Gespaltene Gesellschaft
Die Gesellschaft ist gespalten (Symbolbild) / picture alliance / CHROMORANGE | MICHAEL BIHLMAYER

Meinungsfreiheit und Eliten-Arroganz - Die Konsensgesellschaft zerbröselt

Zwei neue Studien zeigen: Deutschland ist gespalten. Die einen sehen die Meinungsfreiheit in Gefahr, andere wollen provozierende Ansichten unbedingt verbieten. Kurzum: Die Konsensgesellschaft zerbröselt. Also höchste Zeit, Illusionen abzulegen.

Alexander Grau

Autoreninfo

Alexander Grau ist promovierter Philosoph und arbeitet als freier Kultur- und Wissenschaftsjournalist. Er veröffentlichte u.a. „Hypermoral. Die neue Lust an der Empörung“. Zuletzt erschien „Vom Wald. Eine Philosophie der Freiheit“ bei Claudius.

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Es gibt Themen, die sind ohne Zweifel wichtig – und dennoch auf Dauer ziemlich öde. Ein solches Thema ist die Meinungsfreiheit. Man muss das Wort nur hören und schon überfällt einen – zumindest mir geht das so – eine tiefe innere Langeweile. Das ist natürlich nicht gut. Denn genau mit dieser Reaktion rechnen die Feinde der freien Rede: dass das Thema nervt, dass man es nicht mehr hören kann und dass es etwas Kleinkariertes bekommt, permanent darauf herumzureiten.

Insofern ist es verdienstvoll, dass das Institut für Demokopie in Allensbach eine Neuauflage seines Umfrageklassikers zur Meinungsfreiheit vorgelegt hat. Als im Juni 2021 die Demoskopen vom Bodensee eine Studie präsentierten, die zeigte, dass nur noch etwa die Hälfte der Bevölkerung der Ansicht war, man könne in Deutschland seine Meinung frei äußern, war das ein Paukenschlag.

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Peter William | Sa., 18. Oktober 2025 - 12:00

keine rechtliche Grundlage provozierende Meinungen verbieten zu können! Und solange die BRD nicht neu gegründet wird mit veränderter Verfassung wird sich daran auch nichts ändern!

Rechtlich und wir leben nunmal in einem Rechtsstaat ist das eine sinnlose Diskussion die vor dem Bundesverfassungsgericht klar scheitern wird. Immer! Weil das Gericht nicht abwägen brauch, es ist ganz einfach, Meinungsfreiheit. Der Menschenwürdeaspekt schützt nicht davor widerlegt, also potentiell beleidigt zu werden! Punkt, Scheiss egal was Zensurursula in Brüssel ausarbeitet, zur Not gibt es einen Dexit. Es gibt keine Vereinigten europäischen Staaten! Könnte es geben, gibt es aber im Moment nicht! Ich arbeite nicht auf Basis der Visionen anderer, ich persönlich beziehe mich auf aktuell geltende rechtliche Grundlagen!

den rechtlichen Stellschrauben doch permanent gedreht. Die Verschärfung des §130 StGB ist ein deutliches Indiz dafür, in welche Richtung die Verschärfung geht. § 188 StGB ist ebenso nachgeschärft worden. Und es gibt Gerichte, die dazu die entsprechenden Entscheidungen treffen. Dazu kommt das Beauftragtenunwesen, gepaart mit Meldestellen für unliebsame Äußerungen. Es braut sich schon einiges zusammen dank "UNSERER DEMOKRATIE":

solange keine eindeutige Beleidigung ausgesprochen wird sondern es sich um Meinungsverschiedenheiten handelt gilt ganz klar das GG als wichtigeres Gesetzbuch. GRUNDGESETZ, ganz einfach.

Alles hat seine Zeit und die Geschichte wird sie richten.
1989 kommt bald wieder ein Remake
doch dieses Mal in Ost und West. 😘
Man arbeitet offensichtlich dran.

Dorothee Sehrt-Irrek | Sa., 18. Oktober 2025 - 12:18

Sprechens nicht ganz aus seinen Herkünften lösen.
Ganz besonders tritt in diesem Zusammenhang die Genesis des Alten Testamentes hervor, "Am Anfang war das Wort" und "Gott sprach".
Mittlerweile fragte man sich philosophisch "Wer spricht".
Es geht gewissermaßen also nicht um die Meinungsfreiheit, sondern um "das zu sprechende Wort"? Deshalb vielleicht diese "hegemoniale" Auseinandersetzung, an der man noch gar nicht teilnimmt, wenn man einfach nur spricht?
Das sehen Manche aber vielleicht anders und hören die "letzten Dinge besprochen".
Ich möchte wirklich so offene Diskurse, wie nur möglich und bin ein großer Fan der sozialen Medien, weil eben jede/r Zutritt dazu hat.
Anders als vlt. Steinbrück, sehe ich in den Printmedien ff. noch einmal gehobenere Formen des öffentlichen Diskurses.
Also Regulierung JA, aber keine Kontrolle, schwierig, aber es lohnt sich, diese Plattformen zu erhalten.
Die Gedanken sind frei.
Das bewirkt eine enorme Befreiung, aber auch hohes Risiko.
Mut zu Debatte

Walter Buehler | Sa., 18. Oktober 2025 - 12:24

Der Volksmund sagt: Der Fisch stinkt vom Kopf her.
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Die durch fleißiges Networken hochgekommene Elite - darunter insbesondere die Berufspolitiker und Parteifunktionäre samt ihren journalisischen Spießgesellen - verbirgt ihre unübersehbare Inkompetenz und Faulheit hinter einer primitiven, aber lautstarken Verschwörungstheorie: Nicht die Inkompetenz der Führungskräfte sei schuld an der Lage in unserem Land, sondern die AfD, Putin oder Trump.

Nur in einem ist unsere deutsche Elite weltweit führend, nämlich in der lautstarken Eloquenz, mit der sie die angebliche "Exzellenz" ihres Handelns aller Welt verkaufen will.

Aber es hören ihnen immer weniger Menschen zu. Die Tatsachen sprechen eine andere Sprache.

Karl-Heinz Weiß | Sa., 18. Oktober 2025 - 13:02

Mit einigem zeitlichen Abstand wird man wohl den Hamburger Klima-Entscheid als Musterbeispiel für einen Sieg des "Meinungskartells" einordnen. Eine früher auf seine Weltoffenheit stolze Großstadt lässt sich widerstandslos in eine "Schweigespirale" drängen, die es verbietet, die offen zu Tage liegenden Konsequenzen dieses Entscheids anzusprechen. Unter diesem Blickwinkel erscheint auch ein Verbot missliebiger Meinungen folgerichtig. Die Folgen derartiger Politik sind aktuell in den USA zu besichtigen.

Christa Wallau | Sa., 18. Oktober 2025 - 13:04

grundsätzlich selbstkritischer, pragmatischer und konsensbereiter sind als jegliche Ideologen (Linke, Grüne usw.), besteht bei ihnen die große Gefahr, daß sie deren Treiben nicht früh genug erkennen und ihm entschieden einen Riegel vorschieben.

Genau in diese Falle sind in Deutschland fast alle Menschen getappt, die man mit Fug und Recht als Mitte der Gesellschaft bezeichnen darf.
Sie haben sich in den letzten Jahrzehnten von denen das Denken und - vor allem - das Gesetz des Handelns abnehmen lassen, welche eine neue, ganz andere Gesellschaft in Deutschland etablieren wollten und dies auch geschafft haben.
Daher kommt die jetzige, völlig berechtigte u. notwendige Abkehr vieler Deutscher vom toxischen Links-Grün-Trend viel zu spät!
Natürlich sind die Herrschenden nicht bereit, freiwillig auch nur einen einzigen Fehler einzugestehen und Kompromisse zu schließen.
Die Konsequenz davon ist die krasse Spaltung der Gesellschaft in Deutschland, die sich noch weiter vertiefen dürfte.

Christoph Kuhlmann | Sa., 18. Oktober 2025 - 13:18

Aufsichtsratsvorsitzende und Vorsitzende haben meistens das Image und Interesse des Unternehmens im Sinn, welches sie präsentieren. Da kommt es stark darauf an ob ein Unternehmen global, europäisch oder primär auf dem deutschen Markt operiert. Politiker und Verwaltungsbeamte geben ebenfalls die Meinung zum besten, die ihrer Karriere förderlich ist. Meinungen und Überzeugungen werden meistens im Bildungssystem, also Schulen und Universitäten erworben. Die einen brauchen sie nur vorgefertigt übernehmen, die anderen müssen ihren Widerspruch selber formulieren. Ich schätze es gibt mehrere Gruppen. Es fängt immer mit dem als radikal bezeichneten Widerspruch an, dann kommt der gemäßigte Widerspruch und zum Schluss werden es immer mehr Mitläufer. Links Grün ist in der dritten Phase, während AfD Konservativ von der ersten zur zweiten Phase wechselt. Es bleibt abzuwarten ob auf beiden Seiten jemals gleichzeitig inhaltlich und sachlich diskutiert wird. Dann hätten wir Meinungsfreiheit.

Peter Rosenstein | Sa., 18. Oktober 2025 - 13:34

… der wenigen Vorteile des Altwerdens ist, keine Konsequenzen beim Äußern diverser Meinungen zu fürchten. So habe ich keine Scheu, meine Ansichten zu nennen. Den Feminismus halte ich für ein Blutgeschwür am südlichen Ende unserer Gesellschaft. Ich hoffe, diese Begriffswahl ist für die redaktionseigene Nettiquette ausreichend neutral.

Markus Michaelis | Sa., 18. Oktober 2025 - 15:20

Deutschland ist wie GB, FR, NL etc auf dem Weg in mehrere Lager zu zerfallen, die sich gegenseitig wenig ertragen, so dass demokratische Politik prinzipiell schwieriger wird.

Die Spaltung geht nicht zuerst entlang des Prinzips der Meinungsfreiheit an sich. Jede Gesellschaft hat auch ihre Themen, zu denen man sich nicht frei äußern sollte. Das war zumindest nie anders.

Den großen Gegensatz bei uns sehe ich darin, dass alte, staatstragende Kreise zunehmend in absoluten Wahrheiten denken, wohingegen sich durch die sich verändernde Welt und Gesellschaft immer mehr grundsätzliche Fragen stellen.

Man will immer mehr Dinge dem politischen entziehen und durch universelle Werte und Ziele vorgegeben regeln, aber gleichzeitig versteht man immer weniger, wie die sich schnell ändernde Welt und Gesellschaft funktionieren. Pragmatische Lösungen werden als gegen die Werte abgelehnt.

Ich sehe hier die "alten Eliten" in einer Überforderung.

Jens Böhme | Sa., 18. Oktober 2025 - 15:22

Vielleicht liegt es an zunehmender Panik- und Hysteriepolitik (z.B. Klima, Corona), dass das System vor die Hunde geht. Dazu die überbordende Informationsmüllkippe Internet, die beiträgt, dass viele orientierungslos und verunsichert werden. Zudem die sich selbst aufgelöste politische Mitte, die wegen fehlenden Erfolgen und Argumenten in die linken und rechten Ränder emigriert, aber weiterhin glaubt politische Mitte zu sein. Zum Schluss bleibt der Kampf zwischen Links und Rechts. Dessen Ergebnis endet immer in mindestens eine von beiden Autokratien oder schlimmer.

Urban Will | Sa., 18. Oktober 2025 - 16:39

Ein Kulturkampf,wie wir ihn noch nie oder seit der 68er-Zeit nicht mehr erlebt haben. Allerdings nicht zw den Gruppen,die Sie hier beschreiben, sondern zwischen Linksgrünwoke und Rechts-Konservativ.
Die Linksgrünwoken sitzen allerdings längst in ihren Startlöchern und haben, dank einer an Dummheit nicht mehr zu überbietenden CDU/CSU mit den steuerfinanzierten „NGOs“ ihre Bodentruppen parat.
Sobald von Seiten der Union die Brandmauer fällt – und das wird sie bald – werden sie losgeschickt.Dann wird es rund gehen auf unseren Straßen, Gewalt an der Tagesordnung sein.Erst mal nur von Links,denn für die ist Gewalt etwas Selbstverständliches, dann aber auch von Rechts, wenn die anfangen, sich zu wehren.
Aber es ist – da bin ich mir sicher – unvermeidlich. Also je früher es losgeht, desto schneller ist es vorbei.
Einen mäßigenden Bundespräsidenten, der rechtzeitig „eingreifen“ und mit einer Jahrhundert-Rede die Sache noch „befrieden“ könnte, haben wir nicht und auch nicht in Sicht. Leider.

Sie schreiben das kein adäquater Bundespräsident in Sicht ist.
Dann vertrauen sie mal auf die Ambitionen einer gewissen Ursula von der Leyen. Deren Amtszeitende und die des derzeitigen "Grüssaugust" liegen zwar nicht überein; aber Bitte: das kann man doch irgendwie hinbiegen. Hat doch bei U.v.d.L und C. Lagarde auch geklappt, dank Muttis und der des kleinen Napoleons Hilfe.
Was das allerdings für Deutschland bedeutet mag ich mir gar nicht ausmalen.

Günther Anderer | Sa., 18. Oktober 2025 - 18:24

Der Souverän wählt und die Gewählten haben zu liefern. Das ist die Arbeitsteilung in einem Rechtsstaat, dass haben die Parteien entweder vergessen oder sie wollen es einfach nicht wahr haben. Am Anfang haben viele nur aus Protest die AfD gewählt, inzwischen tun sie es aus Überzeugung und zwar so lange, bis ein Politikwechsel Wirklichkeit geworden ist. Die Union hat nur eine Chance, wenn sie den Mut findet Teil der Lösung zu werden.

IngoFrank | Sa., 18. Oktober 2025 - 18:56

Meinungsfreiheit ……….. allerdings im stillen Kämmerlein und unter vorgehaltener Hand meistens mit dem Bewusstsein , wem kann ich hier noch trauen ?
Tja, genau so ist’s heute ……. Vielleicht liegt die Messlatte zwar etwas höher und die Gerichte überlasteter ….., aber prinzipiell 1 : 1
Bloß, das Ende ist vorbestimmt …..da die Linken, zu denen sich die Grünen Ideologen hinzugesellten, mit einer Mischung des Ökosozialismus, scheitern werden. Auch das ist e i n e Lehre des Ostens.

S. Kaiser | So., 19. Oktober 2025 - 09:29

„Zugleich befürwortete die Mehrheit dieser vermeintlichen Elite eine größere Offenheit der CDU gegenüber der Linken. Mehr muss man eigentlich nicht wissen“ ….. Richtig mehr muss man nicht wissen.
Danke für dieses neue „Begriffspaar“, denn es ist genau diese „vermeintliche Elite“, die sich für „unsere Demokratie“ ausspricht, und die sich aus Stiefelleckern, Angepassten, sich anbiedernden und rückgratlosen Mollusken zusammensetzt.
Und diese „vermeintliche Elite“ wird auch dafür sorgen, dass Deutschland in nicht allzu ferner Zukunft wieder da steht, wo es 100 (und zT 50) Jahre zuvor auch schon stand. Ganz unten.