medial gepuscht ankündigen, kann und wird tatsächlich mit Bestand umgesetzt werden? Meine Mitforisten sprechen aus, was ich auch denke. Abwarten, was wirklich hinten heraus kommt. Bei der Migrationsfrage war die SPD erst ganz CDU und jetzt erstes Sand im Getriebe wegen des sog. nationalen Notstandes, ob der nur ausgerufen und notwendig ist oder nicht. Und ja, natürlich muss dieses unsägliche Lieferkettengesetz aufgehoben werden, nur hält das Merz durch, wenn Flinten Uschi anfängt gegen ihn zu schießen. Bei 192 m Körpergröße hat sie viel Fläche zu treffen. Und wir wissen doch alle, wie ängstlich unser Friedrich ist. Oder wird dann hinter den Kulissen wieder gemauschelt, damit alles irgendwie so gemacht wird, dass es so aussieht, aber dann doch nicht so ist? Merz ist für mich vorbelastet als Lügner und Betrüger. Da muss viel mehr kommen.